Ultraschall könnte die Prostatakrebs-Diagnose deutlich verbessern
20.10.2011
Prostata-Karzinome bilden die häufigste Krebsneuerkrankung bei Männern in Deutschland. Doch anders als bei den Frauen und deren Teilnahme an Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen, lassen sich nur wenige Männer frühzeitig untersuchen. Obwohl jedem Mann hierzulande ab dem Alter von 45 Jahren jährliche eine Prostatakrebs-Vorsorgeuntersuchung zusteht, deren Kosten die Krankenkasse übernehmen.
Doch nicht nur die verhältnismäßig geringe Teilnahme der Männer an der Krebsfrüherkennung ist dafür verantwortlich, dass lediglich ein Bruchteil der Prostata-Karzinome frühzeitig entdeckt wird. Auch die relativ ungenauen Diagnoseverfahren führen dazu, dass etliche Prostatakrebserkrankungen nicht erkannt werden, berichten Experte wie der Urologe Hans Heynemann vom Uniklinikum Halle und Georg Salomon von der Martini-Klinik am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf gegenüber dem „Tagesspiegel“. Möglicherweise können hier Ultraschall-Untersuchung in Zukunft Abhilfe schaffen und die Früherkennung von Prostata-Karzinomen deutlich verbessern, so die Hoffnung der Mediziner.
Fast 60.000 Prostatakrebserkrankungen pro Jahr
Prostatakrebs bezeichnet eine bösartige Tumorerkrankung, die vom Drüsengewebe der Vorsteherdrüse ausgeht. Jährlich sterben hierzulande über 11.000 Männer an einer Krebserkrankung des 20 bis maximal 40 Gramm schweren, unterhalb der Harnröhre gelegenen Organs und 58.000 Prostatakrebs-Neuerkrankungen sind pro Jahr zu verzeichnen, berichten die Experten. Damit werden rund zehn Prozent aller Krebstodesfälle bei Männern durch Karzinomen der Prostata verursacht und Prostatakrebs ist nach Darm- und Lungenkrebs die dritthäufigste Todesursache bei den Krebserkrankungen der Männer. In Bezug auf die Neuerkrankungen ist Prostatakrebs sogar das häufigste Krebsleiden bei Männern. Da die Krankheit im Anfangsstadium in der Regel ohne auffällige Symptome verläuft, werden die meisten Prostata-Karzinome erst in einem deutlich fortgeschrittenen Krankheitsstadium entdeckt. Umso wichtiger sind entsprechende Vorsorgeuntersuchungen, denn bei frühzeitiger Erkennung des Prostatakrebs sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Behandlung deutlich höher, erläuterten die Experten.
Anrecht auf Prostatakrebs-Vorfrüherkennungsuntersuchung
Jedem Mann in Deutschland steht prinzipiell ab dem 45. Lebensjahr jährliche eine Prostata-Vorsorgeuntersuchung zu. Dabei werden in der Regel Veränderungen der Prostata vom Enddarm aus ertastet. Die Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen ist jedoch relativ bescheiden und die Tastmethode hat laut Aussage der Experten auch ihre Grenzen. So können durch Tasten in erster Linie größere Tumore an der Prostata-Oberfläche entdeckt werden, andere Formen der Prostata-Karzinome lassen sich auf diese Weise nur selten bestimmen, erläuterte der Urologe Hans Heynemann. Dem Experten zufolge reicht „eine alleinige Tastuntersuchung ohne Bestimmung des PSA-Werts nicht aus.“ Der PSA-Wert steht für die Prostata-spezifischen Antigene (PSA), die sich im Blut der Betroffenen nachweisen lassen. Proteine, die von den Zellen der Vorsteherdrüse gebildet werden, gehen laut Heynemann in geringen Mengen auch in den Blutkreislauf über. Dies macht sich der PSA-Test zu nutze.
Allerdings ist die Interpretation erhöhter PSA-Werte äußerst kompliziert und bisweilen sind diese wenig aussagekräftig, bemängelten die Experten. Zudem liegen bis heute keine Studien vor, die eindeutig belegen, ob durch eine PSA-Reihenuntersuchung bei Männern – vergleichbar der Brustkrebsvorsorge bei Frauen – das Leben der Männer statistisch gesehen verlängern werden kann. So erklären auch die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie, dass bisher nicht geklärt sei, ob eine PSA-gestützte Früherkennung und die damit verbundenen diagnostischen und therapeutischen Risiken durch eine Lebensverlängerung bei den Männern aufgewogen werden können. Daher wird bis heute lediglich bei Männern, die ausdrücklich auf einen PSA-Test im Rahmen der Krebsfrüherkennung bestehen, einen entsprechende Untersuchung durchgeführt. Die Kosten werden jedoch meist nicht von den Krankenkassen übernommen. Den Experten zufolge sollte aufgrund der bestehenden Unsicherheiten bei der Diagnose im Vorfeld jeder Prostatakrebs-Vorsorgeuntersuchung ein ausführliches Gespräch zwischen Patient und Arzt erfolgen, bei dem auch die schwierige Deutung der Testergebnisse thematisiert wird. Zudem muss den Männern klar sein, dass bei Verdacht auf Prostatakrebs für eine eindeutige Diagnose kein Weg an der Entnahme von zehn bis zwölf kleinen Gewebeproben vorbeiführe. Denn erst die Untersuchung der Gewebeproben im Labor könne eine zweifelsfrei Feststellung der bösartigen Zellen gewährleisten.
