Kuriose Studie: Eine Pille soll gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wirken
12.03.2012
Die Nebenwirkung spezieller Betablocker fördern die Toleranz und vermeiden Rassismus. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des Zentrums für Neuroethik der Universität Oxford. Herzpatienten die Betablocker mit Propranolol einnehmen, werden demnach gleichzeitig vom Rassismus geheilt. Die Studienergebnisse sollten bei einer Teilnehmerzahl von 36 Probanden allerdings mit Vorsicht betrachtet werden.
Die Wissenschaftler um Professor Julian Savulescu von der Universität Oxford haben die Auswirkungen des Wirkstoffs Propranolol auf die unterschwelligen Denk- und Verhaltensweisen bei 36 weißen Probanden untersucht. Dabei stellten sie fest, dass die gegen Bluthochdruck eingesetzten Präparate auch eine Reduzierung rassistischer Tendenzen bei den Patienten mit sich brachten. Angesichts der Verbreitung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus eine durchaus interessante Entdeckung. Möglicherweise sollten Betablocker als Standard verabreicht werden, um unsere Gesellschaft insgesamt toleranter zu machen. Allerdings haben die Präparate zahlreiche weitere Nebenwirkung, so dass ein umfassender Einsatz in der Bevölkerung bisher nicht in Frage kommt.
Test ermittelt unterschwelligen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
Zwar ist die Aussagekraft der aktuellen Studie aufgrund der geringen Teilnehmerzahl relativ begrenzt, doch das Ergebnis überrascht. Die 36 freiwilligen Teilnehmer wurden in zwei Gruppen unterteilt, wobei eine Gruppe mit Placebo-Präparaten und die andere mit dem Betablocker Propranolol versorgt wurden. Zwei Stunden nach der Einnahme mussten die Probanden einen standardisierten Test ausfüllen, bei dem anhand von 140 Bildern und Fragen unterschwellig rassistisches Verhalten festgestellt wurde. Zum Beispiel sollten die Studienteilnehmer den gezeigten Bildern Begrifflichkeiten wie „freundlich“, „böse“, „glücklich“ oder „traurig“ zuordnen. Waren dunkelhäutige oder schwarze Personen zu sehen, konnten sich die Probanden der Kontrollgruppe durchschnittlich sehr viel langsamer zu einer positiven Stellungnahme durchringen, als die Testpersonen aus der Propranolol-Gruppe, so das Ergebnis von Professor Julian Savulescu und Kollegen. Bei einem Drittel der Propranolol-Patienten waren laut Aussage der Forscher überhaupt keine rassistischen Tendenzen mehr zu erkennen, während in der Placebo-Gruppe sämtliche Teilnehmer unterschwellig fremdenfeindliche und rassistische Züge aufwiesen.
Betablocker-Behandlung bei Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Rassismus?
Der Betablocker Propranolol ist bereits seit Jahrzehnten bekannt und wird vor allem bei der Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt. Aber auch die Koronare Herzkrankheit, Herzschwächen oder Tremor-Erkrankungen werden in der Schulmedizin häufiger mit entsprechenden Betablockern therapiert. Die Forscher des Zentrums für Neuroethik an der Universität Oxford haben nun ein weiteres Einsatzgebiet für die Betablocker aufgezeigt: Die Behandlung von unterbewusstem Rassismus. Auch liefern die aktuelle „Resultate neue Anhaltspunkte über die Prozesse im Gehirn, die für das Entstehen von rassistischen Gedanken verantwortlich sind“, erklärte die deutsche Forscherin des Zentrums für Neuroethik, Sylvia Terbeck. Der Studienleiter Professor Julian Savulescu ergänzte, dass die aktuellen Forschungsergebnisse zwar „vielversprechende Möglichkeiten“ verheißen, bei denen unterbewusster „Rassismus mit Hilfe von Pillen“ verändert werden könnte. Doch Propranolol sei „keine Wunderpille, um Menschen von Rassismus zu heilen. Es muss aus ethischen Gründen abgewägt werden, wie man mit dieser Möglichkeit umgeht“, betonte Savulescu.
Betablocker für mehr Toleranz
Den beobachteten Effekt erklären die Forscher der Universität Oxford mit der blutdrucksenkenden und die Ruheherzfrequenz-reduzierenden Wirkung der Betablocker. Denn auf diese Weise würden die Probanden weniger ängstlich, was zu einer erhöhten Toleranz beitrage. Eine genauere Erklärung für die beobachtete Reduzierung des Rassismus durch die Betablocker konnten die Forscher bislang jedoch nicht liefern. Unabhängig davon, weshalb ein entsprechender Effekt auftritt, sinnieren die Medien deutschlandweit nun mehr oder weniger ernst über einen möglichen Einsatz der Betablocker bei Rechtsextremen, um deren Hang zur Fremdenfeindlichkeit zu überwinden. Eventuell hätte es demnach die sogenannte Zwickauer-Terrorzelle nie gegeben, wenn die drei Täter nur rechtzeitig von ihrem Arzt ein paar Betablocker erhalten hätten. Auch sollte der Test zur Feststellung unterschwelliger Fremdenfeindlichkeit möglicherweise bereits in der Schule regelmäßig durchgeführt werden, um anschließend umgehend einen Behandlung der Rassisten mit Betablockern einzuleiten, so eine weitere Reaktion auf die Forschungsergebnisse aus Oxford. Wieso nicht gleich Betablocker für Alle? Denn mehr Toleranz kann schließlich nie schaden und die paar Nebenwirkungen wie Asthmaanfälle, Durchblutungsstörungen oder Kreislaufzusammenbrüche lassen sich von der Medizin auch noch in den Griff bekommen. (fp)
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