Blutdruck zu niedrig
Ein niedriger Blutdruck (medizinisch: arterielle Hypotonie) ist ein sehr häufiges Phänomen und besteht, wenn der obere (systolische) Wert dauerhaft 110 mmHg (bei Männern) bzw. 100 mmHg (bei Frauen) unterschreitet. Ein niedriger Blutdruck kann Kinder und Erwachsene betreffen, sehr häufig wird er bei jungen Frauen gemessen.
Die Hypotonie kann dabei als Symptom einer organischen Erkrankung auftreten (sekundäre Hypertonie) oder ohne erkennbare Ursache bestehen (primäre Hypotonie). Viele Menschen erleben niedrigen Blutdruck kurzfristig als „Schwarzwerden vor den Augen“ nach dem Aufstehen aus sitzender Position. Bei immer wiederkehrendem Auftreten, kann diese Sonderform der Hypotonie als Ausdruck einer Regulationsstörung des Kreislaufsystems verstanden werden.
Inhaltsverzeichnis
Synonyme
Hypotonie, Niedriger Blutdruck; Blutdruck unten, Hypotonus; Hypotension; arterielle Hypotonie; orthostatische Dysregulation, Blutdruck zu niedrig.
Wann besteht niedriger Blutdruck?
Der Blutdruck wird als „niedrig“ eingestuft, wenn er einen bestimmten Messwert unterschreitet. Bei Frauen trifft dies laut dem Deutschen grünen Kreuz e.V. zu, wenn die Blutdruckwerte unter 100 zu 60 Quecksilbersäule (mmHg) liegen. Bei Männern wird medizinisch von Blutniederdruck gesprochen, wenn die Werte unter 110 zu 60 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) sinken.
Hypotonie ist an sich keine Krankheit und in den meisten Fällen unbedenklich. Vielmehr wirkt sich ein geringer Druck in den Blutgefäßen – im Gegensatz zum Bluthochdruck – schonend auf Herz und Kreislauf aus und kann dadurch sogar lebensverlängernd sein. Als Erkrankung wird der niedrige Blutdruck daher normalerweise erst dann eingestuft, wenn typische Beschwerden wie Schwindel oder Müdigkeit auftreten.
Auch wenn meist kein Grund zur Sorge besteht, sollten Betroffene bei auftretenden Symptomen ihren Arzt aufsuchen und die Ursachen von niedrigem Blutdruck dringend überprüfen lassen. Denn dieser kann zum Beispiel auf eine Schilddrüsenunterfunktion oder Herzinsuffizienz hinweisen.
Symptome von Hypotonie
Niedriger Blutdruck kann völlig ohne Beschwerden auftreten und zeigt sich dann lediglich bei einer Blutdruckmessung, etwa im Rahmen eines Arztbesuches. Es gibt aber auch typische Symptome, die immer wieder von Betroffenen beschrieben werden. Diese sind auf die unzureichende Durchblutung peripherer Organe und die häufig bestehende vegetative Dysregulation zurückzuführen.
Es treten Benommenheit, Antriebslosigkeit, chronische Müdigkeit und Schwindelanfälle auf, welche sogar mit plötzlichem Bewusstseinsverlust (Synkopen) einhergehen können. Dabei besteht die Gefahr, sich beim Stürzen zu verletzen.
Weiterhin können Gesichtsblässe, Schweißausbrüche, Augenflimmern, Frösteln, kalte Hände und Füße sowie Ohrensausen bestehen. Die Betroffenen klagen vielfach über verminderte Merkfähigkeit und Konzentrationsstörungen, wirken reizbar, fühlen sich depressiv verstimmt und wenig leistungsfähig.
Weil das Herz versucht, durch verstärktes Pumpen die durch den niedrigen Druck entstandene Versorgungslücke mit Blut zu schließen, kommt es mitunter zu starkem Herzklopfen bzw. Herzrasen, Beklemmungen und Angstgefühlen.
