Millionen Deutsche haben chronische Schmerzen
18.09.2011
Rund ein Fünftel der Deutschen hat chronische Schmerzen. Die Betroffenen suchen sich jedoch oftmals erst deutlich verspätetet professionelle Unterstützung und auch die Ärzte sind laut Aussage der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) oftmals aufgrund mangelnden Wissens und der schlechten Honorarlage kaum dazu in der Lage, die Schmerzpatienten angemessen zu therapieren. Insbesondere bei Kinder findet der DGS zufolge eine „regelrechte Unterversorgung“ statt.
Im Vorfeld des diesjährigen Deutschen Schmerzkongresses in der ersten Oktoberwoche teilte der Neurophysiologe der Medizinischen Fakultät Mannheim an der Universität Heidelberg, Rolf-Detlef Treede, mit, dass zum Beispiel im Anschluss an Operationen Patienten deutlich zu selten nach möglichen Schmerzen befragt werden. Außerdem würden die Betroffenen von sich aus häufig erst bei sehr starken Schmerzen die Ärzte auf ihre Beschwerden aufmerksam machen. Dabei könne den Patienten mit Hilfe einer Schmerztherapie oftmals geholfen und der Heilungsverlauf deutlich verbessert werden, erklärte Treede.
Zu wenig Schmerzmediziner verfügbar?
Auf dem von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) organisierten Deutschen Schmerzkongress vom 05. bis zum 08. Oktober werden sich rund 2.500 Experten intensiv mit den verschiedenen Formen chronischer Schmerzen und den bestehenden Behandlungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Wie Rolf-Detlef Treede gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“ berichtete, leiden derzeit ungefähr 17 Prozent der Deutschen unter chronischen Schmerzen. Dabei seien Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Knieschmerzen sowie Nacken- und Schulterschmerzen die verbreitetsten Formen. Ein Viertel der Betroffenen habe so starke Schmerzen, dass therapeutische Maßnahmen erforderlich werden, betonte der Experte. Der Neurophysiologe erklärte weiter, dass noch „zu wenig Spezialisten“ für die Behandlung der Schmerzpatienten zur Verfügung stehen. Um allen Betroffenen eine angemessene Behandlung zukommen zu lassen, seien 80 Prozent mehr Schmerzmediziner erforderlich, als derzeit zur Verfügung stehen, so Treede. Dem Experten zufolge bedarf es neben einer erhöhten Anzahl von Schmerzmedizinern auch einer besseren Zusammenarbeit der verschiedenen medizinischen Fachrichtungen (Multimodalität), um die Patienten von ihren chronischen Schmerzen zu befreien. Daher wird die Multimodalität eines der wesentlichen Themen beim diesjährigen Deutschen Schmerzkongress sein, erläutere Treede.
Zusammenarbeit der verschiedenen medizinischen Fachrichtungen
Wie der Neurophysiologe der Medizinischen Fakultät Mannheim weiter erklärte, sollten Ärzte, Psychologen und Physiotherapeuten bei der Schmerztherapie eng zusammenarbeiten. Denn körperliche und psychisch bedingten Schmerzen können dem Experten zufolge keinesfalls losgelöst voneinander betrachtet werden. So hätten zum Beispiel Rückenschmerzen in der Regel keine eindimensionale, am Röntgenbild ablesbare Ursache, ergänzte der Leiter des Mannheimer Schmerzzentrums, Justus Benrath, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“. Vor der Inanspruchnahme psychologischer Hilfe schrecken viele Betroffene jedoch zurück, aus Angst davor, „in die Psychoecke abgeschoben zu werden“, erläuterte Rolf-Detlef Treede.
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, Gerhard Müller-Schwefe, forderte bereits vor einigen Monaten die Anpassung der Lehrinhalte der Universitäten an die Anforderungen der Schmerztherapie und eine spezielle Facharztausbildung, um dem wachsenden Problem chronischer Schmerzen gerecht zu werden. Auch kritisierte der DGS-Präsident den in Deutschland weit verbreiteten Einsatz von Schmerzmitteln zur Eigentherapie. Die Schmerzpatienten sollten lieber fachärztliche Unterstützung in Anspruch nehmen, statt immer häufiger Schmerzmitteln zu schlucken und sich so weiteren gesundheitlichen Risiken aussetzen, betonte Müller-Schwefe Anfang Mai.
In der Naturheilkunde bestehen zahlreiche unterschiedliche Ansätze zur Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen, wie zum Beispiel Akupunktur, Biofeedback, homöopathische Verfahren, Magnetfeldtherapien, Neuraltherapien oder auch Entgiftungen und Entsäuerungtherapien. Darüber hinaus werden zum Beispiel spezielle Entspannungsmethoden bei der naturheilkundlichen Behandlung chronischer Schmerzen eingesetzt. (fp)
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Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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