Neue Immunschwächekrankheit mit Aids-ähnlichen Symptomen entdeckt
23.08.2012
Forscher haben eine Aids-ähnliche Immunschwächekrankheit entdeckt. Wissenschaftler der US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) haben eine bislang unbekannte Immunschwächekrankheit nachgewiesen, an der im südostasiatischen Raum bereits zahlreiche Menschen erkrankt sind. Anders als HIV-Infektionen soll die Erkrankung jedoch nicht von Mensch zu Mensch übertragbar sein.
Infektionen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien
Infektionen mit sogenannten "nichttuberkulösen Mykobakterien" (NTM) sind bei Aids-Patienten relativ weit verbreitet, während Menschen mit gesundem Immunsystem normalerweise nicht an den Erregern erkranken. In Südostasien wird allerdings seit einiger Zeit über vermehrte Infektionen mit NTM bei Personen berichtet, die nicht mit HIV infiziert sind. Das Forscherteam um Sarah Browne vom Institut für Allergien und Infektionskrankheiten an den NIH hat nun einen Antikörper identifiziert, der Patienten „anfälliger für opportunistische Infektionen macht.“ Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen haben die Wissenschaftler im Fachmagazin „New England Journals of Medicine" veröffentlicht.
Über 200 Patienten mit rätselhafter Aids-ähnlicher Erkrankung untersucht
Im Rahmen ihrer Studie hatten die US-Forscher 203 Personen aus Thailand und Taiwan im Alter zwischen 18 und 78 Jahren untersucht, die an auffälligen bakteriellen Infektionen litten. So zeigten „52 Patienten eine nichttuberkulöse Mykobakterieninfektion, 45 Patienten andere opportunistische Infektionen mit oder ohne nichttuberkulöse Mykobakterieninfektion, neun Patienten litten an einer disseminierter Tuberkulose und 49 Patienten an einer Lungentuberkulose“, berichten Sarah Browne und Kollegen. Als Kontrollgruppe dienten 48 gesunde Probanden. Die Forscher analysierten die Krankengeschichte der Patienten und werteten deren Blutproben aus. Alle Studienteilnehmer waren zu Beginn der Studie HIV-negativ.
Ungewöhnlichen Infektionen verursacht durch Blockierung des Interferon-gamma
Bei den Untersuchungen der Blutproben konzentrierten sich die Forscher auf Antikörper gegen Zell-Signalmoleküle wie Interferon-gamma (IFN-gamma). Sie konnten nachweisen, dass „bei 88 Prozent der Menschen mit NTM oder anderen opportunistischen Infektionen Antikörper das eigene IFN-gamma blockiert“ haben. Durch die Blockierung der IFN-Gamma-Funktion wurde das Immunsystem in seiner Fähigkeit Infektion zu bekämpfen behindert, was die Studienteilnehmer anfälliger für opportunistische Infektionen machte. „Da das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer mit NTM oder anderen opportunistischen Infektionen bei 50 Jahren lag, spekulieren die Forscher, dass die Antikörper sich erst im Laufe der Zeit als Ergebnis der kombinierten genetischen und umweltbedingten Faktoren entwickeln“, so die Mitteilung der National Institutes of Health. Mit der Identifizierung des Wirkungszusammenhangs könnte es in Zukunft möglich sein, das zugrundeliegende Problem direkt anzugehen, indem die Zellen, welche für die Produktion der Antikörper gegen IFN-Gamma verantwortlich sind, behandelt werden, berichten die US-Wissenschaftler.
Weitere Studien zu Aids-ähnlichen Infektionskrankheiten erforderlich
Wieso die mysteriöse Aids-ähnliche Krankheit vor allem Menschen in Südostasien ereilt, konnten die Forscher bislang nicht klären. Hier seien „weitere Arbeiten erforderlich, um festzustellen, warum die Menschen in Südostasien eine Prädisposition für die Entwicklung dieser Autoimmunerkrankung“ haben, erläuterte Sarah Browne. Laut Angaben der Wissenschaftler waren besonders viele Fälle der rätselhaften Aids-ähnlichen Infektionen seit dem Jahr 2004 in Thailand und Taiwan aufgetreten. (fp)
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Bild: Gerd Altmann, Pixelio.de
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