Kinderzähne durch Mineralmangel bedroht
21.04.2014
Bei vielen Kindern führt eine spezielle Form der Schmelzbildungsstörung zu Schmerzempfindlichkeit und Verfärbungen der Zähne. Ursache dafür ist die vielen Menschen unbekannte Krankheit Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH). Bei dieser Erkrankung sind in den Zähnen weniger Mineralien enthalten.
Erkrankung tritt vor allem in den hinteren Backenzähnen auf
Bei vielen Kindern sind die Zähne bereits verfärbt sowie stark hitze- und kälteempfindlich, obwohl sie gerade erst durchgebrochen sind. Zahlreiche Kinder, die gerade erst ihre zweiten Zähne bekommen haben und bei denen das Zahnwachstum oft noch nicht weit fortgeschritten ist, leiden schon unter der sogenannten Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH). „Das ist eine spezielle Form der Schmelzbildungsstörung“, erklärte die Zahnärztin Ruth Santamaria von der Kinderzahnheilkunde des Greifswalder Universitätsklinikums laut Presseberichten. Wie der Name bereits verrät, tritt die Erkrankung vor allem an den Molaren, den hinteren Backenzähnen auf. Doch auch Schneidezähne (Incisivi) können betroffen sein.
In den betroffenen Zähnen sind weniger Mineralien vorhanden
Wie der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Professor Dietmar Oesterreich erklärte, seien in Zähnen mit MIH weniger Mineralien vorhanden als in gesunden Zähnen. So seien die Kalzium- und Phosphatkonzentrationen geringer und es erscheinen Porositäten. Dadurch entstehe auch Karies sehr viel schneller und Zahnschmerzen bleiben nicht lange aus. Auch wenn heutzutage eine MIH schnell diagnostiziert ist, wenn die betroffenen Backenzähne bei Grundschulkindern durchbrechen, war dies vor wenigen Jahren noch anders, da es die Diagnose MIH bis vor kurzem in dieser Form noch nicht gab. Das Phänomen wurde erst im Jahr 2001 unter dem Begriff Molar Incisor Hypomineralization (bedeutet soviel wie: Mineralmangel der Backen- und Schneidezähne) gebündelt, wie Verena Knapp und Silke Marie Nies in der Fachzeitschrift „Zahnmedizin up2date“ schreiben.
Rund zehn Prozent der Kinder leiden an MIH
Wie Oesterreich meint, ist die Mundgesundheit bei Kindern und Jugendlichen heute sehr gut. Dies sei vor Jahren noch anders gewesen und daher war es für Zahnärzte schwer festzustellen, ob der Zahn schon zuvor porös war oder ob es sich um normale Karies handelte. Santamaria zufolge leiden etwa zehn Prozent der Kinder an MIH. Die Hälfte von ihnen an der schweren Form, die mit deutlichen Überempfindlichkeiten oder Substanzverlust der Zähne einhergehe. Bei Erwachsenen fällt eine Einschätzung über die Verbreitung schwerer, da die betroffenen Zähne wahrscheinlich schon restauriert wurden, falls eine MIH vorgelegen hatte. In diesem Fall ist eine Diagnose nicht mehr möglich. Es sei auch schwer einzuschätzen, ob MIH zunimmt, da sich die Wissenschaft in den vergangenen Jahren zunehmend mit dem Phänomen beschäftigt hat. Auch wenn es den Anschein mache, stellt Oesterreich sich doch die Frage, ob es sich dabei um eine relative oder absolute Zunahme handelt.
Ursache der Erkrankung bleibt unklar
Es scheint also nicht möglich, zu klären, ob es tatsächlich immer mehr Fälle gibt oder ob heute einfach die Diagnose besser möglich ist. Fakt sei aber, dass durch die regelmäßige Vorsorge heutzutage stärker differenziert werden könne, ob die Zähne porös sind oder ob ein ursprünglich gesunder Zahn eine Karies entwickelt hat. Unklar bleibt jedoch, warum MIH entsteht und auch Oesterreich meint: „Hinsichtlich der Ursache weiß man wenig.“ Diskutiert werden in diesem Zusammenhang beispielsweise Probleme während der Schwangerschaft, die den Prozess der Zahnentwicklung stören oder auch ein Sauerstoffmangel bei oder nach der Geburt. Zudem stünden laut Oesterreich auch Ereignisse im Kleinkindalter im Verdacht, wie etwa Infektionen mit Fieber, die Einnahme von Antibiotika und Erkrankungen der Luftwege sowie Dioxin in der Muttermilch. Möglicherweise ist es ein Mix aus unterschiedlichen Faktoren, der die MIH verursacht.
Vorbeugung bleibt schwierig
Wie Santamaria erläuterte, bleibe die Vorbeugung schwierig, solange die Ursache nicht eindeutig feststehe. Ärzte wenden für die Behandlung unterschiedliche Methoden an. So werden Santamaria zufolge die Zähne normalerweise versiegelt, wenn die MIH früh entdeckt wird. Wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im vergangenen Jahr mitteilte, kommen die Krankenkassen bei 6- bis 17-Jährigen für die Kosten dieses Schutzes auf. Bei schweren Fällen kämen auch Füllungen und Kronen zum Einsatz. Und bei ganz schweren Fällen müssten die Ärzte entscheiden, ob ein betroffener Zahn langfristig erhaltungswürdig sei, wie Oesterreich erläuterte. Zumindest bei den Backenzähnen lasse sich eine Lücke in der Regel schließen, falls der Zahn gezogen werden müsse. Schwieriger sei dies jedoch bei den Frontzähnen. (sb)
Bild: Bernd Kasper / pixelio.de
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