Wie viel Wasser pro Tag ist wirklich gesund?
In allen Ratgebern, im Internet und in Zeitschriften ist immer wieder der Hinweis zu lesen, dass wir alle viel mehr Trinken sollten. Viel trinken fördere die Gesundheit, ist eines der Hauptargumente. Doch wie viel sollten wir nun wirklich trinken? Und was entscheidet darüber, wann wir trinken? Ist das ständige Nippen ein Ausweg? Oder sollten wir einfach auf unser Durstgefühl vertrauen? Dieser Artikel gibt ein paar Antworten durch Experten.
Wie viel Wasser benötigt der menschliche Körper?
Durch Transpiration und Stoffwechselvorgänge scheidet der Mensch täglich etwa 2,5 Liter Wasser aus, das über die Flüssigkeitsaufnahme durch Essen und Trinken wieder ausgeglichen werden muss. Etwa 1,5 Liter sollte ein Erwachsener am Tag trinken. Die restliche Flüssigkeit wird mit der Nahrung aufgenommen.
Der Flüssigkeitshaus spielt im menschlichen Körper eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt weil der Körper zu etwa 60 Prozent aus Wasser besteht, das Gehirn sogar zu 80 Prozent. „Im Körper wird das Wasser als Lösungs-, Transport- und Ausscheidungsmittel gebraucht”, erläutert Susann-Cathérine Ruprecht, Sprecherin des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam. Trinkt der Mensch zu wenig, kommt der Flüssigkeitshaushalt ins Ungleichgewicht und bestimmte Vorgänge, wie beispielsweise die Versorgung mit Natrium, werden in ihren Abläufen gestört. „Ab etwa drei Prozent Flüssigkeitsverlust ist die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt”, berichtet Ruprecht.
Es können Beschwerden wie Mundtrockenheit und dickflüssiger Speichel, Appetitlosigkeit, Verstopfung, Müdigkeit sowie Abgeschlagenheit auftreten. Verwirrtheit und geistige Ausfallerscheinungen können ebenfalls die Folge sein.
Wer zu wenig trinkt, scheidet zudem weniger Urin als üblich aus. Außerdem ist dieser dunkler gefärbt. Ein gesunder Mensch sollte etwa einen halben Liter Urin am Tag ausscheiden. Um festzustellen, ob der Köper mit ausreichend Flüssigkeit versorgt ist, kann eine Hautfalte am Arm leicht hochgezogen werden. Bleibt sie nach dem Loslassen kurzzeitig stehen, ist das ein Hinweis auf Flüssigkeitsmangel. Bei ausreichender Flüssigkeitsversorgung würde sie sich sofort wieder verstreichen.
Durstgefühl sollte über Trinkverhalten entscheiden
„Wenn der Körper ein halbes Prozent Wasser verloren hat, meldet sich unser Durstgefühl”, sagt Ruprecht. Das Durstgefühl sollte nicht ignoriert sondern in jedem Fall gestillt werden. Ein Glas Wasser reicht häufig bereits aus. Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn weist darauf hin, dass es am Wichtigsten ist, „dass die meisten Getränke energiearm sind”. Dementsprechend sollten sie nur wenig oder besser keinen Zucker enthalten. Gut geeignet ist vor allem Mineralwasser, aber auch ungesüßte Tees und verdünnte Fruchtsäfte werden von Experten empfohlen.
Entzieht Kaffee dem Körper Flüssigkeit?
Entgegen anders lautender Gerüchte ist das Trinken von koffeinhaltigem Kaffee und Tee für gesunde Menschen nicht ungesund, solange die das Koffein gut vertragen wird. Weder Kaffee noch Tee entziehen dem Körper Wasser.
Weniger geeignet sind gezuckerte Limonaden als Durstlöscher, da sie sehr kalorienreich sind. Ähnliches gilt im Übrigen für Fruchtsäfte, die nicht nur reichlich Vitamine sondern auch Kalorien beinhalten. Mit Wasser gemischt sind Fruchtsäfte als Schorle in Maßen aber gut geeignet, um den Durst zu stillen. Bei Milch ist Zurückhaltung geboten, denn ein Glas Milch entspricht einer kleinen Mahlzeit. Auch Alkoholische Getränke sind zum Durstlöschen ungeeignet. „Höchstens ein halber Liter Bier für einen männlichen Erwachsenen, das ist gerade noch akzeptabel”, rät Gahl. Für Frauen gilt etwa die Hälfte der Menge.
