Bei Mammografie zur Brustkrebs-Vorsorge häufig Fehlalarm
04.04.2012
Seit 2005 haben Frauen im Alter 50 bis 69 Jahren in Deutschland alle zwei Jahre Anspruch auf eine kostenlose Brustkrebsvorsorge. Bei der Mammografie lassen sich zwar auch kleinste Tumore aufspüren jedoch kann nur schwer zwischen gut- und bösartigen Veränderungen unterschieden werden. Einer Studie zufolge erhalten 15 bis 25 Prozent der untersuchten Frauen eine Krebs-Diagnose, obwohl sie sehr wahrscheinlich nie etwas von dem Tumor bemerkt hätten.
15 bis 25 Prozent der Brustkrebs-Diagnosen möglicherweise Fehlalarm
Der Früherkennungstest auf Brustkrebs, die sogenannte Mammografie, steht immer wieder in der Kritik. Zum einen können dabei Tumore übersehen werden, zum anderen müssen Frauen mit Krebs-Diagnosen leben, deren Tumore wahrscheinlich niemals Beschwerden verursacht hätten. In der Folge werden aber auch diese Tumore mit Operationen, Chemotherapien und vielen anderen Behandlungsmethoden therapiert. Für Betroffene bedeutet das häufig schmerzhafte und unangenehme Prozeduren, ohne davon jemals einen Vorteil zu haben. Aufgrund dieser Überdiagnosen kritisieren Mette Kalager und ihre Kollegen von der renommierten Harvard Universität das Mammografie-Screening. Im Fachblatt „Annals of Internal Medicine“ veröffentlichten sie ihre Untersuchungsergebnisse, die nahelegen, dass es sich in 15 bis 25 Prozent aller Brustkrebs-Diagnosen um Fehlalarm handeln könnte.
Für die Studie haben die Mediziner 40.000 norwegische Frauen mit Brustkrebs untersucht. Über 7.700 erkrankten an einem Tumor seit das Mammografie-Screening 1996 in Norwegen eingeführt wurde. In einem Vergleich mit der Zeit vor Einführung des Vorsorgeprogramms wurde deutlich, dass seit Beginn der Reihenuntersuchung sogar mehr Brustkrebsdiagnosen mit Tumoren im Endstadium diagnostiziert wurden. Es wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass durch die Vorsorgeuntersuchungen weniger dieser schweren Fälle auftreten, wenn die Mammografie von Vorteil für die Frauen gewesen wäre, nahmen die Mediziner an. Bei 1169 bis 1948 der 7.700 Frauen hätte sich der Tumor zeitlebens nie bemerkbar gemacht. Das entspricht 15 bis 25 Prozent aller Brustkrebs-Diagnosen.
Eine von 2.500 Frauen wird durch Mammografie-Screening vor dem Tod bewahrt
„Die Mammographie ist vermutlich für das Screening nicht geeignet, da man dabei kaum zwischen aggressiven und harmlosen Tumoren unterscheiden kann", erklärt Kalager. „Radiologen erkennen jede kleine Veränderung. Für Frauen wird es zum Problem, wenn Krebs diagnostiziert wird, aber weder Symptome auftreten, noch der Tod folgt."
Berechnungen der Wissenschaftler zufolge würde nur eine von 2.500 Frauen durch das Mammografie-Screening vor dem Tod durch Brustkrebs bewahrt. Sechs bis zehn der Frauen werden jedoch überdiagnostiziert und operiert und therapiert, ohne jemals einen Vorteil von den Prozeduren zu haben. „Wir müssen Frauen auf das Problem hinweisen", mahnen die Krebsexpertinnen Joann Elmore und Suzanne Fletcher. „Nur weil es heikel ist, über die Schäden zu reden, dürfen wir das Thema nicht verschweigen."
Deutschland hat die höchste Brustkrebssterberate in der EU
Ein Wissenschaftlerteam um Matteo Malvezzi von der Universität Mailand berechnete die detaillierten Krebstodesraten für die sechs bevölkerungsreichsten Länder der Europäischen Union (EU). Dabei ermittelten sie Für Deutschland die höchste Brustkrebstodesrate. In der Bundesrepublik seien demnach 16,5 von 100.000 Frauen betroffen. Der EU-Durchschnitt liege vergleichsweise nur bei 14,9 von 100.000 Frauen, berichteten der italienischen Experten. Die Brustkrebssterberate ist zwar seit 2007 um 7,5 Prozent gesunken, doch der EU-Durchschnitt lag bei neun Prozent. Obwohl Deutschland in diesem Fall eine traurige Spitzenposition einnimmt, ist die Entwicklung beim Brustkrebs insgesamt durchaus positiv. So konnte nicht nur die Sterberate der älteren Patientinnen deutlich gesenkt werden, die Wissenschaftler konnten auch bei den jüngeren Frauen eine erhebliche Reduzierung der Brustkrebstodesfälle verzeichnen. (ag)
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Autoren- und Quelleninformationen
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