Die Luftverschmutzung steht offenbar in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Autismus-Risiko. US-Forscher der University of Southern California haben herausgefunden, dass insbesondere eine erhöhte Belastung mit Feinstaub und Stickstoffdioxid „während der Schwangerschaft und während der ersten Jahre des Lebens“ ein gesteigertes Autismus-Risiko bedingt. Ihre Ergebnisse haben die Forscher um Heather Volk von der University of Southern California in dem Fachmagazin „Archives of General Psychiatry“ veröffentlicht.
28.11.2012
Aus früheren Untersuchungen war bereits bekannt, dass genetische und umweltbedingte Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung von Autismus haben können. Die US-Forscher nahmen dies zum Anlass, mögliche Zusammenhänge zwischen der Luftverschmutzung und dem Auftreten von Autismus zu überprüfen. Insgesamt 279 Kinder mit Autismus und 245 Kinder mit normaler Entwicklung bildeten die Stichprobe der aktuellen US-Studie. Die Wissenschaftler ermittelten anhand des Wohnortes der Mütter beziehungsweise der Kinder im ersten Lebensjahr, die Exposition der Probanden gegenüber verkehrsbedingter Luftverschmutzung. Dabei zeigte sich, dass die Kinder mit Autismus deutlich häufiger aus Regionen stammten, in denen eine erhöhte Luftverschmutzung festzustellen war. Das Risiko einer Autismus-Erkrankung lag laut Angaben der Forscher an den am stärksten belasteten Wohnorten rund dreimal höher, als an den Wohnstandorten mit der geringsten Luftverschmutzung.
Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Autismus im Modell überprüft
Die bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie der US-Wissenschaftler stützt sich auf die Daten der Kinder aus der Studie „Childhood Autism Risks from Genetics and the Environment“ in Kaliforniern, berichten Heather Volk und Kollegen. Die Forscher nutzten die Adressangabe der Mütter aus der Geburtsurkunde und einem ergänzenden Fragebogen, um die Luftverschmutzung während der Schwangerschaft und dem ersten Lebensjahr des Kindes abzuschätzen. Berücksichtigt wurde dabei zum Beispiel die Nähe des Wohnorts zu Hauptverkehrsstraßen. Auch griffen die Forscher auf die Messergebnissen des Umweltschutzministeriums zur Luftqualität zurück. In einem „logistischen Regression-Modell wurden die geschätzten und gemessenen Schadstoffgehalte für Kinder mit Autismus und Kinder mit normaler Entwicklung verglichen“, so die Aussage der US-Wissenschaftler.
Autismus an Wohnorten mit starker Luftverschmutzung dreimal häufiger
Die Berechnungen ergaben, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Autismus-Risiko und der Luftverschmutzung am Wohnort während der Schwangerschaft beziehungsweise des ersten Lebensjahres des Kindes besteht. Die Kinder mit Autismus stammten demnach vermehrt aus Wohnorte mit besonders schlechter Luftqualität. Dabei fiel den Wissenschaftler insbesondere das gehäufte Auftreten von Autismus bei Kindern auf, die erhöhten Stickstoffdioxid- und Feinstaub-Belastungen (Partikelgröße von 2,5 und 10 Mikrometer; PM 2,5 und PM 10 ) ausgesetzt waren. Insgesamt lag das Autismus-Risiko an Standorten mit der stärksten Luftverschmutzung rund dreimal so hoch, wie an den Wohnorten mit der besten Luftqualität, so das Ergebnis der US-Wissenschaftler. „Weitere epidemiologischen und toxikologische Untersuchungen“ seien nun erforderlich, um eindeutig zu klären, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Autismus-Risiko und der Luftverschmutzung besteht.
Umweltfaktoren als Autismus-Auslöser
Die aktuelle Studie der US-Wissenschaftler bestätigt einmal mehr den Verdacht, dass Autismus in engem Zusammenhang mit Umweltfaktoren steht. Erst Mitte des Jahres hatten Forscher der Idaho State University School in Tierversuchen nachgewiesen, dass Psychopharmaka im Trinkwasser Autismus begünstigen kann. Bereits geringe Rückstände von Arzneimitteln gegen Depressionen und Epilepsie im Wasser von Versuchsfischen (Fettkopf-Elritzen), habe bei den Tieren Autismus-typische Veränderungen im Gehirn ausgelöst., berichteten die Forscher Anfang Juni im Fachjournal „PLoS ONE“. Die Ergebnisse seien durchaus auf den Menschen übertragbar, da die betroffenen Gene bei den Elritzen die gleichen seien, wie bei Personen mit erblich bedingter Autismus-Veranlagung, erläuterte Studienleiter Michael Thomas vom Institut für biologische Wissenschaften an der Idaho State University School. Künftige Studien sollten seiner Ansicht nach überprüfen, ob möglicherweise die Abbauprodukte der Medikamente im Trinkwasser ein vermehrtes Auftreten von Autismus bedingen. Die Zusammenhänge zwischen dem Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt und einem vermehrten Auftreten von Autismus wurden bislang möglicherweise deutlich unterschätzt. (fp)
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