Erkrankungswelle in Warstein: Legionellen sind überall in unserem Wasser
14.09.2013
In den vergangenen Wochen hatten sich zahlreiche Personen im Raum Soest mit Legionellen infiziert. Mindestens zwei von ihnen starben. Legionellen sind zwar weit verbreitet, aber nur in großen Mengen werden die Bakterien gefährlich.
Zwei Todesfälle
Seit dem 10. August hatten sich in Warstein 165 Personen mit Legionellen infiziert und wurden behandelt. Zwei von ihnen mussten auf der Intensivstation versorgt werden und zwei Männer sind an den Erkrankungen gestorben. Bei einem weiteren Todesfall wird Legionellose als Grund vermutet. Für den Kreis Soest wurde Ende des letzten Monats eine Reisewarnung ausgesprochen, die noch bis zum 16. September gilt. Aus dem Krisenstab hieß es, die Schutzmaßnahmen seien noch nicht abgeschlossen.
Kühlanlagen als Legionellenquellen
Da die Bakterien über feine Wassertröpfchen in der Luft übertragen werden, stehen Klima- und Kühlanlagen oft im Mittelpunkt der Suche, da sie typische Legionellenquellen darstellen. Seuchenschützer würden dort in 80 bis 90 Prozent der Fälle fündig werden. Auch Springbrunnen oder Rasensprenkler seien mögliche Quellen. In Warstein wurde nach den aufgetretenen Erkrankungen eine Meldepflicht für Kühlanlagen verhängt und Ende August wurde tatsächlich eine Kühlanlage positiv auf Legionellen getestet.
Deutsche Trinkwasserverordnung
Bei Legionellen handelt es sich um Bakterien, die im Wasser leben und beinahe überall in unserer Umwelt vorkommen. In niedrigen Konzentrationen ist dies für den Menschen nicht gefährlich. In der deutschen Trinkwasserverordnung ist ein Wert von 100 kolonienbildenden Einheiten pro 100 Milliliter Wasser als Grenze festgeschrieben. Bei Überschreitung dieses Wertes muss die betroffene Anlage untersucht und Proben entnommen werden.
Legionellenfund in Warsteiner Brauerei
Im Kreis Soest wurden bislang mehrere Legionellenherde gefunden. Zum einen gab es positive Proben aus einer örtlichen Kühlanlage und zum anderen den Legionellenfund in der Warsteiner Brauerei. Auch der Abwasserzulauf der Brauerei zur Kläranlage Warstein sei belastet gewesen, hieß es von einem Sprecher des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums. Betroffen seien örtliche Klärwerke und der kleine Fluss Wester, bei dem die Werte sogar um das Tausendfache überschritten worden seien. An all diesen Stellen sei der gleiche Stamm der Bakterien gefunden worden, wie der, der auch bei den Patienten im Warsteiner Krankenhaus entdeckt wurde. „Die Kette zwischen Klärwerk, Brauerei, Kühlanlage und Fluss kann aber noch weitergehen. Was die ursprüngliche Quelle ist, ist weiter unklar“, so ein Umweltbundesamtssprecher.
Jährlich 3.000 Todesfälle
Da die mikrobiologische Verbreitung kompliziert und schwer zu berechnen sei, ist auch die Rückverfolgung des Ausbreitungsweges der Bakterien schwierig. Bei einem positiven Legionellenfund bleibt unklar, ob damit die Quelle gefunden wurde oder nur ein Glied einer Kette, die sich weiterhin fortsetzt. Deshalb sei auch in Warstein nicht klar, ob die Brauerei die Quelle ist oder ob die Kläranlage möglicherweise über die Luft verunreinigt wurde. Der Sprecher des Bundesumweltamtes sagte, dass ein weiteres Problem sei, dass niemand wisse, wo die klassischen Ansteckungsherde stünden. Ein Ortsverzeichnis, in dem Gemeinden alle Verdunstungskühlanlagen auflisten, sei daher sinnvoll. Dadurch würde auch die Suche nach Legionellen beschleunigt und Krankheitsfälle könnten reduziert werden. Schätzungen gehen von jährlich rund 3.000 Todesfällen nach einer Legionelleninfektion in Deutschland aus.
