Schmerzen bei Abduktion des Armes
Bewegungseinschränkungen und Schmerzen beim Armheben sind ein durchaus verbreitetes Beschwerdebild, das viele Menschen bereits früh morgens nach dem Aufstehen plagt. Sie verspüren einen stechenden Schmerz, sobald sie beim Zähneputzen oder beim Anziehen den Arm vom Körper abspreizen. Die Abduktion (Abspreizung) des Oberarms verursacht auch im weiteren Tagesverlauf immer wieder schmerzhafte Beschwerden.
Inhaltsverzeichnis
Ein kurzer Überblick
Hier eine kurze Übersicht über die Symptomatik, die möglichen Ursachen sowie Behandlungsoptionen der Schmerzen, die beim Anheben des Arms entstehen:
- Symptomatik: Bewegungsschmerz beim Armheben, Schmerzrückgang beim Absenken des Arms, ausstrahlende Schmerzen vom Schultergelenk in den Oberarm, Schulterblattschmerzen, Schulterstechen, Bewegungseinschränkungen.
- Mögliche Ursachen: Falsche Atmung, Haltungsfehler, krummer Rücken, eingeklemmter Nerv, einseitiger Muskelaufbau, ausgekugeltes Gelenk, Arthrose, Arthritis, neuralgische Schulteramyotrophie, Impingement-Syndrom.
- Diagnose: Manuelle Untersuchungen, Bewegungstests, bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, Ultraschall, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT).
- Therapie: Massage, Physiotherapie, Schmerzmittel, Bewegungs-, Dehnungs- und Muskelaufbauübungen, in manchen Fällen Operationen.
- Naturheilkundliche Behandlung: Osteopathie, Rolfing, Chiropraktik, Akupunktur, Homöopathie, Schüßler Salze.
Symptome
Die Betroffenen leiden unter einem spontanen Bewegungsschmerz beim Anheben des Armes, der in den meisten Fällen vom Schultergelenk bis in den Oberarm ausstrahlt. In der Regel gehen die Schmerzen mit dem Absenken des Armes wieder zurück, abhängig von den Ursachen können sie unter Umständen jedoch auch für längere Zeit anhalten. Die Schmerzen sind nicht selten mit zunehmenden Bewegungseinschränkungen verbunden, die mitunter im weiteren Verlauf dazu führen, dass die Betroffenen ihren Arm nicht mehr über den Kopf heben können, was erhebliche Einschränkungen im Alltag mit sich bringt.
Falsche Atmung
Menschen, die zum Beispiel aufgrund von Stress oder langjährigem Tabakkonsum, nicht mehr richtig Ausatmen, zeigen eine anhalten Kontraktion des Musculus Pectoralis minor, die auch das Schultergelenk nach vorne zieht und dessen Bewegungsfähigkeit beeinträchtigt. Diese sogenannte Ventralisierung der Schulter ist als möglicher Auslöser für Schmerzen beim Heben des Armes zu nennen. Auch werden die Gefäße unter dem kleinen Brustmuskel durch dessen dauerhafte Kontraktion möglicherweise eingeklemmt, was zu einer Verstärkung des Beschwerdebildes führen kann. Die nach vorne gezogenen Schultern lassen sich allgemein schwerer anheben und die Beweglichkeit wird zunehmend eingeschränkt. Hier bieten sich Stressabbau und das Rauchen aufgeben zur Linderung an.
Haltungsfehler
Nach vorne eingefallenen Schultern werden heute auch vermehrt in Verbindung mit modernen Bürotätigkeiten beziehungsweise Arbeiten am Computer gebracht. So neigen viele Menschen bei der PC-Arbeit dazu, sich nach einer gewissen Zeit mit dem Kopf dem Monitor anzunähern, da die Sehkraft im Tagesverlauf nachlässt beziehungsweise die Augen ermüden. Auch die Schultern fallen unwillkürlich nach vorne ein. Diese Fehlhaltung führt auf Dauer zu Verkürzungen der Muskulatur und entsprechenden Mobilitätseinschränkungen, die mitunter auch Schmerzen beim Armheben bedingen.
