Betroffene sollten Hämorrhoidalleiden keinesfalls aussitzen
26.11.2014
Fast jeder zweite über 30-jährige hat hierzulande mit vergrößerten Hämorrhoiden zu kämpfen. Dennoch sind die angeschwollenen Gefäßpolster im Analbereich für die meisten Menschen ein Tabuthema. Dementsprechend suchen viele Betroffene aus Scham erst spät einen Arzt auf und versuchen stattdessen, typische Symptome wie Afterjucken oder starkes Brennen zu ignorieren. Wird ein Hämorrhoidalleiden jedoch nicht entsprechend behandelt, kann dies die Lebensqualität massiv einschränken und am Ende zu dauerhaften Afterschmerzen, ungewolltem Stuhlabgang und Blutungen führen.
Thema Hämorrhoiden oft mit Scham besetzt
Hämorrhoiden sind für die meisten Menschen ein unangenehmes Thema, denn Juckreiz, Afterbrennen, harter Stuhlgang oder Blut im Stuhl sind Beschwerden, über die niemand gerne spricht. „Bloß für mich behalten“ denken sich da viele, obwohl das Problem alles andere als selten ist. Vielmehr handelt es sich mittlerweile um ein „Volksleiden“, von dem schätzungsweise mindestens ein Drittel der Bevölkerung jenseits des 30. Lebensjahrs betroffen ist, etwa 3,5 Millionen Fälle werden jedes Jahr allein hierzulande ärztlich behandelt. Aus Scham gehen viele Betroffene jedoch erst spät zum Arzt und versuchen stattdessen, erste Anzeichen und Beschwerden zu ignorieren. Das kann jedoch böse Folgen haben, denn Hämorrhoiden sind zwar nicht lebensbedrohlich, dennoch können sie unbehandelt zu Komplikationen wie Analfissuren, Analfisteln, stärkeren arterielle Blutungen oder einem Abszess führen.
Wichtiger natürlicher Bestandteil des Analkanals
Bei den Hämorrhoiden handelt es sich um arteriovenöse Schwellkörper, die etwas oberhalb der Schließmuskeln ein ringförmiges Gefäßpolster bilden. Hämorrhoiden stellen dabei zunächst keine Erkrankung dar, stattdessen finden sie sich bei jedem Menschen und stellen einen wichtigen, natürlichen Bestandteil des Analkanals dar. „Jeder Mensch hat diese Polster. Sie dichten den Enddarm nach außen ab und verhindern, dass Stuhlreste austreten und die empfindliche Haut im Analbereich reizen", erklärt Prof. Alexander Herold vom End- und Dickdarm-Zentrum in Mannheim gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“.
Erste vergrößerte Polster haben Krankheitswert
Krankhaft werden Hämorrhoiden erst, wenn sich das Blut in dem Gefäßpolster staut und nicht mehr ungehindert abfließen kann, in diesem Fall sprechen Mediziner von einem „ Hämorrhoidalleiden“. „Wenn auf die Blutadern längere Zeit Druck ausgeübt wird, kann das Blut nicht mehr abfließen, die Adern erweitern sich, und ihr zartes Bindegewebe leiert aus“, so Herold weiter. Der hohe Druck entsteht dabei vor allem durch eine dauerhafte Verstopfung (Obstipation) oder starkes Pressen bei der Stuhlentleerung, dementsprechend sollte laut Herold auch immer nur dann die Toilette aufgesucht werden, wenn tatsächlich Stuhldrang besteht. Neben dem kommen aber noch weitere begünstigende Faktoren und Ursachen in Betracht, wie zum Beispiel eine angeborene Bindegewebsschwäche, Übergewicht, mangelnde Bewegung oder eine Schwangerschaft. Auch bestimmte „Marotten“ wie langes Verweilen auf dem WC gelten als Risikofaktoren für das Hämorrhoidalleiden, „ausgiebiges Zeitungslesen auf der Toilette sollte man deshalb vermeiden“, rät Herold weiter.
Hämorrhoiden erst ab Stadium zwei von außen sichtbar
Je nachdem, wie ausprägt die Vergrößerung der Hämorrhoiden ist, werden normalerweise vier Krankheitsstadien unterschieden, die mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen. Im ersten Stadium sind die natürlich vorkommenden Hämorrhoiden zwar schon vergrößert, dabei aber noch vergleichsweise klein und von außen nicht erkennbar, sodass der Arzt nur mithilfe einer Spiegelung des Analkanals und des Enddarms (Proktoskopie) eine Diagnose stellen kann. Dementsprechend treten hier normalerweise auch noch keine Schmerzen auf, wenn Betroffene das Leiden überhaupt so früh bemerken, dann meist durch kleine Blutspuren im Stuhl oder auf dem Toilettenpapier. Grad II bedeutet hingegen schon eine fortgeschrittene Vergrößerung der Gefäßknoten: „Im zweiten Stadium treten sie beim Stuhlgang aus dem After heraus, ziehen sich danach aber wieder von selbst zurück", so Bernhard Lenhard von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) gegenüber der „dpa“. Dadurch können zum einen Schmerzen auftreten, hinzu kommen Brennen und Juckreiz, entzündlich gerötete Haut und Nässen im Afterbereich, möglich ist zudem das Gefühl, nicht vollständig entleert zu sein.
