Kein Grund zur Panik vor Zecken: Geringes Übertragungsrisiko
15.04.2012
In diesem Jahr hat die Zeckensaison früher begonnen, als in den Jahren zuvor. Die Zecken, die zu den Spinnentieren gehören, sind verantwortlich für eine Reihe schwerwiegender Infektionskrankheiten. Kein anderes Tier überträgt derart viele Erkrankungen wie beispielsweise die Frühsommer-Gehirnhautentzündung (FSME) oder Lyme-Borreliose. Ein Grund zur Panik besteht dennoch nicht: Wer sich gut schützt, reduziert das Risiko vor einem Zeckenbiss deutlich.
Zecken verursachen bei vielen Deutschen große Angst: sie lassen sich von Bäumen hinunter fallen, um immer böse Krankheiten zu übertragen, so die gängige Meinung. Ein paar Mythen sind jedoch falsch: Zecken stecken eher im Gestrüpp und lassen sich beim Vorbeigehen mitschleifen. Die wenigsten tragen tatsächlich einen Erreger in sich und übertragen die Borreliose. Dennoch sind einige Vorsichtsmaßnahmen sinnvoll, um sich vor Infekten zu schützen.
Zecken im Zweifel vom Arzt entfernen lassen
Ronald (8) aus Winsen spielte den ganzen Tag im Freien. Die Sonne schien und die Kinder tobten wild herum. „Beim abendlichen Duschen bemerkte ich die Zecken an der Haut meines Sohnes. Das Tier hatte sich festgebissen, aber noch nicht sehr vollgesogen“, berichtet Ronalds Mutter. „Wir hatten große Angst, dass der Zeckenbiss eine Hirnhautentzündung oder Borreliose verursacht“. Da die Eltern wussten, dass beim Herausziehen viel falsch gemacht werden kann, sind sie lieber in die nächste Ambulanz gefahren. Dort wurde die Zecken mit einer speziellen Zange entfernt. „Der diensthabende Kinderarzt konnte uns beruhigen“, berichtet Frau Neumann. Zwar bestehe das Risiko einer Übertragungskrankheit, doch nur die wenigsten Zecken infizieren tatsächlich den Menschen. „Das Risiko besteht 1:100“, berichtet Klaus Ernst, Mediziner aus Hannover. Denn nach neusten Untersuchungen überträgt nur jede einhundertste Zecke eine Borreliose. Die Saison hat für die winzig kleinen Blutsauger hat in diesem Jahr früh angefangen.„Ich hatte schon einige Patienten mit Zeckenbiss in meiner Praxis“, berichtet der Internist Dr. Kurt Reising, Sprecher des Ärztlichen Kreisverbandes.
Nur einer von 100 Zeckenbissen überträgt Borreliose
Zwar besteht die Möglichkeit, dass Zecken eine Krankheit übertragen, erläutert die auch Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) in Köln, aber die meisten Zeckenstiche sind bis auf die kleine Wundstelle eher harmlos. Kurz Zeit nach dem Befall entwickelt um die Stichstelle herum eine rote Hautstelle, die anfängt zu jucken. Das ist ein Warnsystem des Körpers, um darauf hinzuweisen, dass ein Fremdkörper in der Haut steckt. Die Zecke sollte umgehend fachmännisch entfernt werden. Am Besten „eignen sich hierzu spezielle Zeckenzangen, die es auch in Apotheken zu kaufen gibt.“ Wer sich unsicher ist, geht lieber zum Hausarzt oder in am Wochenende in die nächstgelegene Klinik. Erst wenn sich einige Tage oder Wochen später um die betroffene Hautstelle ein roter Hautfleck entwickelt, kann dieses Symptom auf eine Borreliose hinweisen. In diesem Fall sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden, der dann weitere Untersuchungen und Therapien in die Wege leitet.