Eingeklemmter Nerv
Durch die Ventralisierung der Schulter werden die Außenrotatoren, welche rückwärtig die Spannung von vorne halten müssen, verstärkt belastet, was unter Umständen eine Kompression der hier verlaufenden Nerven bedingt. Diese kann ebenfalls zu Schmerzen bei Abduktion des Armes führen. In der Regel geht der Schmerz dabei von einer Kompression des Nervus Radialis oder des Nervus Axillaris aus. Ist hier ein Nerv eingeklemmt zeigen sich die Schmerzen meist als vermeintliche Schulterblattschmerzen, die bis zur Rückseite des Oberarmes ziehen.
Einseitiger Muskelaufbau
Eine Fehlstellung der Schulter mit entsprechenden schmerzhaften Beschwerden beim Armheben, kann auch auf übertriebenes Krafttraining oder Bodybuilding zurückgehen. Denn viele Kraftsportler neigen dazu, ihre Brustmuskulatur besonders stark zu trainieren, während deren Gegenspieler vernachlässigt werden. So ziehen die unverhältnismäßig starken Brustmuskeln die Schulter nach vorne und verursachen entsprechende Schmerzen bei Abduktion des Armes.
Ausgekugeltes Schultergelenk
Die Schmerzen beim Armheben können auch durch akute Verletzungen und Erkrankungen bedingt werden. So geht beispielsweise ein ausgekugeltes Schultergelenk (Schulterluxation) mit erheblichen Schulterschmerzen bei Bewegung des Armes einher. Werden durch das ausgekugelte Gelenk die axillären Gefäßen oder Nerven geschädigt, sind folgende Begleitbeschwerden zu beobachten:
- Durchblutungsstörungen des Armes,
- motorische Beeinträchtigungen,
- Missempfindungen wie ein Kribbeln in den Glieder beziehungsweise Armen,
- vermehrtes Einschlafen der Hände.
Schultergelenk-Arthrose, Arthritis, Impingement-Syndrom
Das Schultergelenk kann auch durch eine Arthrose (Gelenkverschleiß) geschädigt werden, was unter Umständen mit erheblichen Schmerzen bei Bewegung verbunden ist. Ähnliche Schmerzen empfinden Betroffenen bei einer Arthritis im Schultergelenk. Des Weiteren ist das sogenannte Impingement-Syndrom der Schulter als möglicher Auslöser der Beschwerden zu nennen. Dieses beschreibt eine Einklemmung von Gewebe durch die gelenkbildenden Knochen bei bestimmten Bewegungen. Tritt dies im Schulterbereich auf, wird beim Heben des Armes meist die Supraspinatussehne eingeklemmt, was zu erheblichen Schmerzen führt.
Neuralgische Schulteramyotrophie
In seltenen Fällen wird auch die sogenannte neuralgische Schulteramyotrophie in Verbindung mit den Schmerzen beim Heben des Armes gebracht. Diese neurologische Erkrankung ist allgemein gekennzeichnet durch plötzlich einsetzende massive Schmerzen im Bereich der Schulter und des Oberarms. Die Beschwerden stehen jedoch in der Regel nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Anheben des Armes, vielmehr werden Bewegungen des Armes durch die Erkrankung deutlich erschwert oder gar unmöglich. Die Beschwerden können hier durchaus über mehrere Monate oder gar Jahre anhalten.
