Kritik an neuer WHO-Empfehlung zu Zucker
31.03.2014
Vor kurzem hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bekannt gegeben, dass sie ihre Empfehlung zum Zuckerverzehr deutlich nach unten korrigieren will. So soll künftig die Vorgabe gelten, dass nur fünf Prozent der täglichen Kalorien aus Zucker bestehen sollten. Dieser Plan wird nun von manchen kritisiert und als unpraktisch angesehen.
Maximal fünf Prozent der täglichen Kalorien aus Zucker
Die WHO will den Zuckerkonsum deutlich reduzieren. Geplant ist die Empfehlung, dass nur noch maximal fünf Prozent der täglichen Kalorien aus Zucker bestehen sollten. Dies ist halb so viel wie bisherige Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation. Seitdem der Entwurf der neuen Richtlinien Anfang des Monats vorgestellt wurde, diskutieren Forscher, Mediziner und Politiker darüber. Die WHO sammelt auf ihrer Internetseite noch bis einschließlich 31. März Kommentare. Danach könnte der Vorschlag schon bald offizielle Richtlinie werden. Wie es hieß, solle die Entscheidung im Sommer gefällt werden.
Auf Druck der Lebensmittelindustrie und Politik eingestellt
Bei der WHO habe man sich bereits darauf eingestellt, dass es dazu kommen könnte, dass die Empfehlung behindert wird. Als die Organisation 2003 die zehn Prozent Begrenzung vorschlug, sei massiv Druck auf sie ausgeübt worden. So hatte damals die Lebensmittelindustrie mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln versucht hat, die Empfehlung zu verhindern. Und der amerikanische Kongress drohte sogar, der WHO die Gelder zu streichen. Wie eine WHO-Sprecherin nun mitteilte, sei man darauf vorbereitet, falls jetzt wieder ähnlicher Druck ausgeübt werden sollte.
Tafel Schokolade enthält mehr Zucker als empfohlen
Zahlreiche Studien haben mittlerweile die gesundheitlichen Risiken belegt, die vom Zuckerkonsum ausgehen. So erhöhe Zucker etwa die Gefahr für Adipositas, Diabetes Typ II oder Karies massiv. Ob die Fünf-Prozent-Empfehlung jedoch nicht zu hoch gesteckt ist, bleibt umstritten. Selbst WHO-Gesundheitssexperte Francesco Branca meinte, fünf Prozent als Ziel sind zwar gut, doch zehn Prozent wären realistischer. Ein durchschnittlicher Erwachsener dürfte demnach rund 25 Gramm Zucker am Tag zu sich nehmen, umgerechnet sind dies etwa sechs Teelöffel. Das entspricht ungefähr der Menge in einem Glas Apfelsaft und ist weniger als in einer Dose Cola oder einer Tafel Schokolade enthalten ist.
Gefährlichkeit von Zucker ist umstritten
Manche Wissenschaftler stellen jedoch infrage, wie gefährlich Zucker wirklich ist. Zucker sei giftig, allgegenwärtig und mache süchtig, meint etwa der amerikanische Arzt Robert Lustig und fordert, dass Zucker in Zukunft wie Alkohol oder Tabak behandelt werden müsse. Beispielsweise schlägt er vor, gesüßte Getränke nicht mehr an Minderjährige zu verkaufen oder alle Lebensmittel zu besteuern, die Zucker enthalten. Andere Wissenschaftler wiederum gehen davon aus, dass viele Menschen zwar zu viele Kalorien zu sich nehmen, sehen im Zucker aber nur einen Teil des Problems. Ihrer Meinung nach seien die Beweise, dass Zucker Diabetes oder Herzkrankheiten auslöst, schwach. Die WHO beziehe sich für ihre Fünf-Prozent-Empfehlung fast ausschließlich auf Studien, die das Risiko untersucht haben, Karies zu bekommen.
Vorschlag der WHO ist unpraktisch
Es sei zudem für einen durchschnittlichen Europäer schwer, nur fünf Prozent seiner Kalorien über Zucker aufzunehmen. Wie Gerhard Rechkemmer, Präsident des Max-Rubner-Instituts (MRI) sagte, könnten selbst die, die Softdrinks und Süßigkeiten konsequent weglassen, das Ziel kaum erreichen. Beim MRI handelt es sich um eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Beispielsweise trinkt der durchschnittliche Deutsche alleine 45 Liter Apfelsaft jährlich. Damit wäre bereits über die Hälfte der maximalen Jahresmenge an Zucker erreicht. Um unter die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen, müssten die Rezepturen von Lebensmitteln selbst verändert werden. Da zudem kaum jemand sagen könnte, wie viel Zucker sein Essen wirklich enthält, sei der WHO-Vorschlag unpraktisch. Laut dem Berliner Tagesspiegel sagte Rechenkemmer: „Ich weiß nicht, wie viel Zucker ich heute zu mir genommen habe.“ Solche Empfehlungen seien zwar politisch gut vertretbar, es sei aber völlig unklar, wie sie umgesetzt werden könnten.
Alternative Stevia
Klare Verhaltensregeln wie: „Trinken Sie keine Softdrinks!“ wären einfacher. Denn diese enthielten außer viel Zucker fast nichts und machen auch nicht satt. Mehrere Teelöffel Zucker einfach so zu essen, würde fast allen schwerfallen, doch die gleiche Menge in einer Cola zu sich zu nehmen ist für viele alltäglich. Also spreche nichts dagegen, Softdrinks aus seiner Ernährung zu verbannen. Eine weitere Alternative, um Zucker einzuschränken ist die zuckersüße Pflanze Stevia, die bereits seit Jahren in Produkten wie Joghurt, Müsli und Schokolade eingesetzt wird. Der Zuckeranteil in der Ernährung lasse sich durch den pflanzlichen Süßstoff drastisch reduzieren. (sb)
Bild: Lupo / pixelio.de
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