550 Millionen Verlust durch Beitragspreller in der Privaten Krankenversicherung
28.01.2012
Die Diskussion um die enormen Verluste der Privaten Krankenversicherungen (PKV) durch Beitragspreller reißen nicht ab. Durch die 2009 eingeführte Versicherungspflicht darf säumigen Zahlern nicht mehr einfach gekündigt werden. Die Regierung hat nun einen Notfalltarif ausgearbeitet, der die Verluste von mehr als 550 Millionen Euro abfedern soll. Zudem haben einige der PKV ihre Tarifstruktur geändert und damit zukünftig auf billige Lockangebote verzichtet, denn diese sind ein Grund für die hohe Zahl der Beitragspreller.
Versicherungspflicht verhindert Kündigung von Nicht-Zahlern
Dirk Lullies, Sprecher beim Verband der Privaten Krankenversicherung sagte gegenüber der Zeitung „Die Welt“: „Es gab Ende September 2011 insgesamt 144.000 Nichtzahler in der Privaten Krankenversicherung.“ Immer mehr Versicherte zahlten keine Beiträge mehr, obwohl sie Anspruch auf Leistungen hätten, so der Verband. Hintergrund ist die 2009 eingeführte Versicherungspflicht im Rahmen der Gesundheitsreform, durch die die PKV ihren Mitgliedern nicht aufgrund von Zahlungsrückständen kündigen darf. "Wer seine Beiträge nicht mehr zahlen kann, häuft Schulden an", sagen Verbraucherschützer und fordern umgehend gesetzliche Regelungen. Denn der Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ist den meisten Privatversicherten verwehrt. "Das Problem ist hausgemacht", denn durch sogenannte Locktarife wurden viele Menschen in die Privatversicherung gelockt, die es sich eigentlich aufgrund ihrer Einkommenssituation nicht leisten können. Das hat auch die Versicherungsbranche eingesehen, weshalb die meisten großen Anbieter die "Billigtarife" zum Jahresbeginn wieder abschafften.
Neuer Tarif für Nicht-Zahler geplant
Durch die Beitragspreller fehlten den privaten Krankenversicherungen rund 554 Millionen Euro. Um diese Verluste abzufedern und zukünftig zu vermeiden, plant die Bundesregierung die Einführung eines sogenannten „Nicht-Zahler-Tarifs“ (Sie auch: Neuer PKV Tarif für Nichtzahler). Dieser soll ungefähr bei 100 Euro pro Monat liegen und nur die aller nötigsten Gesundheitsleistungen beinhalten. Im Klartext bedeutet dieser Tarif, dass Versicherte nur in akuten Notfällen oder wegen Schwangerschaften ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen können, es sei denn sie zahlen die Behandlung selbst. Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium würden derzeit die nötigen Änderungen vorbereiten, bereichtet „Die Welt“.
Problem der Nichtzahler ist hausgemacht
Was häufig in der Diskussion um die hohen Verluste der PKV verschwiegen wird, sind die hausgemachten Gründe. So lockten viele PKV Neukunden mit Billigangeboten, um dann jedoch einen höheren Tarif anzubieten. Im Rahmen der 2009 eingeführten Versicherungspflicht fühlten sich viele Kunden angesprochen und schlossen eine private Krankenversicherung ab, obwohl sie in der gesetzlichen Versicherung besser aufgehoben wären. Nun leiden besonders die Versicherungsunternehmen unter Nichtzahlern, die viele Neukunden durch derartige Billigangebote angelockt hatten. Dazu gehören unter anderem die Generali-Tochter Central und das Ergo-Tochterunternehmen DKV. Beide haben inzwischen ihre Tarifstruktur überarbeitet und billige Lockangebote eingestellt. Ein weiterer Grund für die hohen Verluste der PKV sind die stetig steigenden Maklerprovisionen. Diese werden nun deutlich minimiert. Zwar haben einige PKV-Unternehmen bereits reagiert und verschiedene Maßnahmen ergriffen, jedoch wird es in jeden Fall zu massiven Beitragserhöhungen kommen. Die PKV Central kündigte beispielsweise an, die Prämien in einzelnen Tarifen um bis zum 40 Prozent anzuheben. Leidtragende sind erster Linie die Alt- und Bestandskunden.
Tarifwechsel häufig sinnlos
Es besteht kaum eine Möglichkeit, der Tariferhöhung zu entkommen. Zwar könnten privat Versicherte zu einem neuen Anbieter wechseln, jedoch bringt dies verschiedene Probleme mit sich. Zum einen wird sich der alte Anbieter weigern, die angesammelten Altersrückstellungen mitzugeben, so dass dem Versicherten diese verloren gehen. Zum anderen wird der Neuanbieter ebenfalls eine Gesundheitsprüfung verlangen, die möglicherweise schlechter ausfällt als die, die Versicherte zu einem frühen Zeitpunkt beim Altanbieter gemacht hat. Denn mit dem Alter steigt bekanntlich das Krankheitsrisiko. Da das Ergebnis der Gesundheitsprüfung maßgebend für den neuen Tarif ist, fällt dieser möglicherweise genauso hoch oder höher als die Beitragserhöhung des Altanbieters aus. Diese Methoden setzt die Branche bewusst ein, vom Kunden vom Anbieterwechsel abzuhalten.
Insgesamt sind knapp neun Millionen Menschen in Deutschland in vollem Umfang privat krankenversichert. Im Vergleich dazu rund 70 Millionen Bürger in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert. (ag)
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