Anatomie des Schultergelenks
Das Schultergelenk ist das beweglichste Kugelgelenk im menschlichen Körper. Gebildet wird das Gelenk aus der Gelenkpfanne des Schulterblatts und dem Oberarmkopf. Im Wesentlichen erfolgt die Stabilisierung dieses hochflexiblen Gelenks durch die umliegenden Muskeln, die sogenannten Rotatorenmanschetten, während der Knochenbau hier einen großen Bewegungsspielraum lässt. Die Rotatorenmanschetten werden ihrerseits aus dem Musculus infraspinatus, Musculus supraspinatus, Musculus subscapularis und Musculus teres minor gebildet. Im vorderen Schulterbereich am sogenannten Rabenschnabelfortsatz (Coracoid) setzt zudem der kleine Brustmuskel (Musculus Pectoralis minor) an. Dessen Kontraktion führt dazu, dass die Schultern nach vorne gezogen werden. Er hilft zudem beim Einatmen.
Diagnosestellung
Bei der Ermittlung der Ursachen für die Schmerzen beim Heben des Armes können manuelle Untersuchungen und Bewegungstests meist bereits relativ eindeutige Hinweise für die Diagnosestellung liefern. Im Zweifelsfall sind jedoch bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, Ultraschall, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich, um die Diagnose zu sichern.
Behandlung
Die konventionelle Behandlung basiert in den meisten Fällen auf einer Kombination aus medizinischen Massagen und Physiotherapie. Begleitend werden unter Umständen schmerzlindernde Medikamente eingesetzt. Mit Hilfe von Bewegungs-, Dehnungs- und Muskelaufbauübungen, die von den Patienten auch selbstständig zu Hause durchgeführt werden können, soll ein erneutes Auftreten der Beschwerden dauerhaft vermieden werden.
Therapie eines ausgekugelten Schultergelenks
Ist das Schultergelenk ausgekugelt, wird möglichst zeitnah versucht, dieses ohne Operation auf mechanischem Wege wieder in die richtige Position zu bringen. Anschließend erfolgte eine Ruhigstellung beziehungsweise vorübergehende Fixierung des Schultergelenks. Gelingt der Versuch einer geschlossenen Reposition nicht, kann unter Umständen eine Operation erforderlich werden.
Behandlung einer Schultergelenkarthrose
Auch eine Schultergelenkarthrose bedarf möglicherweise eines chirurgischen Eingriffs, bei dem das Schultergelenk wiederhergestellt wird. Die Operation umfasst – je nach Bedarf – eine Stabilisierung der vorhandenen Knochenstruktur (zum Beispiel mittels eines Metallüberzuges), eine Beseitigung des zerstörten Abschnitts am Oberarmkopf und den Einsatz einer künstlichen Gelenkkugel oder eine vollständige Stabilisierung beziehungsweise Erneuerung von Oberarmkopf und Schulterpfanne.
Naturheilkundliche Behandlungsansätze
Die Naturheilkunde bietet mit den manuellen Verfahren der Osteopathie, des Rolfing und der Chiropraktik relativ erfolgversprechende Behandlungsansätze gegen die Schmerzen bei Abduktion des Armes. Dabei werden in der Regel auch andere körperliche Beschwerden, wie beispielsweise Nackenverspannungen, Oberarmschmerzen oder Rückenschmerzen, im Rahmen der Diagnosestellung und Behandlung berücksichtigt. Gelegentlich wird auch mit Hilfe der Akupunktur gegen die Beschwerden angegangen. Ergänzend können homöopathische Mittel und Schüßler Salze gegen die akuten Schmerzen eingesetzt werden. (fp, vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Danielle Campagne: Schulterluxation, MSD Manual, (Abruf 21.08.2019), MSD
- Hussein Elkousy, T. Bradley Edwards: Impingement Syndrome, Gartsman's Shoulder Arthroscopy, S. 203-219, Elsevier Verlag, 3. Auflage, 2019
- Volker Echtermeyer, Stefan Bartsch: Praxisbuch Schulter, Thieme Verlag, 2. Auflage, 2004
- Ulrich Brunner et al.: S2e-Leitlinie „Rotatorenmanschette“, Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), (Abruf 21.08.2019), AWMF
- Nikolaus Wülker et al.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie, Thieme Verlag, 3. Auflage, 2015
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.