Im weiteren Verlauf befinden sich die Hämorrhoiden permanent vor der Afteröffnung
Im dritten Stadium können die Knoten dann bei der Stuhlentleerung, körperlicher Arbeit oder auch spontan vollständig aus dem After „heraus rutschen“, wobei hier medizinisch von einem „Prolaps“ gesprochen wird. In diesem Fall ziehen sich die Hämorrhoiden dann jedoch nicht mehr von selbst in den Analkanal zurück, „so dass Betroffene sie mit der Hand zurückschieben müssen“, erklärt Bernhard Lenhard weiter. Im letzten Stadium eines Hämorrhoidalleidens ist auch da nicht mehr möglich, stattdessen befinden sich die Hämorrhoiden permanent vor der Öffnung des Afters und sind damit auch dauerhaft sichtbar (fixierter Prolaps). Hier kommt es meist zusätzlich zu einem so genannten „Analprolaps“, bei welchem nicht nur der Hämorrhoidalknoten, sondern auch Analschleimhaut aus dem After herausragt. Neben Juckreiz, Brennen und Schmerzen, treten in Phase drei und vier zudem weitere Beschwerden wie ungewollter Stuhlabgang und ein permanentes Fremdkörpergefühl im Afterbereich auf.
Bei Blut im Stuhl sofort zum Arzt!
Doch diese Folgen lassen sich leicht verhindern, denn wird ein Hämorrhoidalleiden rechtzeitig behandelt, nimmt es in der Regel einen positiven Verlauf. Dementsprechend sollte gerade bei Blut im Stuhl (Hämatochezie) unbedingt sofort ein Proktologe aufgesucht werden, welcher speziell für die Behandlung von Enddarmerkrankungen ausgebildet ist. Dies sei laut Bernhard Lenhard schon deshalb wichtig, um andere Erkrankungen ausschließen zu können, denn eine Hämatochezie kann beispielsweise auch auf Blutkrankheiten, Gefäßentzündungen oder sogar Darmkrebs hinweisen.
Untersuchung in der Regel schmerzfrei
Vor der Untersuchung müssten Betroffene laut Lenhard keine Angst haben, denn da die Hämorrhoiden von schmerzunempfindlicher Darmschleimhaut überzogen sind, sei diese normalerweise schmerzfrei. Zu Beginn würde zunächst eine Abtastung des Enddarms erfolgen, durch welche „[…] knotige Veränderungen oder Einengungen [.] sowie Druck und Spannung des Schließmuskels“ gespürt und überprüft werden könnten, so Bernhard Strittmatter, Vorsitzender des Berufsverbandes der Coloproktologen Deutschlands (BCD) gegenüber der „dpa“.
Proktoskop ermöglicht exakte Betrachtung des Darminneren
Da das Gewebe der Hämorrhoiden jedoch meist nicht ertastet werden könne, kommt im Anschluss ein sogenanntes „Proktoskop“ zum Einsatz, welches in den Analkanal eingeführt wird und eine exakte Betrachtung des Darminneren ermöglicht. „Bei Blutungen, die sich nicht durch den Befund im Enddarm erklären lassen, sollte vorsichtshalber auch der dahinterliegende Mastdarm und gegebenenfalls der gesamte Dickdarm untersucht werden“, erklärt Strittmatter weiter.
Im Endstadium hilft meist nur eine OP
Befindet sich das Hämorrhoidalleiden noch am Anfang, ist meist eine Verödung ausreichend. Bei dieser werde laut Strittmatter in die leicht vergrößerten Polster ein Mittel eingespritzt, welches das Gewebe schrumpfen und verfestigen lässt. Parallel können Cremes und Analtampons helfen, allerdings könnten durch diese nicht die Größe der Hämorrhoiden beeinflusst, sondern lediglich die Symptome gelindert werden. Im zweiten Stadium kann auch die sogenannte „Gummibandligatur“ helfen: „Der Arzt stülpt einen winzigen Gummiring über die Hämorrhoiden. Das überschüssige Gewebe bekommt dann kein Blut mehr und fällt innerhalb der nächsten zwei Wochen mit dem Stuhl ab", so Strittmatter. Zeigen diese Verfahren keinen Erfolg oder liegen Hämorrhoiden im noch weiter fortgeschrittenen Stadium vor, hilft in der Regel nur eine operative Entfernung der Knoten. Doch auch danach besteht weiterhin die Möglichkeit, dass später erneut vergrößerte Hämorrhoiden auftreten – dementsprechend sollte laut Strittmatter unbedingt weiterhin darauf geachtet werden, begünstigende Faktoren wie starkes Pressen beim Stuhlgang, zu vermeiden.
Sinnvolle Hausmittel zur Vorbeugung einsetzen
Neben dem kann bereits vorbeugend eine Menge getan werden, um die Wahrscheinlichkeit für vergrößerte Hämorrhoiden zu senken. Zentral sind hier vor allem eine gesunde, ballaststoffreiche Ernährung und viel Bewegung, wobei zum Beispiel ausgiebige Spaziergänge oder Schwimmen einen sehr positiven Effekt bewirken können. Um harten Stuhl zu vermeiden, sollte neben dem immer ausreichend getrunken werden, außerdem können verschiedene Hausmittel gegen Verstopfung wie z.B. indische Flohsamenschalen oder Weizenkleie helfen, den Stuhl „geschmeidiger“ zu machen und damit Hämorrhoiden vorzubeugen. (nr)
Bild: Jörg Brinckheger / pixelio.de
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