Vermehrte Schimmelbildung in den Wintermonaten – Beseitigung erforderlich
11.04.2012
Während der feucht-kalten Wintermonate hat sich in vielen Wohnungen Schimmel gebildet, der aufgrund möglicher Gesundheitsrisiken möglichst schnell beseitigt werde sollte. Insbesondere in kalten Raumbereichen mit geringer Luftzirkulation finden sich nach dem Winter Schimmelpilze, die zu einer erheblichen Belastung für die Gesundheit werden können, warnen die Experten.
Unter der Matratze, hinterm Schrank, in kalten Raumecken oder an den Fensterdichtungen siedeln sich während der Wintermonate oftmals Schimmelpilze an, die „unbedingt sofort“ entfernt werden sollten, erklärte eine Sprecherin des Umweltbundesamtes gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Denn die Sporen und Mykotoxine der Schimmelpilze können erhebliche gesundheitliche Beschwerden verursachen.
Prinzipiell bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, den gesundheitsschädlichen Schimmel zu beseitigen, wobei aufgrund der Gesundheitsrisiken schnelles Handeln geboten ist. „Sobald man Schimmel entdeckt, sollte man ihn unbedingt sofort entfernen“, mahnte Christiane Baschien vom Umweltbundesamt in Berlin. Die Entfernung des Schimmels auf Flächen von maximal einem halben Quadratmeter können die Bewohner eigenständig durchführen, erklärte Baschien. Hierfür müsse lediglich die Tapete an den betroffenen Wandstellen entfernt werden und der Bereich mit 70-prozentigem Alkohol nachbehandelt werden. Bei glatten Flächen reiche sogar einfaches Abwischen mit der Alkohollösung aus.Allerdings müssen Silikonfugen in jedem Fall erneuert werden, erklärte die Expertin. Zudem sollten die Anwender laut Aussage von Christiane Baschien bei den Arbeiten stets eine Atemschutzmaske der Filterklasse FFP2 oder 3 tragen, um ein einatmen der Pilzsporen zu verhindern.
Schimmel führt zu bleibenden Krankheiten
Das Problem mit dem Schimmel ist, dass dieser oft viel zu langen unentdeckt bleibt oder ignoriert wird. Dabei sind die Gesundheitsrisiken laut Aussage der Experten keinesfalls zu unterschätzen. Bereits eine geringe Schimmelbelastung kann zu gesundheitlichen Beschwerden wie , chronischer Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Übelkeit und Erbrechen führen. Langfristig drohen erhebliche Beeinträchtigungen der Bronchien, die sich in chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma manifestieren können. Auch steigt bei anhaltendem Kontakt mit den Schimmelpilzsporen die Anfälligkeit für Allergien. Von vielen Bewohnern werden die Gesundheitsrisiken durch Schimmelpilze jedoch unterschätzt. So hatte eine im März veröffentlichte Studie des Marktforschungsinstitut „Innofact“ ergeben, dass jeder neunte Befragte den Schimmel als gesundheitlich unbedenklich einstuft. Entsprechend gering ist die Bereitschaft den Schimmel zu beseitigen. So findet sich den Ergebnissen der Studie zufolge in fast jeder fünften Wohnung eine Schimmelbelastung, ohne dass die Bewohner hiergegen vorgehen würden.
Allerdings sind auch bei der Beseitigung des Schimmels einige Faktoren zu berücksichtigen, um keine weitere Gesundheitsrisiken zu provozieren. So warnte die Baubiologin Ilka Mutschelknaus aus Hamburg gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“ vor dem Einsatz von chlorhaltigen Mitteln und allen Präparaten, die unter dem Namen „Schimmel-Ex“ angeboten werden. Denn diese Mittel seien ihrerseits äußerst schädlich für die Atemwege und auch unter ökologischen Gesichtspunkten bedenklich. Stattdessen sollten die Betroffenen Präparate auf Fruchtsäurebasis nutzen, um den Schimmel zu entfernen, erläuterte die Expertin. Essig sei hingegen ebenfalls nicht zu empfehlen, da einige Innenraumschimmelarten Essig mögen und dieser für sie „sogar eine Art Nährboden“ bildet, betonte Mutschelknaus. Die Reinigungsmittel auf Fruchtsäurebasis gelten indes als gesundheitlich unbedenkliche Alternative, so Mutschelknaus weiter. Nach der Beseitigung des Schimmel sollten die verwendeten Lappen und Bürsten unbedingt direkt entsorgt werden, um eine Ausbreitung des Schimmels an anderer Stelle zu verhindern, betonte die Expertin.
