Viele Kinder in der zweiten und dritten Klasse leiden bereits unter Stresssymptomen
21.11.2012
Schon Kinder der zweiten und dritten Schulklasse zeigen Symptome von Stress. Eine Umfragestudie zeigte, dass sich bereits die Zweit- und Drittklässler mehr Zeit für eine ausreichende Erholung vom Schulstress wünschen. Leistungsdruck, Schulunterricht und Hausarbeiten machen den Kleinen arg zu schaffen, wie die aktuelle Umfrage zeigte. Der Deutsche Kinderschutzbund warnt vor einer Überforderung der Kinder.
Lernen, Hausaufgaben und Nachhilfe am Nachmittag: So sieht der Lebensalltag vieler Kinder in Deutschland aus. Ausreichende Zeit zum Ausruhen und Ausgleich bleibt vielen Kindern verwehrt. Bereits Kinder in der zweiten und dritten Grundschulklasse kennen Stress in der Schule und am Nachmittag. Davon zeugt eine aktuelle Studie des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB), die heute in Berlin vorgestellt wurde. Für die repräsentative Umfrage wurden deutschlandweit rund 5000 im Altersstufen sieben bis neun befragt.
Nach Auswertung der Umfragebögen kam zutage, dass der meistgenannte Stressfaktor bei Kindern in diesem Alter die Schule ist. Der Schulbesuch rangiert dabei noch vor dem Streit oder Ärger innerhalb der Familie. Etwa 25 Prozent aller Schulkinder gab an, sich sogar „sehr oft gestresst zu fühlen“. Auffällig war, „dass Kinder in der dritten Klasse doppelt so häufig den Erfolgsdruck als Stress empfinden wie noch die Zweitklässler", berichtet der Kinderschutzbund-Sprecher Friedhelm Güthoff. Das seien „Vorwehen der künftigen Wahl der weiterführenden Schulen“.
Ausgeprägtes Bewusstsein für Gesundheit und Erholung
Die Umfrage zeigte aber auch, dass die Sieben- bis Neunjährigen ein ausgeprägtes Bewusstsein für Gesundheit haben und viele Möglichkeiten kennen, sich adäquat zu entspannen. Auch sagte die Mehrheit der Kinder, dass sie grundsätzlich glücklich seien: „Neun von zehn Kinder sind in der Regel glücklich.“
Fast 100 Prozent der Kinder sagten, dass ihnen die Gesundheit wichtig sei und etwa 90 Prozent meinten, „es sei ziemlich oder sehr wichtig gesund zu essen“. Vier von fünf befragten Kinder gaben an, dass sie oft oder sehr oft Obst und Gemüse essen. Nur 28 Prozent der jungen Teilnehmer sagten, oft oder sehr oft Süßigkeiten zu verzehren.
Besonders häufig trinken die Kleinen Wasser und Tee ohne Zucker (62 Prozent) und nur 22 Prozent gaben an, oft oder sehr oft Brause zu trinken. "In diesem Alter ist alles vorhanden, was zur Ausbildung eines gesunden Lebensstils erforderlich ist. Nun sind wir Erwachsene gefordert, diese Impulse zu erhalten und zu verstärken", betonte der Kinderarzt Dr. Dietrich Grönemeyer. Schon länger weiß die Ernährungswissenschaft aus Studien, dass sich das Essverhalten negativ auf die nachfolgende Zukunft auswirken kann. Eltern, Lehrer und auch Ärzte müssen hier viel mehr dranbleiben, fordert der Mediziner.
Zuhause sollte wenig Stress sein
Sinnvoll ist es, wenn Eltern für wenig Stress in den eigenen vier Wänden sorgen. Wichtig ist, dass dass Aufstehen nicht mit Hektik verbunden ist. So können Kinder ohne Eile und Stress in den Tag starten. "Das Familienleben ist hektischer geworden. Die Eltern sind morgens oft schon vor den Kindern aus dem Haus", sagt Stefan Drewes vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP).
„Ausreichende Zeit für ein gemeinsames Frühstücken sollte zu einem festen Ritual werden“, betont auch die Sozialpädagogin Gritli Bertram. Dazu gehört auch, das Kind rechtzeitig zu wecken, damit genügend Zeit bleibt, gemeinsam zu frühstücken. „Dann können die Kinder mit einem guten Gefühl und gestärkt den Tag beginnen.“ Bekommen Eltern mit, dass ihr Kind in der Schule viel Stress erlebt, sollten sie nach Gründen forschen. Sind hierfür Konflikte mit Mitschülern verantwortlich? Bangt sich der Sohn oder die Tochter vor bestimmten Unterrichtsstunden? Auch vor Klassenarbeiten fühlen sich viele Schüler unter einem enormen Druck gesetzt. Ein regelmäßiger Kontakt zu den Lehrern kann viel Probleme entkräften. „Eine Rücksprache sollte jedoch nicht erst kurz vor der Klassenarbeit geschehen“, rät die Sozialarbeiterin. „Das sollte mit etwas Vorlauf passieren und nicht erst einen Tag vor der Arbeit", sagte auch Drewes, der Vorsitzender der Sektion Schulpsychologie beim BDP ist.
Bewegung und Langeweile sind wichtig
Viele Bewegung kann einen Ausgleich schaffen. Denn die Kinder müssen den ganzen Schultag lang aufmerksam sein, um zu lernen und dabei stillsitzen. Leistungsdruck sollte hier aber nicht im Vordergrund stehen. "Also nicht noch im Fußballverein darauf achten, dass mein Kind der Beste ist", sagt Drewes. Besser seien spielerische Hobbys. Damit das Kind aber auch einen Ruhepol finden, muss es auch mal Zeiten geben, in denen nicht viel passiert. "Kinder dürfen auch einmal Langeweile haben, sie kommen dann zur Ruhe und können neue Ideen entwickeln.“ Die Umfragestudie wurde vom Prosoz-Institut für Sozialforschung unternommen und vom Unternehmen Elefanten-Schuhe finanziert. (sb)
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Bild: Jens Weber / pixelio.de
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