Laut einiger Auswertungen erkrankt nur eine von 100 Gestochenen an der gefährlichen Borreliose. Sieben der sechzehn Bundesländer in Deutschland haben eine Meldepflicht für die Krankheit eingeführt. Die Gesundheitsbehörden der meldepflichtigen Länder berichten von rund 8000 Patienten im Jahre 2011. Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) tritt noch seltener auf. Im gesamten Bundesgebiet wurden gerade einmal 400 Patienten im letzten Jahr gemeldet. Die meisten Betroffenen kamen aus Baden-Württemberg und Bayern, die auch als „Hochburgen“ für Zeckenbisse gelten. In zahlreichen Regionen Deutschland tritt die FSME „überhaupt nicht auf“, wie die Stiftung vermeldet.
Die Borreliose wird durch den Bakterienstamm „Borrelia burgdorferi“ ausgelöst. Die Erreger können grundsätzlich alle Organe im menschlichen Körper befallen. Meist werden Nervenschäden oder Gelenkbeschwerden bei den Betroffenen ausgelöst. „Die Übertragung wird meist durch den Holzbock, sehr selten aber auch durch Mücken oder Pferdebremsen ausgelöst“, erläutern Experten. Ärzte berichten, dass im schlimmsten Falle Lähmungen und bleibende Nervenleiden zurückbleiben können. Viele Patienten berichten auch von Herzbeschwerden wie Herzrasen und Thoraxschmerzen, die meist durch Gefäßentzündungen hervorgerufen werden.
Schnelltest muss nicht unbedingt sein
Manche Mediziner und Veterinäre bieten sogenannte Schnelltestungen an. Wer die Zecke nach einem Biss in die Arztpraxis bringt, kann in gut einer Viertelstunde erfahren, ob das Tier ein Überträger der Borreliose ist. So kann schnell in Erfahrung gebracht werden, ob Mensch oder Haustier infiziert wurde, preisen die Hersteller an. Dr. Kurt Reising, Ärztesprecher des Kreisverbandes Augsburg hält von solchen Schnelltesten eher wenig. Besser sei, die Einstichstelle nach dem Biss einige Wochen zu beobachten. Bildet sich eine roter, ringförmiger Kreis um die Stelle, sollte der Betroffene zum Arzt gehen. In aller Regel wird dieser dann Antibiotische Arzneien verabreichen.
Die richtige Kleidung ist der beste Schutz vor Zecken
Damit es erst nicht zum Zeckenbiss kommt, sollte die richtige Kleidung getragen werden. Um der Zecke so wenig wie möglich Hautkontakt zu bieten, sollten insbesondere Kinder im Freien lange Ärmel und Hosenbeine mit geschlossenen Bünden tragen. Zudem eignet sich festes Schuhwerk, das ebenfalls geschlossen ist.
Heilpraktikerin Susanne Schlagfeld rät darüber hinaus Lotionen, die Zecken eher abschrecken. Diese meist ätherischen Öle enthalten Anis, Lavendel, Teebaum, Rosmarin oder Citronella. Diese Düfte irritieren die Insekten und bewirken somit eine Vertreibung. „Allerdings sollten die Öle einmal pro Stunde neu aufgetragen werden“, rät die Heilpraktikerin. Ganz hartgesottene können auch eine Knoblauchzehe vor einem Spaziergang im Wald essen. Der Körperschutz durch adäquate Kleidung darf aber nicht fehlen, so Schlagfeld.
Robert-Koch-Institut rät zur Impfung gegen FSME
Das Robert-Koch-Institut (RKI) rät zur Immunisierung durch eine Schutzimpfung. Diese wirkt jedoch nur vor der Frühsommer-Meningitis. Im Ideal sollte der Impfung schon im Winter unternommen werden, um eine Schutzwirkung für die Zecken-Zeit aufzubauen. Dazu sind zwei Injektionen im Abstand von 4 bis 8 Wochen nötig. Der Impfschutz eignet sich jedoch nicht für die Borreliose, da diese durch Bakterien verursacht wird. (sb)
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Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.