Säureblocker verursachen möglicherweise Vitaminmangel
11.12.2013
Medikamente wie Omeprazol und Pantoprazol werden verschrieben, um beispielsweise Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren vorzubeugen oder die Refluxkrankheit zu behandeln. Dabei sollen die so genannten „Protonenpumpenhemmer“ (oder auch „Säureblocker“) den Magen eigentlich schützen, indem die Bildung von Magensäure unterdrückt wird. Offenbar gibt es aber auch eine Kehrseite der Medaille, denn Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass die Arzneistoffe einen Vitamin B12-Mangel verursachen und dadurch möglicherweise sogar zu Psychosen und Demenz führen könnten.
Einsatz bei Magengeschwüren oder Sodbrennen
Ob Omeprazol, Pantoprazol oder Lansoprazol: So genannte „Protonenpumpenhemmer“ gehören weltweit zu den umsatzstärksten Medikamenten und werden zur Behandlung bzw. Prophylaxe von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren oder bei Sodbrennen eingesetzt. Die Arzneien gelten dabei eigentlich als „Magenschützer“, da sie dafür sorgen, dass ein bestimmtes Enzym in den Belegzellen des Magens (Protonen-Kalium-Pumpe) gehemmt wird und dadurch die Bildung von Magensäure unterdrückt wird.
Konzentrationsstörungen und Blutarmut durch Vitamin-B12-Mangel
Nun haben US-amerikanische Wissenschaftler jedoch herausgefunden, dass die Medikamente auf lange Sicht gesehen möglicherweise mehr Schaden anrichten als das sie helfen. Denn werden diese über einen längeren Zeitraum eingenommen, können sie offenbar zu einem Mangel an Vitamin-B12 führen, der sich unter anderem in Konzentrationsstörungen, Blutarmut und starker Erschöpfung äußert, zudem gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Demenzerkrankungen und Psychosen.
US-Forscher untersuchen Ursachen für Vitamin-Mangel
Das Forscherteam um Jameson Lam und Douglas Corley von der „Kaiser Permanente Division of Research“ in Oakland hatte in einer aktuellen Studie untersucht, wodurch ein Mangel an Vitamin-B12 ausgelöst werden könne – welches sich in erster Linie in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern oder Milchprodukten befindet und unter anderem am Abbau von Fettsäuren und an der Blutbildung beteiligt ist. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass zwölf Prozent der mehr als 25.000 Patienten, deren Vitamin-B12-Spiegel zu niedrig war, regelmäßig „Magenschützer“ nahmen – dabei war zu erkennen, dass das Risiko für einen Vitamin-Mangel umso höher war, je mehr die Patienten von dem Arzneistoff einnahmen: „Wer die Mittel länger als zwei Jahre einnahm, erhöhte sein Risiko für Vitamin-B12-Mangel um 65 Prozent", so Douglas Corley in dem Report zur Studie im „Journal of the American Medical Association“(JAMA).
Verschreibungs-Boom bei Protonenpumpenhemmern
Bei den Patienten, die Antihistaminika (auch Histamin-Rezeptorblocker) wie Ranitidin, Famotidin oder Cimetidin zur Behandlung von Allergien oder Magenschleimhautentzündung einnahmen, zeigte sich hingegen ein geringeres Risiko für einen Vitamin B12-Mangel. Doch im Vergleich zu den Protonenpumpenhemmern ist der Anteil dieser Magenmedikamente gering und geht zudem seit Jahren zurück. Die Protonenpumpenhemmer hingegen erfahren einen regelrechten Verschreibungs-Boom, was von den US-Forschern mit Skepsis betrachtet wird: „Zwar nimmt die Refluxkrankheit in den Industrienationen zu, aber sicher nicht um das Vierfache in den letzten zehn Jahren, um diesen kontinuierlichen Anstieg der Verordnung zu erklären."
Verschreibung der Arzneien sollte bei jedem Patienten genau geprüft werden
„Der Einsatz früherer und aktueller Magensäure-Hemmer konnte signifikant mit dem Vorhandensein eines Vitamin B12-Mangel in Verbindung gebracht werden. Diese Erkenntnisse sollten bei der Abwägung der Risiken und Vorteile der Verwendung dieser Medikamente berücksichtigt werden“, so die Empfehlung der Autoren.
So sei die Einnahme von Omeprazol, Pantoprazol und ähnlichen Arzneien zwar in manchen Fällen durchaus hilfreich – doch in Hinblick auf die möglichen Begleiterscheinungen sollte bei jedem einzelnen Patienten genau geschaut werden und nicht automatisch bei jedem Sodbrennen, saurem Aufstoßen oder anderen Krankheitsbildern verschrieben werden.
3 Milliarden Tagesdosen im Jahr
Alleine in Deutschland seien laut dem Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) im Jahr 2012 knapp 3 Milliarden Tagesdosen dieser Mittel verzeichnet worden. „Die Verordnungen von Protonenpumpeninhibitoren haben sich in den letzten 10 Jahren um das Vierfache erhöht. […] Vermutlich werden Protonenpumpeninhibitoren in Ermangelung anderer therapeutischer Konzepte auch bei dem sehr häufigen Reizmagensyndrom eingesetzt, obgleich für diese Indikation die wissenschaftliche Evidenz nahezu fehlt“, so Joachim Rössner im Arzneiverordnungs-Report 2013. (nr)
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