Vergiftungsgefahr durch Waschmittel auch für Ältere
28.04.2014
Reinigungsmittel, die fruchtig nach Zitrone oder Beeren duften und in bunten, poppigen Flaschen verkauft werden, können eine Gefahr darstellen. Längst sind es nicht mehr nur Kleinkinder, sondern auch immer mehr ältere Menschen vergiften sich durch Haushaltsmittel. Besonders problematisch sind auch Waschmittel die im Bonbon-Look angeboten werden.
Immer mehr Ältere vergiften sich durch Haushaltsmittel
Viele Reinigungsmittel werden heutzutage in bunten, poppigen Flaschen verkauft und duften fruchtig nach Zitronen oder Beeren. Nach Expertenansicht stellen sie nicht mehr nur für Kleinkinder eine Gefahr dar, sondern auch immer mehr ältere Menschen vergiften sich durch Haushaltsmittel. „Im hohen Alter, bei bestimmten Erkrankungen und beginnender Demenz leidet der Geschmackssinn“, meinen Fachleute des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), wo seit 50 Jahren die Nationale Kommission zur Bewertung von Vergiftungen angesiedelt ist. Deshalb will man dort nun die Prävention auch auf Alte ausweiten. Laut der Nachrichtenagentur dpa erläuterte BfR-Kommissionsgeschäftsführer Axel Hahn: „Weil viele alte oder demente Menschen weniger schmecken, trinken sie auch größere Mengen der Substanz. Und wenn sie Symptome entwickeln, ist oft niemand da, der Hilfe holt – ganz anders als bei Kleinkindern.“
Waschmittel-Kapseln die wie Riesenbonbons wirken
In diesen Fällen helfen auch Bitterstoffe, wie sie einigen fruchtigen oder blumig duftenden Reinigungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln bereits zugesetzt werden, wenig. „Die Bitterstoffe haben nicht den durchschlagenden Schutzeffekt, den wir uns von ihnen erhofft hatten“, so Hahn. Denn auch kleine Kinder würden eklig Bitteres nicht unbedingt ausspucken, sondern es manchmal reflexartig schnell herunter schlucken. Besorgniserregend sind für die Experten in der BfR-Kommission und den neun Giftinformationszentren in Deutschland derzeit zudem die neuen Gel-Waschmittel in Einzelportionen mit wasserlöslicher Folie. Diese Gel Caps genannte Kapseln sind in der Regel bunt und glänzend verpackt und wirken mit weicher, glatter Oberfläche appetitlich wie Riesenbonbons.„Doch die Caps enthalten im Vergleich zu anderen Waschmitteln deutlich höhere Konzentrationen an Tensiden“, erläuterte Hahn. Also ist das Gesundheitsrisiko beim Verschlucken wesentlich größer.
Erste Hersteller haben auf Kritik reagiert
In Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Italien, wo die Gel Caps schon länger auf dem Markt sind, steigt die Zahl der Anfragen an die Giftzentralen seitdem stetig an. Doch auch in Deutschland sind bereits zahlreiche Fälle dokumentiert. So sagte Michael Deters vom Giftinformationszentrum in Erfurt, das für Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zuständig ist: „Wir haben vermehrte Anfragen zu diesen Waschmitteln.“ Bereits 70 Fälle wurden dort seit 2013 gemeldet. Erste Hersteller haben allerdings bereits auf die Kritik reagiert und Produktfarben sowie Verschlüsse verändert. „Wir könnten solche Trends noch viel schneller erkennen, wenn wir endlich ein nationales Vergiftungsmonitoring hätten“, meint Hahn. Da Geld für Personal fehle, würden Vergiftungsfälle in Deutschland bisher nicht systematisch erfasst und ausgewertet werden. Die einzelnen Giftinfozentralen liefern deshalb nur auf Nachfrage ans BfR zu. „Ein zentrales Register wäre sinnvoll, denn sonst stellt sich immer die Frage, ob eine Häufung nur ein regionales Problem ist“, meint auch Deters.
Vergiftungsgefahren durch Pflanzen
Derzeit wachsen mögliche Gefahren jedoch besonders draußen, in der Natur. Der Experte rechnet in den kommenden Wochen vor allem wieder mit Anfragen zu den Frühjahrsblühern. Beispielsweise wird etwa leckerer Bärlauch mit giftigen Herbstzeitlosen oder Maiglöckchen verwechselt. „Zum Glück stellen wir im Laufe der Jahre jedoch fest, dass viele Pflanzen gar nicht so giftig sind, wie wir dachten. Es geht also in Zukunft vor allem darum, unnötige Übertherapie zu vermeiden. Denn in den meisten Fällen kann man sich entspannen“, erklärte Hahn. Im kommenden Jahr soll eine neue Klassifizierung der Giftigkeit von Pflanzen erscheinen. Deren Ergebnisse fließen auch in die Gift-Info-App des BfR ein, die seit Sommer 2013 via Smartphone Hilfe bietet. Unter anderem liefert sie Informationen zu Vergiftungssymptomen sowie zur Soforthilfe und gibt darüber hinausTipps, wie Vergiftungsunfälle von vornherein vermieden werden können.
Vor allem Anfragen wegen Kleinkindern
An dritter Stelle der Anfragen zu möglichen Arzneimittelvergiftungen bei Kindern stehen bei den Giftinformationszentren übrigens Probleme, weil die Kleinen Mamas Pille geschluckt haben. Die Fachleute würden darauf jedoch beruhigend antworten können, dass bis zu einer Monatspackung kein Handlungsbedarf bestehe. Auch beim Berliner Giftnotruf nehmen Anfragen zu. Der Beratungsbedarf steige dort ständig an. Bei zwei Dritteln der Anrufe gehe es um Kleinkinder. Häufig hätten diese versehentlich Haushaltschemikalien, wie etwa Spülmittel getrunken. An zweiter Stelle stehen beim „Giftnotruf Berlin“ an der Charité Anrufe, weil Kinder Medikamente schluckten. (sb)
Bild: Erich Werner / pixelio.de
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