Politik droht Krankenkassen mit scharfen Konsequenzen
14.05.2011
Die Krankenkasse City BKK muss im Sommer aufgrund einer finanziellen Schieflage schließen. Die Bundesregierung droht aufgrund der rechtswidrigen Praxis vieler Kassen mit scharfen Sanktionen. Fast 170.000 Versicherte sind nun auf der Suche nach einer neuen Krankenkasse. Vielfach werden vor allem Anfragen von älteren Mitgliedern von Krankenkassen abgewiesen. Die Barmer GEK fordert den Kassenverbund zu mehr Solidarität auf.
Haftung der Kassenchefs für abgewiesene Mitgliedsanfragen
Viele Krankenkassen nehmen eine Blockadehaltung gegenüber City BKK Versicherten ein. Einige Kassen schließen ganze Service-Center, weil angeblich die Anfrage-Flut nicht mehr bearbeitet werden könne. Die CDU droht nun den Kassenvorständen mit scharfen Konsequenzen, falls die Blockadehaltung nicht aufgelöst werde. „Vielleicht sollten wir die Kassenchefs da direkt in Haftung nehmen für jeden einzelnen Fall“, ermahnte der gesundheitspolitische Sprecher der Union im Deutschen Bundestag, Jens Spahn (CDU). Der neue Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) forderte am Freitag den Spitzenverband der Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) auf, die Krankenkassen zur Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen zu ermahnen. Nach der darf nämlich keine Krankenkasse einen Aufnahmeantrag aufgrund des Alters oder des Gesundheitszustandes eines Anfragenden ablehnen. Da aber ein großer Anteil der City BKK Versicherten bereits das Rentenalter erreicht hat , gehen entsprechend viele Anfragen von Senioren bei den Kassen ein. Einige Krankenkassen fürchten nun um ihre eigene Mitgliederstruktur. Die meisten Versicherten wohnen in Hamburg oder in Berlin. Entsprechend hoch sind die Anfragen in beiden Städten.
Ablehnung ein handfester Skandal
Der Gesundheitsexperte Jens Spahn sprach in diesem Zusammenhang von einem handfesten Skandal im Gesundheitssystem. In zahlreichen Reden würden sich die Krankenkassen als Lobby der Versicherten aufspielen, und dann aber Schwerkranke abwimmeln. Wörtlich sagte Spahn: „In Sonntagsreden nennen sie sich Anwalt der Patienten und in der Woche wimmeln sie Schwerkranke ab.“
Barmer GEK fordert solidarische Auffanglösung aller Krankenkassen
Die größte gesetzliche Krankenkasse in Deutschland, die Barmer GEK, forderte eine solidarische „Auffanglösung aller Krankenkassen“. Eine solche Lösung solle denjenigen eine Krankenversicherung ermöglichen, der noch keine neue Kasse gefunden hat, sagte der Verwaltungsratschef Holger Langkutsch am Samstag in Berlin. Langkutsch machte damit deutlich, dass derzeit einige Krankenkassen von Anfragen übermäßig stark frequentiert werden und deshalb um ihre eigene Finanzsituation fürchten. Betroffen ist vor allem die AOK in Berlin und die Barmer GEK in Hamburg. Am Freitag hatte die Kasse ihre neun Kundencenter aufgrund der zahlreichen Anfragen geschlossen.
Versicherte werden mit fadenscheinigen Argumenten abgewiesen
Viele Versicherte werden mit fadenscheinigen Argumenten bereits am Telefon von den Servicemitarbeitern abgewiesen. Vielfach werden Scheinargumente genannt, um einen Aufnahmeantrag zu verhindern. „Versicherte sollten dennoch einen Antrag bei der Kasse ihrer Wahl stellen“, raten Verbrauchervertreter. Denn einen Antrag dürfen Krankenkassen nicht ablehnen. Wer dennoch Schikanen erlebt, kann sich bei der Aufsichtsbehörde, dem Bundesversicherungsamt in Bonn, beschweren.
Auch der Bundesverband der Krankenkassen (GKV) hat sich eingeschaltet. Deren Vorsitzende Dr. Doris Pfeiffer sagte "Alle Mitglieder der City BKK haben das Recht, sich ihre neue Krankenkasse frei zu wählen. Ich erwarte von jeder gesetzlichen Krankenkasse, dass sie selbstverständlich alle, die bei ihr Mitglied werden möchten, mit offenen Armen aufnimmt. Alles andere wäre unsolidarisch und unakzeptabel." Am kommenden Donnerstag wollen die Vorstände der einzelnen Kassen über mögliche Auswege debattieren. „Die Situation, dass eine gesetzliche Krankenkasse geschlossen wird und damit relativ plötzlich eine große Zahl von Versicherten eine neue Krankenkasse sucht, ist neu“. Allerdings erwarte die GKV, dass nun die Probleme Anfangsprobleme behoben sind.
Solidarprinzip darf nicht nur für einzelne Kassen gelten
Der Barmer Chef Langkutsch kritisierte seine Krankenkassen-Chefkollegen. Das Solidarprinzip darf nicht nur für einzelne Kassen gelten. „Im Fall der City BKK geht es auch darum, dass wir zwischen den Kassen und Kassenarten zu einem fairen Ausgleich kommen.“ In Zukunft müsse man offener über die Auswirkungen von Schließungen reden. In Richtung der Versicherten stellte der Barmer-Verwaltungsratschef klar: Wer bei der Barmer GEK versichert sein will, der kann auch Mitglied werden. (sb)
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Bild: Andreas Morlok / pixelio.de
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