Ursachenforschung: Sonst kommt der Schimmel wieder
Ist der Schimmel beseitigt, bedarf es im nächsten Schritt der Suche nach den Ursachen der Schimmelpilzbildung. Denn wer „nicht weiß, wie der Schimmel entstanden ist, kann ich auch nicht verhindern, dass er wiederkommt“, erklärte die Hamburger Baubiologin. Generell ist die Bildung von Schimmel an Feuchtigkeit gebunden, ergänzte die Diplombiologin Silke Christiansen von der Umweltberatung Bremen gegenüber der „dpa“. Hier kommen laut Aussage der Expertin unterschiedliche Auslöser für eine erhöhte Feuchtigkeit in den Wohnräumen in Betracht. Beispielsweise könne das Baumaterial in den Innenräumen aufgrund eines undichten Daches oder einer defekten Rohrleitung in der Wand durchfeuchtet werden, so Christiansen. Hinzu komme in den Wintermonaten das Kondenswasser, das sich aufgrund des Temperaturgefälles an den Raumwänden niederschlagen könne. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn einzelne Räume nicht beheizt werden oder eine Kältebrücke nach Außen besteht. Die Bildung von Kondenswasser ist laut Aussage der Expertin besonders in Altbauten häufig ein Problem, weil hier die einfach verglasten Fenster meist durch neue Fenster mit höherem Dämmwert ausgetauscht wurden und somit nicht mehr der kälteste Bauteil des Wohnraums seien, an dem die Feuchtigkeit kondensiert. Stattdessen schlage sich das Kondenswasser an den den Außenwänden nieder, wodurch hier die Schimmelbildung begünstigt werde, betonte Silke Christiansen.
Richtiges Lüften gegen Schimmel
Um die Schimmelbildung zu vermeiden, geben die Experten Tipps zum richtigen Lüften und Heizen, wobei im Winter eine gleichmäßige Beheizung der Wohnräume und Stoßlüften entscheidend sei, erklärte Christiane Baschien. Durch das Stoßlüften könne die beim Kochen, Duschen oder Atmen produziert feuchte Luft, schnell gegen trockene Außenluft ausgetauscht werden, ohne ein Auskühlen der Räume und Wände zu bedingen. Mindestens zwei- bis dreimal am Tag sollte demnach für zehn Minuten stoßgelüftet werden. Als Orientierungsgröße für die Luftfeuchtigkeit nannte die Expertin einen Wert von circa 60 Prozent, der nicht überschritten werden sollte. Die Hamburger Baubiologin Ilka Mutschelknaus ergänzte, dass auch die Wandfarbe bei der Schimmelbildung oft eine wesentliche Rolle spiele. In vielen Mietwohnungen wurden die älteren Farbschichten einfach immer wieder überstrichen, wodurch sich im Laufe der Zeit eine Art Haut auf dem Putz gebildet habe und dieser nicht mehr atmen könne. Durch die Verwendung von billiger Dispersionsfarben werde dieser Effekt noch verstärkt. Empfehlenswert seinen hier reine Silikat- und Kalkfarben, die „atmungsaktiv“ sind und die Schimmelbildung hemmen, erläuterte Ilka Mutschelknaus.
Schimmel kann sich in den Wohnräumen auch ausbreiten, ohne das die Bewohner etwas davon bemerkten, betonte Silke Christiansen und verwies dabei auf Arten des Pilzbefalls, die nicht mit dem bloßen Auge entdeckt werden können. Dies „ist ein schwieriger Fall“, da Betroffene nichts davon sehen oder riechen und erst wenn sie über längere Zeit unter scheinbar unbegründeten Gesundheitsproblemen leiden, auf die Idee kommen, dass möglicherweise Schimmel in der eigenen Wohnung der Auslöser der Beschwerden sein könnte. Um derartigen unsichtbaren Schimmelbelastungen auf die Spur zu kommen, bedarf es einer Raumluftanalyse oder einer Überprüfung der Wohnräume durch einen Fachmann mit einem sogenannten Schimmelhund, der auf das Auffinden der Sporen abgerichtet ist, erklärte Christiansen.
Wurde eine Belastung mit Schimmelpilzen in den Wohnräumen nachgewiesen, entbrennt anschließend zwischen Vermietern und Mietern häufig ein heftiger Streit über die Kostenübernahmen der Beseitigung. Generell gilt: Bei baulichen Mängeln zahlt der Vermieter, bei anderen Ursachen des Schimmel zahlt der Mieter die Kosten der Schimmelbeseitigung. Doch meist lässt sich nicht ohne weiteres feststellen, ob Baumängel oder andere Ursachen die Schimmelbildung verursacht haben, so dass aufwendige Gutachten erforderlich werden, die nicht selten zu dem Ergebnis kommen, dass sowohl Mieter als auch Vermieter eine Teilschuld tragen. Denn „der Mieter muss die Raumtemperatur und die Luftfeuchtigkeit kontrollieren“ und der Vermieter ist lediglich „für bauliche Mängel verantwortlich zu machen“, erklärte Marle Kopf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegenüber der „dpa“. Da bei „einem Gerichtsverfahren, oft beide Parteien eine Teilschuld“ erhalten, sei es unter Umständen schlauer, sich außergerichtlich zu einigen, ergänzte Silke Christiansen. Beratung zum Umgang mit Schimmelbelastungen der Wohnräume finden Betroffene beim Berufsverband Deutscher Baubiologen, den Verbraucherzentralen oder beim Deutschen Schimmelnetzwerk. (fp)
Lesen Sie auch:
Gesundheitsgefahr durch Schimmel in der Wohnung
Asthma durch Schimmelpilze
Pilzinfektionen (Mykosen) beim Menschen
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.