Bier nicht gesundheitsschädlich
In Warstein stehe das Rückkühlwerk der Brauerei weiter unter Beobachtung der Behörden. Das Landesumweltministerium hat außerdem einige spezielle Auflagen verhängt, wie, dass die Klärbecken abgedeckt sein müssen und die betroffenen Bereiche mit chlorhaltigen Substanzen oder UV-Licht desinfiziert werden. Es geht dabei nur um das Abwassersystem, die Bierproduktion betrifft dies nicht. Das Landesumweltministerium betont, dass das Bier nicht gesundheitsschädlich ist. Der Brauprozess wurde überprüft und es wurde keine Legionellen-Belastung festgestellt.
Legionellen mögen kälteres Wasser nicht
Noch sei unklar, wie die Keime in den Betrieb kamen. Neben den eingeleiteten Maßnahmen werde nun der Legionellenbefall im Fluss auch durch herbstlichere Temperaturen positiv beeinflusst. So meinte der Sprecher des Umweltbundesamtes: „Das Wasser ist jetzt viel kälter als im August, das mögen die Legionellen nicht.“ Allerdings hat das Land Nordrhein-Westfalen trotzdem verboten, Wasser aus der Wester zu entnehmen.
Keine Ansteckung von Mensch zu Mensch
Ungeklärt sei auch noch, wie sich die Erkrankten infizierten. Die Patienten würden sich untereinander nicht kennen und eine Ansteckung von Mensch zu Mensch sei bei Legionellen ohnehin auszuschließen. Es werden Vermutungen angestellt, wie etwa, dass die Erkrankten vorher Wasserdampf in der Nähe der betroffenen Kühlanlage einatmeten, als sie daran vorbeiliefen. Bei infizierten Personen zeigen sich eher unspezifische Symptome, die nicht eindeutig der Krankheit zugeordnet werden können. Zu Beginn tritt bei den meisten Patienten Fieber und Schüttelfrost auf – oft relativ plötzlich. Hinzu kommen Muskelschmerzen, überwiegend im Brustbereich, sowie Reizhusten. Im weiteren Verlauf können Atemnot, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall sowie vereinzelte neurologischen Ausfallerscheinungen beobachtet werden.
Immer Legionllen im Wasser
In unserem Wasser sind immer Legionellen. Dies ist nicht weiter problematisch, solange die Bakterien nicht geeignete Bedingungen, wie etwa warme Temperaturen, vorfinden, um sich zu vermehren. In Deutschland gibt es verschiedene Vorschriften, um Legionellenbefall zu verhindern. So müssen Wasserspeicher, die mehr als 400 Liter fassen, am Speicherausgang Temperaturen von mindestens 60 Grad Celsius haben, denn erst dann werden die Legionellen im Wasser zuverlässig abgetötet. Und damit sich die Bakterien nicht mehr weitervermehren, sollten im Rest des Leitungssystems mindestens 55 Grad Celsius vorherrschen. Die Betreiber solcher großer Anlagen sind durch die Trinkwasserverordnung dazu verpflichtet, alle drei Jahre Wasserproben auf Legionellen zu überprüfen und bei Auffälligkeiten müssen die Mieter informiert werden.
Keine Angst vor Warsteiner Trinkwasser
Die Einwohner von Warstein müssen keine Angst vor ihrem Trinkwasser haben; es ist nicht von dem Befall betroffen. Alle bislang bekannten Herde werden überwacht. Auch von Lebensmitteln gehe keine Gefahr aus, alles könnte unbedenklich gegessen werden, da sich Legionellen darüber nicht verbreiten. Außerdem komme es im Wasserkreislauf von Ein- und Zweifamilienhäusern generell selten zu einem Befall mit diesen Keimen. Größere Anlagen mit längeren Leitungen und größeren Mengen Wasser im System seien eher gefährdet. Die Standards, die für die größeren Anlagen gelten, sollten auch im privaten Bereich eingehalten werden, etwa indem man den Warmwasserboiler auf 60 bis 80 Grad Celsius einstellt. (ad)
Bild: Sebastian Karkus / pixelio.de
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