Klage eines chronisch Erkranktem vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen: Nicht-Rezeptpflichtige Medikamente müssen weiterhin aus eigener Tasche bezahlt werden
16.01.2013
In Deutschland müssen Patienten rezeptfreie Medikamente aus eigener Tasche bezahlen, auch wenn der Arzt für ein Mittel eine Verordnung ausgestellt hat. Das gelte ebenso, „wenn ein Patient unter einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung leidet“, urteilten aktuell das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die derzeitige Gesetzesregelung wurde durch die obersten Verfassungshüter somit bestätigt und eine Klage eines Betroffenen zur Hauptverhandlung nicht zugelassen (Bundesverfassungsgericht, AZ: 1 BvR 69/09).
Die Regelung, nach der Patienten verordnete aber rezeptfreie Arzneimittel selbst zahlen müssen, wurde heute durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Mit dem heutigen Beschluss wurde eine Verfassungsbeschwerde eines chronisch Kranken abgewiesen.
Auch bei chronischen Erkrankungen keine Erstattung
Im konkreten Fall klagte ein dauerhaft Erkrankter. Sein Arzt verordnet dem Kläger regelmäßig nicht verschreibungspflichtige Arzneien für die chronische Atemwegserkrankung. Nach eigenen Angaben entstehen dem Patienten „jeden Monat dadurch Kosten in Höhe von 28,80 Euro“. Seit der Gesundheitsreform im Jahre 2004 werden nicht-verschreibungspflichtige Medikamente nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert, auch wenn ein Arzt diese verordnet. Die Mittel wurden aus dem Leistungskatalog gestrichen. Dazu gehören zum Beispiel Hustensaft, Schmerzmedikamente oder Halstabletten.
Zuvor hatte bereits das Bundessozialgericht die Klage des Mannes abgewiesen. Weil die Erfolgsaussicht auf Klagebestätigung nicht vorhanden sei, wurde auch die Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht nicht zugelassen. „Die finanzielle Belastung des Versicherten steht in einem angemessenem Verhältnis zu dem Ziel, die Kosten im Gesundheitswesen einzudämmen“, heißt es in dem heute veröffentlichten Beschluss. Ein sogenanntes Sonderopfer würden Kassenpatienten nicht erbringen, da die Beträge „für sich selbst aufgewendet werden“. Ein Sonderopfer wäre es hingegen, wenn Versicherte Sonderleistungen für andere zusätzlich aufbringen müssten. Diesen Tatbestand konnte das Verfassungsgericht nicht erkennen.
Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt
Nach Ansicht der Richter werde auch der im Grundgesetz verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt. Der Kläger hatte argumentiert, der Grundgesetz der Gleichbehandlung werde dadurch verletzt, da die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente von Kassen übernommen, aber die rezeptefreien Arzneien selbst bezahlt werden müssten. Zwar erkennt auch das Gericht, dass die Differenzierung zwischen rezeptpflichtigen und rezeptfreien Mitteln nicht nur zur ärztlichen Überwachung hochwirksamer Medikamente diene, sondern auch ein gewichtiger Faktor zur Reduzierung der Kassenausgaben ist. Allerdings sei diese Tatsache „verhältnismäßig“, weil „die rezeptfreien Medikamente meist sehr viel billiger sind als die rezeptpflichtigen.“ Bei schwerwiegenden Erkrankungen könnten zudem die Krankenkassen in die Pflicht genommen werden, die nach einem Antrag auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bezahlen.
Zudem könnten bei schwerwiegenden Erkrankungen auch nicht verschreibungspflichtige Medikamente ausnahmsweise von den Krankenkassen bezahlt werden. Einen besonderen Härtefall konnte das Gericht nicht erkennen. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sein eigener Fall „sozial nicht vertretbar“ sei. Ein Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel hatte jedoch unlängst geurteilt, dass Hartz IV Bezieher keinen Erstattungsanspruch gegenüber ihrem Jobcenter haben. Auch hier müssten sich die Betroffenen an die Krankenkasse wenden. (sb)
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Bild: Paul-Georg Meister / pixelio.de
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