Übergewicht erhöht signifikant das Risiko für Krebs
16.03.2012
Übergewicht ist ein hoher Risikofaktor für Krebserkrankungen. Das ist in den letzten Jahren durch zahlreiche Forschungsarbeiten immer deutlicher geworden. Die genauen Mechanismen sind Wissenschaftlern jedoch bis heute unbekannt. Derzeit diskutieren Ernährungswissenschaftler und Mediziner auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung über das Thema „Ernährung und Prävention – Chancen und Grenzen".
Übergewicht wird zum Hauptrisikofaktor
Während noch vor einen Jahren Rauchen als der Hauptrisikofaktor für Krebserkrankungen angesehen wurde, scheint er heute von Übergewicht und Fettleibigkeit abgelöst zu werden. Denn immer mehr Menschen sind in den westlichen Industrieländern geradezu adipös. Laut Experten stagniere zwar die Zahl der Übergewichtigen insgesamt, jedoch nehme sie besonders unter Jugendlichen weiterhin zu. Auch die Zahl der extrem übergewichtigen Menschen steige weiter an. Gründe dafür sind zum einen im dem großen Ernährungsangebot der westlichen Wohlstandsländer zu suchen. Nicht zu unterschätzen ist aber auch die psychische Komponente von Adipositas. Essen nimmt heute häufig nicht mehr die „klassische Funktion“ von Ernährung und dem Stillen des Hungergefühls ein, sondern wird zunehmend zur Befriedung anderer Bedürfnisse. „Frustessen“ scheint „angesagter“ denn je. Im Alltag werden die Kalorien jedoch selten wieder abtrainiert. „Lieber auf der Couch vor dem Fernseher entspannen, als nach Feierabend joggen zu gehen“, scheint ein weitverbreitetes Motto zu sein.
Ernährungsforscher, Wissenschaftler und Mediziner schlagen Alarm: „Es wird immer deutlicher, dass Adipositas ein sehr starker Promotor von Krebserkrankungen ist", erklärt der Ernährungsmediziner Hans Hauner auf dem derzeit stattfindenden Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). „Nicht nur Dickdarmkrebs, sondern auch Brustkrebs wird von Adipositas begünstigt. Die Mechanismen sind heute noch nicht ganz klar." Bei dem Kongress zum Thema „Ernährung und Prävention – Chancen und Grenzen" diskutieren derzeit über 800 Experten vor dem Hintergrund stetig steigender Zahlen von ernährungsbedingten Erkrankungen und dem gleichzeitig wachsenden Kostendruck im Gesundheitssystem. "Die Kehrseite des Überangebots an Nahrungsmitteln sind die enorm steigenden Ausgaben im Gesundheitssektor durch Übergewicht", warnen viele Experten.
Sind Hormone ausschlaggebend für Krebserkrankungen?
Hauner ist der Ansicht, dass das Hormon Insulin die Entwicklung bösartiger Tumore begünstigt. Die Insulinwerte seien bei Übergewichtigen überdurchschnittlich erhöht. Der Ernährungswissenschaftler erklärte, dass große Mengen an Fett zu verminderter Aufnahmefähigkeit von Insulin führt. In der Folge produziert die Bauchspeicheldrüse dann noch mehr Insulin, das eigentlich den Blutzuckerspiegel senkt. „Der Insulinspiegel steigt und wirkt möglicherweise als Wachstumsfaktor für die Krebszellen", sagt Hauner.
Es besteht der Verdacht, dass Brustkrebs möglicherweise durch einen bei Übergewicht erhöhten Spiegel des weiblichen Sexualhormons Östrogen begünstigt wird. Das in den Fettzellen gebildete Östrogen fördere möglicherweise auch die Entstehung von Krebstumoren. Der Ernährungsmediziner berichtet weiter, dass bereits seit längerer Zeit bekannt sei, dass Hormonersatztherapien mit Östrogen eine Erhöhung der Brustkrebsraten zur Folge haben könnten. Diese Therapien unternehmen Frauen in den Menopause, um Wechseljahresbeschwerden zu lindern.
