US-Forscher entwickelten neuen Therapieansatz gegen Haarausfall
28.03.2012
Es trifft etwa acht von zehn Männern und doch haben Forscher bislang kein wirksames Gegenmittel gefunden. Erblich bedingter Haarausfall stellt häufig nicht nur ein optisches Problem dar, sondern wirkt sich auch belastend auf die Psyche von Betroffenen aus. US-amerikanische Wissenschaftler entdeckten jetzt einen Botenstoff, der das Haarwachstum hemmt und Hoffnung auf neue, effektive Therapiemöglichkeiten weckt.
Botenstoff hemmt Haarwachstum
Forscher entdeckten bei Männern in kahlen Stellen auf der Kopfhaut ungewöhnlich hohe Mengen eines Botenstoffs, der das Wachstum der Haare hemmt. Ähnliches konnten sie in Zellkulturen beobachten. Die Endeckung des sogenannten Prostaglandin D2 lässt auf neue verbesserte Therapiemöglichkeiten hoffen, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Translational Medicine“.
Etwa acht von zehn Männern sind von erblich bedingtem Haarausfall betroffen. Genauer betrachtet schrumpfen bei ihnen die Haarfollikel bis sie nur noch Miniaturausgaben ihrer selbst sind. Diese Mini-Haarfollikel entwickeln dann nur noch sehr kleine, dünne Härchen, die kaum sichtbar sind. Zudem verkürze sich die Wachstumsperiode der Follikel von mehreren Jahren auf einige Wochen, berichten die Forscher. Der Begriff Haarausfall ist demnach irreführend, da das Problem eigentlich darin besteht, dass nur noch mikroskopisch kleine Haare produziert werden.
Andockstelle von Prostaglandins D2 blockieren und so Haarausfall verhindern
Forschern ist bereits seit einiger Zeit bekannt, dass das männliche Geschlechtshormon Testosteron dabei eine entscheidende Rolle spielt. Jedoch sei nur bei einigen Betroffenen eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber Testosteron nachgewiesen worden, erläutern die Wissenschaftler. Weitere Faktoren und effektive Therapien gegen anlagebedingten Haarausfall seien bisher unbekannt gewesen. „Unsere Funde dürften direkt zu neuen Behandlungen gegen die häufigste Ursache des Haarausfalls bei Männern führen“, berichten Luis Garza von der University of Pennsylvania School of Medicine in Philadelphia und seine Kollegen. Es seien inzwischen mindestens zehn Substanzen bekannt, die die Andockstelle des Botenstoffs Prostaglandins D2 blockieren könnten. Einige würden bereits in klinischen Studien gestestet werden. Mittels der Blockierung könne Haarausfall möglicherweise verhindert werden. „Unsere Entdeckung war unerwartet, da Prostaglandine bisher nicht in Beziehung zu Haarausfall gebracht wurden“, erklärt George Cotsarelis, Leiter der Studie.
Prostaglandine bilden eine große Gruppe von Gewebshormonen, die unterschiedliche Funktionen übernehmen. Sie spielen beispielsweise bei Schmerz, Blutgerinnung oder Entzündungen eine wichtige Rolle. F2Alpha, ebenfalls ein Prostaglandin, trage sogar zum Haarwachstum bei, berichten die Wissenschaftler.
In kahler Kopfhaut dreimal höhere Konzentration von Prostaglandin D2
Die Forscher entdeckten, dass die Kopfhaut von Männern, die an erblich bedingtem Haarausfall litten, unterschiedlich hohe Konzentrationen von Prostaglandin D2 aufwiesen. Die Stellen, an denen noch ausreichend Haare wuchsen, zeichneten sich durch eine normale Konzentration aus, während die kahlen Stellen dreimal so viel des Hormons enthielten.
Als Ursache konnten die Wissenschaftler ein Gen ausmachen. In den kahlen Stellen der Kopfhaut sei das Gen produktiver, das ein Enzym kodiert, welches für die Bildung des Hormons wichtig sei, berichten sie. Dies hätte sich auch bei Labormäusen bestätigt, die durch genetische Manipulation größerer Mengen dieses Enzyms bildeten. Auch sie zeigten die typischen Symptome von erblich bedingtem Haarausfall.
Verlust von 100 Haare pro Tag ist normal
100 Haaren pro Tag zu verlieren gilt als ein normal. Dabei erneuern sich Kopfhaut und Haarfollikel von innen heraus und das Haar wächst gleichmäßig nach. Tritt jedoch vermehrter oder andauernder Haarausfall (Effluvium; Defluvium) auf, kann dieser zur Kahlheit (Alopezie) führen. Als Ursache kommen neben einer genetischen Disposition unter anderem hormonelle Veränderungen, Medikamente, Stoffwechselstörungen und Ernährungsmängel in Frage. Das Befallmuster kann in einigen Fällen Hinweise auf die Ursache geben.
Zu den häufiger auftretenden Formen gehört der Diffuse Haarausfall, der kein bestimmtes Befallmuster zeigt. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein. Häufig tritt er begleitend bei beispielsweise Schilddrüsenfunktionsstörungen, Diabetes mellitus, Lebererkrankungen sowie chronische Infektionen auf. Auch während und nach einer Schwangerschaft tritt ein vorübergehender Haarausfall oft auf. Medikamentöse Behandlungen, die zu Haarausfall führen können, sind Medikamente zur Senkung der Blutfette, die Chemotherapie gegen Krebs oder die Einnahme von Ovulationshemmern zur Empfängnisverhütung. Allergien, Schwermetallvergiftungen – vor allem Quecksilber, Arsen, Thallium – ein Mangel an Mineralstoffen und Vitaminen durch ungesunde Ernährung beziehungsweise eine verminderte Aufnahmefähigkeit von Nährstoffen (Malassimilationssyndrom), zu viel Alkohol oder anderen Drogen sowie eine schlechte Durchblutung der Kopfhaut kommen als Ursache in Frage. Auch körperlicher und emotionaler Stress kann zu Haarausfall führen.
Eine besondere Form stellt der Kreisrunde Haarausfall (Alopecia areata) dar. Er zeigt sich in fast kreisrunde Stellen mit stummel-artigen Resthaaren. Häufig tritt er im Jugendalter und familiär gehäuft auf. Der Kreisrunde Haarausfall steht oft in Zusammenhang mit Schilddrüsenerkrankungen. Er wird jedoch auch als Ausdruck einer larvierten Depression betrachtet. (ag)
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Bild: Duxschulz / pixelio.de
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