Gesundheitsschädliche Chemikalien in Kassenbelegen und Fahrtkarten
16.08.2011
Greenpeace hat bei der Untersuchung von Einkaufsquittungen auf einem Großteil der Belege deutlich erhöhte Konzentrationen von Bisphenol A (BPA) und Bisphenol S (BPS) nachgewiesen. Die auch als Weichmacher in Plastikprodukten eingesetzten Substanzen gelten als potenziell gesundheitsgefährdend und sind daher zum Beispiel in Babyflaschen seit März dieses Jahres verboten.
Die auf den Kassenbons befindlichen Chemikalien können über die Haut in den Organismus gelangen und so langfristig erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen, warnen die Experten von Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation hatte die Kassenbelege von acht Unternehmen untersucht und dabei auf sieben Quittungen deutlich erhöhte Bisphenol A- beziehungsweise Bisphenol S-Werte festgestellt. Die ist laut Greenpeace besonders kritisch, da das Bisphenol auf dem Thermodruckpapier der Kassenzetteln viel höher konzentriert ist als zum Beispiel in Plastikprodukten und darüber hinaus bei Kontakt deutlich leichter gelöst werden kann. Das mit den Bisphenol-belasteten Kassenbelegen einhergehende Gesundheitsrisiko sollte daher nicht unterschätzt werden, warnt Greenpeace.
Gesundheitsschädliche Chemikalie auf fast allen Kassenbelegen
Bei der im Auftrag der Umweltorganisation „Greenpeace" durchgeführten Untersuchung wurde sowohl auf den meisten Belegen der Supermarktketten als auch auf dem Ausdruck eines Fahrkartenautomates eine erhöhte Bisphenol-Konzentration nachgewiesen. So entdeckten die Tester auf den Einkaufszetteln von Edeka, Galeria Kaufhof und der Deutschen Post Bisphenol A und auf den Kassenbons von Kaisers, Aldi Nord und Rewe das verwandte Bisphenol S. Auch die Automaten-Fahrkarten der Deutschen Bahn enthielten Bisphenol S. Lediglich auf den Kassenbelegen der Supermarktkette Lidl konnten die Experten keine Rückstände der gesundheitsschädlichen Chemikalie nachweisen. Das auch als sogenannter Weichmacher in Plastikprodukten eingesetzte Bisphenol reagiert bei dem Thermodruckpapier der Kassenbelege zu Farbstoff, wodurch die Rechnungsbeträge und andere Informationen in schwarzer beziehungsweise dunkler Schrift erscheinen. An den weißen Bereichen der Kassenzettel, auf denen keine Reaktion stattgefunden hat, bleibt das Bisphenol jedoch haften und führt so zu den nachgewiesenen deutlich erhöhten Belastungen. Laut Greenpeace wurden auf den Kassenbelegen Bisphenol-Konzentrationen im Milligramm-Bereich nachgewiesen, wobei der EU-Lebensmittelbehörde Efsa zufolge bereits eine Aufnahme von mehr als 0,05 Milligramm Bisphenol A pro Kilogramm Körpergewicht als gesundheitlich bedenklich einzustufen ist. Insbesondere Kinder sind daher besonders bedroht, denn bei einem Körpergewicht unter zwanzig Kilogramm kann bereits die Aufnahme von einem Milligramm Bisphenol täglich erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen mit sich bringen.
Gesundheitsrisiko durch Bisphenol
Zu den wissenschaftlich nachgewiesenen Gesundheitsrisiken des Bisphenols zählen laut Greenpeace zum Beispiel Entwicklungsbeeinträchtigungen bei Kleinkindern, da die Chemikalie die Reifung des Gehirns von Ungeborenen und Kleinkindern irreversibel schädigen kann. Auch hätten neuere Studien einen Zusammenhang zwischen Bisphenol A und dem Risiko von Herzerkrankungen sowie Brust- und Prostatakrebs nachgewiesen. Im Jahr 2010 hatten Forscher auf dem Wissenschaftskongress „Endocrine Society“ außerdem eine Studie vorgestellt, die belegt dass Bisphenol A den Hormonhaushalt erhebliche stört und so unter anderem Erkrankungen der Eierstöcke begünstigt. Darüber hinaus kamen US-Forscher der Harvard Universität im vergangenen Jahr auch zu dem Ergebnis, dass Bisphenol A nicht nur die Reifung von Eizellen, sondern auch den Schwangerschaftsverlauf negativ beeinflussen kann. So wiesen Frauen, die wiederholt von Aborten betroffen waren, deutlich erhöhte BPA-Konzentrationen im Blut auf. Zwar bezogen sämtliche bisherigen Untersuchungen sich in erster Linie auf Bisphenol A, doch dies bedeutet nicht, dass von Bisphenol S keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgehen können. BPS ist laut Greenpeace dem Bisphenol A sehr ähnlich und bislang lediglich wesentlich schlechter erforscht. Häufig werde BPS als BPA-Ersatz verwendet, da bis heute wenig Nachweise zu gesundheitlichen Risiken vorliegen. Doch das Umweltbundesamt und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beurteilen eine solche Substitution des BPA durch BPS äußerst kritisch, da neuere Studien den Schluss nahe legen, dass BPS sogar eine stärkere östrogene Wirkung entfalten kann als BPA und damit deutlich weitreichendere Auswirkungen auf den Hormonhaushalt drohen. Außerdem werde BPS vom menschlichen Körper noch schlechter abgebaut als BPA, warnen die Experten. (fp)
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Bild: Magnus Bühl / pixelio.de
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