Rotes Fleisch vom Schaf, Rind oder Schwein fördere ebenfalls die Entstehung von Krebszellen. Obwohl der Genuss von Schokolade, Gummibärchen und Co. zu Übergewicht und Typ2-Diabetes führt, begünstigt hoher Zuckerkonsum scheinbar nicht die Entstehung bösartiger Tumore. „Bei Krebs scheint der Zucker keine herausragende Rolle zu spielen", berichtet Hauner von Ergebnissen aktueller Studien.
Ballaststoffreiche Ernährung vermindert Krebsrisiko
Um das Krebsrisiko durch Adipositas zu senken, ist die wichtigste Empfehlung die Reduzierung des Körperumfangs bei einem bereits vorhandenen Übergewicht. Dafür müssen sich Betroffene häufig vollständig von ihren alten und schädlichen Lebensweisen trennen und ihren Lebensstil ändern. Gesunde ausgewogene und Ballaststoffreiche Ernährung sollte im Lebensalltag einen festen Platz einnehmen. Häufig erfordert dies ein fundamentales Umdenken von Betroffenen. Genau das ist für viele aber eine große Hürde, die oft nur mit Unterstützung von Therapeuten erreicht werden kann. Übergewichtige leiden in vielen Fällen bereits seit ihrer Kindheit an Fettleibigkeit. Eine gesunde Lebensführung müssen sie von Beginn an neu erlernen. "Kein leichtes Unterfangen, wenn Werbung und Supermärkte zum ungezügelten Schlemmen einladen", berichtet auch die angehende Psychotherapeutin und Diplom Pädagogin Gritli Bertram aus Hannover.
Ernährungsexperten raten zu mindestens fünf Portionen Gemüse und Obst pro Tag. Denn Obst und Gemüse enthält sogenannte bioaktive Stoffe, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit das Krebsrisiko senken können. Statt viel Fleisch und Wurstwaren, sollte eher zu Fisch und Geflügel griffen werden. Getreideprodukte möglichst aus Vollkorn-, Hülsenfrüchte und Kartoffeln sollten ebenfalls einen festen Bestandteil auf dem täglichen Speiseplan einnehmen. Laut Experten sei die „Mittelmeerkost“ besonders empfehlenswert. Diese enthalte viel Gemüse, Salat und Fisch sowie hochwertiges Oliven- oder Rapsöl. Dadurch könne das Risiko für Brust-, Dickdarm-, und Bauchspeichdrüsenkrebs verringert werden.
Bewegung kann das Krebsrisiko reduzieren
Frei nach dem Motto „Bewegung ist die beste Medizin“ hat die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) zehn Regeln zur Senkung des Krebsrisikos aufgestellt. Auf ihrer Internetseite informiert der Fachverband über die Vorteile von sportlichen Aktivitäten. Durch Bewegung werde der Kreislauf angeregt, die Abwehrkräfte gestärkt, die Blutfettwerte gesenkt und die allgemeine Leistungsfähigkeit gesteigert. Insgesamt führe sportliche Aktivität "zu mehr Lebensqualität und senkt sogar das Risiko, an Krebs zu erkranken". Rund 14 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle in Deutschland sind auf mangelnde Bewegung zurückzuführen, berichtet die DKG. 20-25 Prozent der heutigen Kosten, die durch Krankheiten entstehen, sind durch Bewegungsmangel zumindest mit verursacht.
Um das Risiko einer Krebserkrankung zu reduzieren rät die Fachgesellschaft zu 30 Minuten Sport an drei Tagen in der Woche. Bei der Auswahl der richtigen Sportart sollte die derzeitige körperliche Verfassung berücksichtigt werden. "Im Zweifelsfall kann der Hausarzt Auskunft zur körperlichen Belastbarkeit geben". Ein Pulsmesser ist ebenfalls hilfreich, um eine übermäßige Belastung zu vermeiden. Ausdauersportarten sind daher besonders effektiv: Dazu gehören beispielsweise Radfahren, Schwimmen und Laufen. Übergewichtige Menschen müssen darauf achten, ihre Gelenke nicht zu sehr zu beanspruchen. "Tai Chi kann deshalb besonders geeignet sein, da die Bewegungen sehr langsam und gelenkschonend ausgeführt werden", so Bertram. (ag)
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Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
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