Auch sollten Mediziner und Betroffene stets bedenken, dass längst nicht alle Tumore der Vorsteherdrüse eines operativen Eingriffs, einer Strahlen- oder Chemotherapie bedürfen, betonten die Experten. Zudem haben zahlreiche Männer im mittleren Alter eine gutartige Vergrößerung der Prostata, die ebenfalls keine entsprechenden Maßnahmen erfordert. Teilweise könne Abwarten und Beobachten sich als klügere Strategie erweisen, erläuterten die Mediziner. Sollte sich die Notwendigkeit eines operativen bzw. therapeutischen Eingriffs abzeichnen, so sind dessen Erfolgschancen jedoch am größten, solange der Prostatakrebs noch nicht angefangen hat zu streuen und Metastasen zu bilden. Somit falle einer eindeutigen Früherkennung besondere Bedeutung zu, erklärten Georg Salomon und Hans Heynemann gegenüber dem „Tagesspiegel“.
Ultraschall zur Prostatakrebs-Diagnose
Als neue vielversprechende Methode zur Prostatakrebs-Früherkennung bezeichneten die Experten dabei den Einsatz von Ultraschall. Schon heute helfe die Sonografie beim zielgenauen Ansetzen der Hohlnadeln zur Gewebeentnahme, in Zukunft könnte Ultraschall die Entnahme von Gewebeproben möglicherweise sogar überflüssig machen, so die Aussage der Mediziner. Georg Salomon von der Martini-Klinik am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf zufolge, nutzen Ärzte bei der sogenannten „Elastografie die Tatsache, dass Krebsgewebe in der Regel härter ist als normales Gewebe“ und so mit Ultraschall Unterschiede festzustellen sind. Mit Hilfe bildgebender Verfahren lassen sich die Unterschiede auch auf dem Monitor der Ärzte darstellen, was derzeit in der weltweit größten Studie an über 1.000 Patienten des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf erprobt wird.
Früherkennung in Zukunft ohne Gewebeentnahme?
Wie Georg Salomon erläuterte, können auf Basis der Ultraschall-Elastografie gezielter Gewebeproben entnommen werden, was dazu geführt habe, dass 20 Prozent mehr Tumorpatienten identifiziert wurden. Die ersten Ergebnisse der aktuellen Studie stellte Salomon bei einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin in Berlin vor. Der Fachmann verbindet mit dem Ultraschall-Verfahren große Hoffnungen und betonte, dass Sonografie bei der Prostatakrebs-Diagnose in Zukunft die Entnahme von Gewebeproben möglicherweise sogar überflüssig machen könnte. Denn sollten die Ärzte bei „der Elastografie überhaupt nichts Hartes entdecken“, könnte sich eine Gewebeprobe erübrigen. Bisher reichen die Belege jedoch nicht aus, um auf eine Gewebeentnahme zu verzichten, so der Experte weiter.
Neben der Ultraschalluntersuchung vom Mastdarm aus, setzen die Forscher auch auf die Kontrastmittel-unterstützte Sonografie zur Prostatakrebs-Früherkennung. Dabei wird im Vorfeld der Untersuchung ein spezielles Kontrastmittel in die Vene injiziert, das den Blutfluss in der Prostata sichtbar machen soll. Im Tumorgewebe bilden sich neue Blutgefäße „in chaotischer Art“, was sich auch an der Durchblutung ablesen lasse, betonte der Urologe des Klinikums der Universität München, Michael Seitz. Allerdings wäre der Weg bis zur Reihenuntersuchung auch bei diesem Verfahren noch äußerst weit, da mit der Anschaffung entsprechender Geräte und dem Kontrastmittel erhebliche Kosten verbunden sind und bisher nur ein kleiner Kreis von Experten die Ergebnisse der Untersuchung deuten könne, betonte der Münchener Urologe. (fp)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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