Studie: Magic Mushrooms verändern die Persönlichkeit auf Jahre
11.10.2011
US-Forscher der Johns Hopkins University in Maryland haben die Wirkung psychedelischer Pilze untersucht und dabei festgestellt, dass die Rauschwirkung der sogenannten Magic Mushrooms die Persönlichkeit deutlich länger beeinflusst, als bisher angenommen. Zudem haben die US-Psychologen in Bezug auf das Persönlichkeitsmerkmal „Offenheit“ eindeutige positive Effekte des Pilz-Trips nachgewiesen.
Die halluzinogene Wirkung der Magic Mushrooms hält zwar nur wenige Stunden an, doch noch ein Jahr nach dem Pilz-Trip konnten die Forscher um Roland Griffiths von der Johns Hopkins University einen persönlichkeitsverändernden Effekt der Pilze feststellen. Die Persönlichkeit werde durch die Zauberpilze vor allem in dem Bereich, „der als Offenheit bezeichnet wird“ dauerhaft verändert, berichten Roland Griffiths und Kollegen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Psychopharmacology“. Dies sei besonders verblüffend, da die Offenheit mit zunehmendem Lebensalter normalerweise abnehme, erklärte der Studienleiter.
Aufgeschlossenere Persönlichkeit durch Zauberpilze
Unmittelbar nach dem Verzehr der Magic Mushrooms setzt laut Aussage der Forscher eine halluzinogene Wirkung mit Effekten wie verstärkter Sehschärfe und extremer Lichtempfindlichkeit ein. Die halluzinogene Wirkung halten die US-Psychologen dabei jedoch – trotz der Risiken eines sogenannten Horrortrips – für wenig besorgniserregend, sondern schreiben dieser durchaus auch positive Effekte zu. So seien 60 Prozent der Studienteilnehmer noch ein Jahr nach dem Verzehr der Pilze viel aufgeschlossener gewesen als vor Studienbeginn, berichten Roland Griffiths und Kollegen.
Im Rahmen ihrer Untersuchung versetzten die US-Wissenschaftler 51 psychisch gesunde freiwilligen Studienteilnehmer mehrfach in einen Pilzrausch. Das in den Magic Mushrooms enthaltene Psilocin verursachte dabei laut Aussage der Forscher ähnliche Rauschzustände wie die Droge LSD. Aufgrund dieser bewusstseinsverändernden Wirkung fallen die Zauberpilze in den meisten Ländern, wie auch in Deutschland, unter das Betäubungsmittelgesetz und sowohl der Verkauf als auch der Besitz sind verboten. Unabhängig von der derzeitigen Rechtslage haben die US-Forscher die persönlichkeitsverändernde Wirkung der Zauberpilze genauer untersucht, um mögliche Risiken und medizinische Einsatzfelder zu ermitteln. Im Labor wurden die Studienteilnehmern mehrfach auf einen jeweils achtstündige Pilz-Trip geschickt und das Prozedere nach mindestens drei Wochen wiederholt, erläuterten die US-Psychologen ihre Vorgehensweise. Bei allen Test erhielt eine Kontrollgruppe Pilze ohne halluzinogene Wirkung, wobei die Teilnehmer sowie die Mediziner nicht wussten, welche Testpersonen tatsächlich psychedelische Pilze erhalten hatte.
Persönlichkeitstests machen Veränderungen messbar
Um die Auswirkungen des Pilz-Trips auf die Persönlichkeit zu erfassen, haben die Wissenschaftler mit den Probanden vor der ersten Sitzung und nach Abschluss der Versuche einen Persönlichkeitstest durchgeführt. Bei diesem Test wurden die auch als „Big Five“ bezeichneten Bereiche des Charakters gemessen: Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus (Hang zu Neurosen), Offenheit und Verträglichkeit. Noch ein Jahr nach dem letzten Pilz-Trip war bei den Persönlichkeitstests insbesondere in Bezug auf die Offenheit der Probanden ein deutlicher positiver Effekt festzustellen, schreiben die Forscher im „Journal of Psychopharmacology“. Die US-Psychologen kommen zu dem Schluss, dass die „mystischen Erfahrungen“ die Offenheit der Studienteilnehmer messbar verändert haben. Unter „Offenheit“ sind dabei laut Aussage der Experten Eigenschaften wie Phantasie, Großzügigkeit aber auch der Sinn für Ästhetik zu verstehen. Diese langfristigen Effekte der Magic Mushrooms könnten den US-Wissenschaftlern zufolge auch einen therapeutischen Nutzen haben. So schwebt Roland Griffiths zum Beispiel ein Einsatz des Psilocin zur Behandlung von Krebspatienten, die unter Angst oder Depressionen leiden, vor.
Schwerwiegende Nebenwirkungen der Magic Mushrooms
Bevor über eine medizinische Verwendung nachgedacht werden kann, ist nach Ansicht der US-Psychologen jedoch zu klären, welche Nebenwirkungen der Verzehr der Magic Mushrooms mit sich bringen kann. Die Probanden hätten teilweise über erhebliche Angstzustände während des Pilzrauschs berichtet, was bei Einnahme der „Halluzinogene in einer weniger gut überwachten Umgebung zu gefährlichem Verhalten führen“ könnte, berichten Roland Griffiths und Kollegen. Neben den Angstzustände, die in dem Persönlichkeitstest auch unter dem Punkt Neurotizismus erfasst wurden, seien vor allem bei psychisch labilen Menschen mit einer depressiven Grundstimmung so genannte Horrortrips zu befürchten. Auch hier könne die Wirkung lange über den eigentlichen Rauschzustand hinaus gehen, so dass noch Jahre nach dem Pilz-Trip Persönlichkeitsstörungen auftreten oder die Betroffenen unter wiederkehrenden negativen Flashbacks leiden, erklärten die US-Forscher. Es bestehe die Gefahr, dass diese Personen auf dem Pilz-Trip regelrecht „hängen bleiben“. Darüber hinaus können laut Aussage der US-Forscher auch harmlosere Nebenwirkungen wie Herzrasen, Kreislaufbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen beim Verzehr von Magic Mushrooms auftreten. Ein abschließendes Urteil wollten die US-Psychologen daher nicht fällen und Griffiths betonte, dass bisher nicht klar sei, ob die Ergebnisse auf die Gesamtbevölkerung übertragbar sind. Die aktuelle Studie liefere darüber hinaus lediglich Anhaltspunkte für einen therapeutischen Nutzen der Zauberpilze, sei mit ihren 51 Teilnehmern jedoch nicht repräsentativ, erklärte der US-Forscher. In Deutschland ist der Besitz der und Handel mit Psilocybinhaltigen Pilzen unabhängig vom Zweck des Besitzes verboten. (fp)
Bild: Patrick Ullrich
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