Spezielles Eiweiß erhält das Gedächtnis
04.07.2012
Wissenschaftler der Universität Heidelberg haben herausgefunden, dass das Altern des Gehirns und die hiermit verbundene Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens mit einer Abnahme der Expression des Proteins „Dnmt3a2“ im Hippocampus einhergeht. Den Wissenschaftler ist es außerdem gelungen, diesen Prozess zu stoppen beziehungsweise sogar umzukehren. In Tierversuchen konnten sie das Erinnerungsvermögen alter Mäuse mit Hilfe von „Dnmt3a2“ wiederherstellen.
Durch eine künstliche Zufuhr des Proteins „Dnmt3a2“ konnte in Versuchen bei Mäusen eine Wiederherstellung der geistigen Leistungsfähigkeit erreicht werden, berichtet das Forscherteam um Hilmar Bading von dem Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften an der Universität Heidelberg im Fachjournal „Nature Neuroscience“. Ob die Methode auf den Menschen übertragen werden kann, ist jedoch zu bezweifeln, nicht zuletzt da den Mäusen das Protein mit Hilfe eines Virus direkt ins Gehirn injiziert wurde. Diese Verfahren scheint für den Einsatz beim Menschen jedoch zu riskant.
Abnahme der kognitiven Fähigkeiten im Alter
Seit langem ist bekannt, dass „kognitive Fähigkeiten mit dem Alter abnehmen, aber die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen werden wenig verstanden“, schreiben die Forscher der Universität Heidelberg. Der Neurologe Hilmar Bading und Kollegen stellten nun in Versuchen mit Mäusen fest, „dass das Altern mit einer Abnahme der Expression der DNA-Methyltransferase "Dnmt3a2" im Hippocampus und dass der Erhalt des Dnmt3a2-Levels mit einer Wiederherstellung der kognitiven Funktionen assoziiert war.“ Durch die Verabreichung des Proteins habe sich das Erinnerungsvermögen älterer Mäuse signifikant verbessert und diese konnten sich anschließend vergleichbar gut an bestimmte Situationen erinnern wie junge Tiere, so die Aussage der Forscher.
Verbreichung des Proteins bewirkt Verbesserung des Erinnerungsvermögens
Nachdem Bading und Kollegen nachgewiesen hatten, dass bei älteren Mäusen das Protein „Dnmt3a2“ im Gehirn deutlich verringert ist und somit ein möglicher Grund für die Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit sein könnte, testeten sie, welche Auswirkungen eine Veränderung des „Dnmt3a2“-Levels auf das Erinnerungsvermögen der Tiere hat. Den älteren Mäusen wurde das Protein mit Hilfe von Viren direkt ins Gehirn injiziert. Anschließend kontrollierten die Forscher das Erinnerungsvermögen der Tiere, indem sie den Mäusen an bestimmten Orten einen milden Stromstoß versetzten und beobachteten, inwieweit sich die Tiere an diese negative Erfahrung erinnern, wenn sie nach 24 Stunden wieder den gleichen Ort erreichen. Bei den Mäusen mit guter Erinnerungsleistung zeigten sich eindeutige Anzeichen von Angst, sie erstarrten sobald sie erneut an den Ort des Stromschlages gelangten. Nach der Verabreichung des Proteins sei dieses Verhalten auch bei den ehemals vergesslichen, älteren Tieren festzustellen gewesen, berichten Bading und Kollegen. Mit anderen Worten: Die Mäuse hatten ihr Erinnerungsvermögen zurückgewonnen. Der Zusammenhang zwischen dem Protein „ Dnmt3a2“ und dem Gedächtnis habe sich auch in umgekehrter Richtung bestätigt, schreiben die Neurologen der Universität Heidelberg in ihrem Artikel im Fachmagazin „Nature Neuroscience" Wurde das Protein im Gehirn von Jungtieren reduziert, so ließ laut Aussage der Forscher die Gedächtnisleistung massiv nach.
Wiederherstellung der Erinnerungsleistung auch beim Menschen?
Zwar hat die Verabreichung des Proteins bei den Mäusen beachtliche Steigerungen des Erinnerungsvermögens bewirkt, doch ist unklar, ob die Ergebnisse sich auf den Menschen übertragen lassen, erläuterte Hilmar Bading. Prinzipiell wäre dies laut Aussage der Forscher denkbar, da „die grundlegenden, biochemischen Funktionen bei Menschen vermutlich sehr ähnlich“ sind, allerdings müsste der Beweis erst noch erbracht werden, denn „der menschliche Organismus ist um einiges komplexer.“ Außerdem könnte sich die Verabreichung des Proteins beim Menschen durchaus etwas problematischer gestalten, da eine Injektion ins Gehirn mit Hilfe von Viren wahrscheinlich zu viele Risiken mit sich bringt. (fp)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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