Über den Tag verteilt gleichmäßig trinken
Die Ernährungswissenschaftlerin empfiehlt, gleichmäßig viel Flüssigkeit über den Tag verteilt aufzunehmen. Wer auf einmal viel trinkt, kann damit kein Flüssigkeitsdepot im Körper anlegen, denn dieser scheidet die Menge, die er nicht verbrauchen kann, wieder aus.
Wer zulange eine Trinkpause einlegt oder nur sehr wenig Flüssigkeit zu sich nimmt, kann den Flüssigkeitsmangel nicht sofort mit einer größeren Menge Wasser kompensieren „Einen großen Flüssigkeitsverlust kann man nicht kurzfristig ausgleichen”, erläutert Ruprecht. Bis der Flüssigkeitshaushalt des Körpers wieder im Gleichgewicht ist, können 24 Sunden vergehen. Der menschliche Darm ist in der Lage, etwa 500 bis 800 Milliliter Wasser stündlich aufzunehmen. Wird mehr Flüssigkeit zugeführt, wird diese einfach wieder ausgeschieden. Demnach entspricht ein Glas Wasser pro Stunde der optimalen Flüssigkeitsmenge.
Dennoch raten Experten von allzu strengen Trinkregeln ab. „Trinken ist ein so essenzieller Mechanismus, dafür braucht man keine Regeln“, sagt Uwe Knop, Autor des Buches „Hunger & Lust”. Nach seiner Meinung braucht ein gesunder Mensch „keinen Trinkwecker oder Ähnliches, man kann einfach nach Gefühl trinken”.
Durstgefühl lässt im Alter nach: Flüssigkeitsbedarf bleibt annähernd gleich
„Im Alter lässt das Durstempfinden oft nach”, berichtet Gahl. „Der Bedarf ist aber eigentlich da.” Dabei ist Flüssigkeitsmangel besonders für ältere Menschen sowie für Säuglinge und Kleinkinder gefährlich. Im Zweifel sollte ärztlichen Rat eingeholt werden. Auch Menschen, die eine Diät machen, sollten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten. Wird die Nahrung reduziert, fehlt dem Körper auch das darin enthaltene Wasser.
Wer viel Sport treibt, hat einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf. Dennoch wird gerade bei körperlicher Anstrengung häufig das Durstgefühl ignoriert. „Dass in Sportsituationen oft zu wenig getrunken wird, ist ein bekanntes Problem”, bestätigt Professor Daniel König vom Institut für Sport und Sportwissenschaften an der Universität Freiburg. Er hält eine strenge Trinkkontrolle aber auch bei Sportlern für unnötig. „Die Empfehlung, Sportler sollten ständig die Farbe ihres Urins beobachten, halte ich für übertrieben.“
Ab einer Dauer von einer Stunde sollte bei körperlicher Anstrengung auf eine angemessene Trinkmenge geachtet werden, rät der Sportmediziner. Beim 20-minütiges Joggen bestehe bei gesunden Menschen noch keine Gefahr zu dehydrieren.
Ein gesundheitliches Risiko geht niemand nimmt ein, der zu viel trinkt. Darin sind sich die Experten einig. „Der Körper kann zehn Liter pro Tag ohne Probleme verarbeiten”, erklärt Gahl. Sehr seltene Todesfälle durch Überwässerung sind König nur von Extremsportveranstaltungen bekannt: „Der Körper verliert dann unter anderem durch das Trinken zu viel Natrium.”
Kinder zum Wassertrinken ermutigen
Kinder vergessen beim Spielen oder in der Schule häufig den Griff zum Wasserglas. Dabei haben Kinder einen besonders hohen Bedarf an Flüssigkeit. Denn je jünger ein Mensch ist, desto höher ist auch sein Wasseranteil im Körper. Die Stiftung Kindergesundheit rät deshalb zu festen Trinkritualen, die dabei helfen können, die Kinder ausreichend und gesund mit Flüssigkeit zu versorgen.
„Durch feststehende Rituale vergessen weder die Kinder noch die Eltern ausreichend zu trinken“, erklärt die Sozialpädagogin Gritli Bertram aus Hannover. „Ein Glas Wasser gleich nach dem Aufstehen könnte beispielsweise ein solches Ritual sein.“
Während den Kindern früher das Trinken während der Mahlzeiten verboten wurde, um einem frühzeitigen Sättigungsgefühl entgegenzuwirken, ist es heute üblich, ein Glas Wasser zum Essen zu reichen. „Ein Glas Apfelschorle zu jeder Mahlzeit kommt bei Kindern in der Regel gut an. Die Eltern müssen die Kinder dann häufig nicht einmal zum Trinken ermutigen“, berichtet die Sozialpädagogin. (sb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.