Hohe Fehlerquote bei Herzinfarkt-Utersuchungen mittels Elektrokardiogramme (EKG): Mehrheit der Infarkte wird zu spät oder überhaupt nicht erkannt
17.05.2011
Bisher werden zwei Drittel alle Herzinfarkte bei einem Elektrokardiogramm (EKG) nicht erkannt, doch nun bietet die „Cardiogoniometrie“ (CGM) eine neue Untersuchungsmethode. Während das EKG keine Anzeichen auf einen drohenden Herzinfarkt (Myokardinfarkt) aufwies, habe die CGM eindeutige Ergebnisse geliefert, erklärte „Welt Online“. Durch diese neue Untersuchungstechnik werde ein drohender Herzinfarkt sofort angezeigt und es könnten frühzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Herzinfarkte werden im EKG oft nicht erkannt
Die Infarktdiagnostik auf Basis des klassischen Elektrokardiogramms (EKG) ist „Welt Online“ zufolge äußerst fehlerbehaftet. Rund zwei von drei Herzinfarkten würden durch das EKG nicht beziehungsweise nicht rechtzeitig erkannt. Dies habe zur Folge, dass viele Patienten – trotz vorheriger Untersuchung – unvorbereitet einen Infarkt erleiden, der nicht selten tödlich endet. Abhilfe könnte das neuen Diagnoseverfahren der „ Cardiogoniometrie“ bieten, dass derzeit am Herzzentrum Bad Segeberg getestet wird. Hier wurde mit Hilfe der CGM bei einem Patienten, der im Rahmen der vorherigen EKG-Untersuchung keine Anzeichen auf eine drohende Herzattacke aufwies, ein bevorstehender Herzinfarkt festgestellt. Unmittelbar nach der Diagnose erlitt der Patient tatsächlich einen Myokardinfarkt, doch da die Ärzte vorbereitet waren, konnte die verschlossenen Gefäß ohne Zeitverlust geöffnet werden und der Betroffene überstand den Herzinfarkt ohne weitere Komplikationen und Spätfolgen, berichtet „Welt Online“.
Verbesserte Diagnose von Herzinfarkten durch CMG
Häufig begeben sich Patienten mit unspezifischen Brustschmerzen in Behandlung bei ihrem Hausarzt, woraufhin dieser in der Regel ein EKG und möglicherweise noch einen Lungenfunktionstest durchführt. Wenn Patienten über starke Brustschmerzen, Engegefühl und Atemnot klagen, so sind dies relativ oft Anzeichen für einen Herzinfarkt. Bleiben die Untersuchungsergebnisse jedoch im Rahmen, besteht für die Ärzte normalerweise kein Grund weitere Maßnahmen oder Untersuchungen einzuleiten. Doch mit Hilfe des EKG werden lediglich 30 Prozent der Herzinfarkte erkannt, berichtet „Welt Online“. Daher suchen Mediziner seit längerem nach einer alternativen Methode, um einen drohenden Herzinfarkt frühzeitig zu diagnostizieren. Das im Herzzentrum Bad Segeberg getestete Verfahren der „ Cardiogoniometrie“ hat dabei nun seine Leistungsfähigkeit unter Beweise gestellt. Obwohl das EKG unauffällig war, konnte mit der CGM bei einem Patienten ein bevorstehender Herzinfarkt festgestellt werden, der tatsächlich wenige Minuten später eintrat. Durch das neue Verfahren, könnte in Zukunft eine erhebliche genauere Infarktdiagnostik ermöglicht werden, schreibt „Welt Online“.
Hohe Sterberate durch falsche Diagnosen
Wurde eine Herzinfarkt vom Patienten überstanden, kann dieser heute relativ gut behandelt werden. Jährlich erleiden rund 210.000 Menschen erstmals einen Herzinfarkt, davon sterben noch immer 60.000 Menschen an den Folgen. Nach heutigen Maßstäben ist die Todesrate viel zu hoch. Eine Mitverantwortung trägt nach Ansicht vieler Kardiologen das rund 100 Jahre alte Elektrokardiogramm (EKG).
EKG: Keine genaue Diagnosetechnik bei Herzinfarkten
Das EKG ist bei weitem nicht so treffsicher, wie das viele Patienten und Mediziner glauben. Oft sind die Ergebnisse einer Messung völlig unauffällig, obwohl ein Herzanfall statt gefunden hat. Das hat zur Folge, dass zwei von drei Herzinfarkten durch das EKG überhaupt nicht oder erst sehr spät erkennbar sind. Liegt ein akuter Herzinfarkt vor, kommt es auf jede Minute an, um Folgeschäden und das Risiko für einen plötzlichen Herztod zu minimieren. Gibt der Arzt eine vorschnelle Entwarnung, weil der Patient ansonsten unauffällige EGK Werte aufzeigt und die Symptome eher untypischer Natur sind, kann das fatale Folgen für den Patienten haben. Es können irreparablen Schäden des Herzmuskel entstehen und der Betroffene kann plötzlich versterben, weil lebensrettende Maßnahmen nicht eingeleitet wurden.
