Pflanzenschutzmittel gefährden viele Gewässer
14.04.2015
Pflanzenschutzmittel verschmutzen weltweit viele Gewässer. Dies hat eine Studie der Universität Koblenz-Landau gezeigt. Seit Jahren bedrohen die Chemikalien die Artenvielfalt in Bächen und Seen. Auch in Deutschland werden die Grenzwerte häufig überschritten.
Werte weltweit bedenklich hoch
Die Konzentration von Pflanzenschutzmitteln ist in vielen deutschen Gewässern oftmals höher als von den zuständigen Behörden zugelassen. Ergebnisse einer Studie der Universität Koblenz-Landau zeigen nun, dass die Werte in Bächen und Teichen auch weltweit bedenklich hoch liegen. Mitautor Ralf Schulz vom Institut für Umweltwissenschaften erklärte laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa: „Es ist in Deutschland ähnlich wie überall.“ Es gebe zwischen den Ländern mit strenger Umweltgesetzgebung und weniger restriktiven Ländern kaum Unterschiede.
Gefahr für die Artenvielfalt
Die Wissenschaftler werteten für ihre Analyse 838 Studien aus 73 Ländern aus. Die Ergebnisse präsentieren Schulz und sein Kollege Sebastian Stehle in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“). Schulz betonte, dass für Menschen in Deutschland keine direkte Gefahr bestehe, das Trinkwasser sei gut überwacht. Die Forscher erfassten 11.300 Proben, in denen für Insekten und Kleinkrebse giftige Mittel im Gewässer nachgewiesen wurden. In über 50 Prozent der Fälle waren die Stoffe höher konzentriert als zugelassen. Nach Angaben der Wissenschaftler gefährdet dies die Artenvielfalt. Der Schaden sei in vielen Bächen und Teichen längst angerichtet, denn die Forscher stützen sich auf wissenschaftliche Artikel aus den Jahren 1962 bis 2012. Bei neueren Wirkstoffen sei das Bild den Angaben zufolge bedenklicher als bei älteren.
Fehler bei Anwendung und Zulassung der Insektizide
Außerdem geht Schulz von einer hohen Dunkelziffer aus, da weltweit gerade einmal Daten von rund zehn Prozent der Gewässer vorliegen dürften. Zudem seien Insektizide häufig nur an zwei bis drei Tagen im Jahr in den Gewässern vorhanden. Deswegen gebe es an vielen Tagen gar keine Hinweise darauf. „Auch in hoch belasteten Gewässern findet man nur an wenigen Tagen im Jahr Insektizide, weil sie sehr schnell abgebaut oder im Fall von Fließgewässern abtransportiert werden“, erläuterte Schulz. „Aber bei hohen Konzentrationen reicht eine kurze Zeit, um alle Insekten im Gewässer zu töten.“ Fehler bei der Anwendung und bereits bei der Zulassung der Mittel könnten Schuld an den hohen Werten sein. Bei der Markteinführung würden die Höchstkonzentrationen zu unrealistisch eingeschätzt.
Landwirte halten Bestimmungen nicht ein
Wie die Agentur weiter schreibt, vermutet Jörn Wogram vom Umweltbundesamt (UBA) zudem, dass Landwirte die Bestimmungen beim Einsatz der Gifte nicht einhalten. Er nennt die Erkenntnisse der Untersuchung ebefalls alarmierend. Hierzulande würden Gewässer mit einem Einzugsgebiet von weniger als zehn Quadratkilometern nicht genügend überwacht. Doch Wograms Angaben zufolge machen diese einen Großteil aller Fließgewässer aus. Des Weiteren lägen gerade die kleinen Bäche und Tümpel näher an landwirtschaftlichen Flächen und seien somit Insektiziden besonders ausgesetzt.
Proben werden nicht gezielt entnommen
Das UBA führt derzeit eine Vorstudie zum Monitoring kleinerer Gewässer durch, teilte Wogram mit. Nach der aktuellen Planung könnten bereits 2018 erstmals Daten gewonnen werden. Wogram kritisiert aber auch die Untersuchung großer Gewässer. Proben würden statt gezielt, nur nach starrem Muster entnommen. Daher sei nur scher nachzuweisen, ob kurzzeitige Grenzwerte überschritten wurden. Es sei besser, das Wasser zu untersuchen, wenn Bauern angrenzende Felder gespritzt hätten oder wenn Regengüsse die Stoffe von den Feldern spülten.
Zehntausende Tote durch Pestizide
Pestizide gefährden aber nicht nur die Artenvielfalt in Gewässern, sondern auch bei anderen Lebewesen. So haben Forscher der School of Natural Sciences an der Universität von Stirling (Großbritannien) vor einigen Jahren in einer Studie festgestellt, dass Pestizide offenbar eine wichtige Rolle beim Hummel- und Bienensterben spielen. Zudem gefährden die Chemikalien auch Menschen. Experten des Kinderhilfswerks Terre des Hommes erklärten vor Jahren, dass jährlich rund 40.000 Menschen an den Folgen einer Pestizidvergiftung sterben, wobei unklar bleibe, wie viele der Betroffenen Kinder sind. Bei einer akuten Vergiftung kommt es zu Symptomen wie Atemnot, Schwindel, Sehstörungen, Augen- und Hautschäden, Muskelkrämpfen und Bewusstlosigkeit. Zu den langfristigen Folgen einer Pestizidvergiftung zählen Gesundheitsexperten zufolge ein erhöhtes Risiko für Allergien und Krebs, Konzentrationsstörungen und Unfruchtbarkeit. (ad)
>Bild: FotoHiero / pixelio.de
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