Häufig bleiben Schwindel und Schwarzwerden vor den Augen beim Aufstehen oder nach langem Stehen jedoch die einzigen Beschwerden – insbesondere bei Kindern vor und während der Pubertät. Ein Risikofaktor stellt Hypotonie bei schwangeren Frauen dar, weil sich bei zu niedrigem Blutdruck der Mutter das Wachstum des Kindes verzögern kann. Außerdem steigt bei Hypotonie das Risiko einer Fehlgeburt.
Ursachen für niedrigen Blutdruck
Es kommen verschiedene Ursachen für einen Blutniederdruck in Betracht, oft entsteht er jedoch anlagebedingt ohne erkennbaren Grund. Diese als „primäre Hypotonie“ (auch essenzielle Hypotonie genannt) bezeichnete Form besteht dauerhaft und betrifft besonders häufig Jugendliche und sehr schlanke Personen, vor allem aber junge, schlanke Frauen.
Sekundäre Hypotonie
Die sogenannte sekundäre bzw. symptomatische Hypotonie tritt hingegen als Folge einer bestehenden Erkrankung bzw. Störung auf. Hier kommen beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion, Herz-Kreislaufstörungen, eine Unterfunktion der Nebennierenrinde oder Infektionskrankheiten in Betracht.
Die dauerhafte Einnahme von Medikamenten (z.B. Schlafmittel, Beruhigungsmittel, Antidepressiva und Neuroleptika) kann ebenso ursächlich sein wie falsch eingestellte Blutdrucksenker. Auch beruhigende pflanzliche Wirkstoffe können niedrigen Blutdruck bewirken.
Weitere mögliche Gründe für niedrige Blutdruckwerte sind starke Blutungen (Blutmangel) oder ein Mangel an Flüssigkeit, zum Beispiel durch übermäßiges Schwitzen, unzureichendes Trinken oder infolge von Durchfall oder Erbrechen.
Blutdruckabfall beim Aufstehen – orthostatische Hypotonie
Eine Sonderform ist die sogenannte orthostatische Hypotonie. In diesem Fall besteht der Blutniederdruck nicht dauerhaft, sondern tritt anfallartig auf, wenn die Körperhaltung gewechselt wird (vor allem beim Aufstehen aus Liege- oder Sitzposition). Grund hierfür ist, dass die Regulierung des Blutdrucks beim Aufstehen gestört ist („orthostatische Dysregulation“): Das Blut „versackt“ in den unteren Bereich des Körpers, wodurch das Gehirn kurzzeitig weniger Sauerstoff erhält.
Durch den plötzlichen Abfall des Blutdrucks tritt eine Kreislaufschwäche mit Schwindel, Benommenheit, Herzrasen und Schwarzwerden vor den Augen auf. Weitere typische Symptome sind Gesichtsblässe, Ohrensausen, Müdigkeit, kalter Schweiß und Kopfschmerzen. Im Ernstfall kann es infolge der Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff zu einer kurzen Ohnmacht kommen.
Die orthostatische Hypotonie tritt besonders bei ältere Menschen sowie bei Personen mit ausgeprägten Krampfadern oder mit niedrigem Ausgangsblutdruck auf. Menschen, die an Polyneuropathie im Rahmen eines Diabetes oder Morbus Parkinson leiden, sind häufig auch von orthostatischen Regulationsstörungen betroffen.
Weitere mögliche Ursachen sind unter anderem Medikamente (z.B. gefäßerweiternde Arzneimittel, Betablocker, Beruhigungsmittel), Alkoholkonsum sowie eine erhöhte psychische Belastung bzw. negativer Stress.
Behandlungsmöglichkeiten und Verhaltensmaßnahmen
Behandlungsbedürftig ist ein zu niedriger Blutdruck immer dann, wenn Beschwerden bestehen, die auf eine chronische Durchblutungsstörung wichtiger Organe zurückzuführen sind. Handelt es sich bei der Hypotonie um das Symptom einer bekannten Grunderkrankung, sollte die Therapie dieser Krankheit im Vordergrund stehen.