Mittels einer Blutuntersuchung der Biomarker (Troponin) lassen sich in rund 50 Prozent der Fällen ein Myokardinfarkt nachweisen. Allerdings gelingt dieser Nachweis zumeist erst nach Stunden, nachdem der Infarkt bereits stattfand. Beim Blutest zeigen sich bestimmte Entzündungsreaktionen der Körpers, die auf einen Herzinfarkt hinweisen können. Auch diese Methode ist ungenau und dient meist nur als zusätzliche Maßnahme, um einen Verdacht ein- bzw. auszuschließen oder einen anderen Entzündungswert zu entdecken.
Cardiogoniometrie erkennt Vorboten und Infarkte erkennen
Bei der relativ neuen Methode CGM (Cardiogoniometrie) können nun 70 Prozent aller verborgenen Herzinfarkt sowie Vorstufen wie akute Durchblutungsstörungen am Herzen nachgewiesen werden. Damit ist die Methode in etwa doppelt so Treff-genau, als im Vergleich das EKG. Ähnlich wie bei der herkömmlichen Diagnosetechnik EKG werden Elektroden auf der Haut des Verdachtspatienten gelegt. Insgesamt werden fünf Stück, jeweils auf der Brust und auf dem Rücken platziert. Mittels gemessenen Herzmuskelsignalen kann die Software eine dreidimensionale grafische Darstellung zeigen, auf der Veränderungen des Herzmuskelgewebes gut ablesbar sind. Notfallmediziner oder Hausärzte können so einen Herzinfarkt schneller erkennen oder auch Vorboten wie die Angina Pectoris oder Herzdurchblutungsstörungen beinahe sicher diagnostizieren. Ein erstes Ergebnis der Untersuchung wird nach gut zwölf Sekunden mitgeteilt. Als die erste Studie 2010 zu der neuen Technik auf dem europäischen Kongress der Kardiologen in Stockholm vorgestellt wurde, sorgten die Ergebnisse für ein regelrechtes Aufsehen. Nun zeigt eine neue Vergleichs-Studie, dass die Aussagekraft des Verfahrens im Vergleich zum konventionellen EKG zweieinhalb Mal treffsicherer ist. Ein weiterer Vorteil der neuen Diagnosetechnik ist die einfache Handhabung. Das Gerät kann auch bei Patienten mit Behinderungen oder körperlichen Einschränkungen sich angewendet werden.
Einsatz vor allem für Hausärzte zur Unterstützung der Entscheidungsfindung
Nach Beendigung der Studie berichtete einer der Forscher: „Beobachtungen haben zu unserer großen Überraschung auch eine sehr hohe Übereinstimmung zwischen der schnell anzuwendenden und dabei preisgünstigen CGM einerseits und dem hochkomplexen Magnetresonanztomografen andererseits gezeigt. Das lässt für die Zukunft der Cardiogoniometrie sehr viel vermuten.“ Hierdurch wäre jeder Hausarzt in der komfortablen Situation, eine drohende Herz-Kreislauf-Erkrankung beinahe treffsicher zu diagnostizieren oder im Falle eines akuten Herzinfarktes sofortige Notfallmaßnahmen einzuleiten. Zusätzlich könnte das Diagnoseverfahren vereinfacht werden, weil schwerwiegende Herzerkrankungen schnell ausgeschlossen und weitere Therapie oder Untersuchungen fortgeführt werden können. Denn oftmals rühren gerade bei jungen Menschen Stechen in der Brust nicht vom Herzen, sondern beispielsweise von der Muskulatur und sind eigentlich Verspannungen oder Rückenschmerzen.
Die neue CGM Herzdiagnosetechnik soll demnach vor allem bei Hausärzten in strukturschwachen oder ländlichen Gegenden Anwendung finden. Herzspezialisten erwarten, dass die Geräte im niedergelassenen Bereich eine wichtige Entscheidungshilfe für Ärzte darstellen wird. So kann der Hausarzt schneller entscheiden, ob der Patient stationär in eine Klinik aufgenommen werden soll, oder ob eine weiterführende ambulante Therapie ausreicht. (fp, sb)
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Bild: Michael Bührke / pixelio.de
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