Naturheilkunde bei niedrigem Blutdruck
Die primären Formen sind in der Regel harmlos und können mit Methoden aus der Naturheilkunde gebessert werden. Medikamente mit blutdrucksteigernden Inhaltsstoffen (z.B. als homöopathische Komplexmittel) sind als Grundtherapie empfehlenswert. Häufig sind Eisenhut (Aconitum), Klapperschlangengift (Crotalus), Besenginster (Spartium scoparium) und weiße Nieswurz (Veratrum album) darin enthalten.
Rosmarin gilt als altes Hausmittel gegen niedrigen Blutdruck. Ihre Wirkung kann die Heilpflanze zum Beispiel in Form eines Badezusatzes oder Tees entfalten.
Heiltee gegen Blutniederdruck
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Für ein blutdrucksteigerndes Bad mischen Sie 15 bis 20 Tropfen ätherisches Rosmarin-Öl mit einem Becher Sahne oder flüssiger Neutralseife und geben das Ganze ins warme Badewasser. Das Verdampfen einiger Tropfen Öl in einer Duftlampe hat ebenfalls eine anregende und belebende Wirkung.
Häufig wird in der Naturheilkunde zur Behandlung von Hypotonie Süßholzwurzel eingesetzt, welche in vielen im Handel erhältlichen (ayurvedischen) Kräutertees enthalten ist. Aus dem Bereich der physikalischen Therapie bzw. Hydrotherapie kommen kalte Anwendungen in Frage, die den venösen Gefäßtonus erhöhen. Das können kalte Duschen, ein Fußbad, Ganzwaschungen oder ansteigende Kneipp-Güsse sein.
In der Homöopathie kommen bei Blutdruckschwankungen bzw. niedrigen Werten unter andrem Kalium carbonicum, Lachesis und Veratrum album zum Einsatz. Ausleitverfahren wie das so genannte Schröpfen haben sich ebenfalls bewährt, um den Blutdruck zu regulieren.
Vorbeugung von Schwindel und Ohnmacht
Es gibt einige nützliche Verhaltenstipps für betroffene Menschen, um Schwindelattacken und Ohnmachtsanfälle zu vermeiden. Nicht selten führen diese Symptome und die damit verbundene Hilflosigkeit nämlich in den Teufelskreis von Angst und Panikattacken.
Ist etwa längeres Stehen nicht zu vermeiden, kann eine Betätigung der Beinmuskulatur hilfreich sein, z.B. durch Wippen und Bewegen der Füße. Achten Sie auf einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus und darauf, immer ausreichend (mindestens zwei Liter am Tag) Wasser (oder auch Tee, Fruchtsaftschorle) zu trinken. Regelmäßiger Ausdauersport (z.B. Schwimmen, Radfahren oder Joggen) regt den Kreislauf an und bewirkt auch langfristig positive Effekte. Auch das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist nützlich, um ein „Versacken“ des Bluts in den Beinen zu verhindern.
Bei drohender Ohnmacht, ist es ratsam, sich hinzusetzen oder im Liegen die Beine hochzulagern. Sind die Beschwerden abgeklungen, ist es wichtig, langsam aufzustehen, ruhig zu atmen und sich zu entspannen. Gehen Sie am besten an die frische Luft und laufen Sie ein Stück, um den Kreislauf anzukurbeln. (jvs, nr)
Fachliche Aufsicht: Barbara Schindewolf-Lensch (Ärztin)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Gerhard Leibold: Niedriger Blutdruck: Hilfe durch bewährte Naturheilverfahren, Oesch, 2006
- Gabriele Steffers, Susanne Credner: Allgemeine Krankheitslehre und Innere Medizin für Physiotherapeuten, Thieme, 2006
- Gerhard Steinbeck (Hrsg.), Gustav Paumgartner (Hrsg.): Therapie innerer Krankheiten, Springer, 1999
- Claudio Bassetti, Marco Mumenthaler: Neurologische Differenzialdiagnostik: Neurologische Symptome und Zeichen richtig bewerten, abklären und einordnen, Thieme, 2012
- Uwe Beise, Silke Heimes, Werner Schwarz: Gesundheits- und Krankheitslehre: Das Lehrbuch für die Pflegeausbildung, Springer, 2009
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.