30 Prozent aller Kinder leiden in Deutschland unter Schlafstörungen. Psychologen der Universität Würzburg entwickelten ein spezielles Schlaftraining für Kinder.
28.03.2011
Kinder und Jugendliche leiden vermehrt unter Schlafstörungen. Laut Studien sind vor allem die Altersgruppen der fünf bis sechzehnjährigen betroffen. Neben gesundheitlichen Hintergrundproblemen sind vor allem Stress in der Schule oder im Elternhaus für Schlafprobleme bei Kindern verantwortlich.
Schlafstörungen sind längst kein alleiniges Problem Erwachsener. Nach Angaben der Würzburger Psychologin Barbara Schwerdtle leidet rund ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland an Schlafproblemen. Das habe eine Reihe von Studien zutage gebracht, erklärt die Expertin. Psychologische Indikatoren sind vor allem Einschlaf, Durchschlaf oder Probleme beim morgendlichen Früherwachen. In einigen Fällen sind auch medizinische Hintergrundproblemen für die Probleme verantwortlich. Das treffe beispielsweise zu, wenn Patienten nicht richtig atmen können.
30 Prozent aller Kinder leiden unter Schlafstörungen
Viele Kinder und junge Erwachsene leiden zumindest zeitweise unter Schlafstörungen. Laut wissenschaftlichen Studien haben rund 30 Prozent aller 13- bis 25-Jährigen Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen. Vier bis zehn Prozent der Betroffenen leiden sogar unter einer regelrechten Schlaflosigkeit. Bei den Fünf- bis Zehnjährigen schwanken die Einschätzungen zwischen 20 und 43 Prozent. Die Probleme der Kinder werden allerdings vielfach nicht richtig ernst genommen. Viele Eltern vermuten hinter den Beschwerden nur pädagogische Probleme. Ernsthafte Schlafstörungen können nach Angaben der Kinderpsychologin nachfolgend zu kindlichen Depressionen und Angststörungen führen.
Einschlaftraining hilft Kindern bei Schlafstörungen
An der Universität Würzburg haben die Forscherinnen Karoline Roeser und Barbara Schwerdtle ein Einschlaftraining speziell für Kinder konzipiert. An dem Training nehmen nicht nur Kinder teil, sondern gleich die ganze Familie. Viele Probleme entstehen nämlich im Elternhaus, daher sind auch die Erziehungsberechtigten mit in die Therapie involviert. Gibt es in den Familien viel Streit, kann sich das ebenfalls negativ auf den Schlaf auswirken, erklärt die Psychologin. Teilweise sind die Eltern aber auch zu inkonsequent in ihrem Verhalten. Sagt die Mutter: „Jetzt musst Du ins Bett“ kann das bei den Kindern auch heißen, „jetzt gibt es noch drei oder sogar fünf Gute-Nacht-Geschichten“. Denn die Aufforderung variiert bei vielen Eltern und bietet oft keine ausreichende Orientierung. Das Verhalten der Eltern trägt demnach in vielen Fällen dazu bei, dass die Kinder nicht richtig ein- bzw. durchschlafen können. Andere Kinder leiden darunter, allein in einem dunklen Zimmer schlafen zu müssen. Ängste spielen bei Kindern oft eine große Rolle, erläutert Schwerdtle. Viele berichten von von „Monstern, Dunkelheit und Angst vorm Alleinsein“. Es gibt natürlich auch Ängste, die durch das Älter werden der Kinder wieder von allein verschwinden. „Aber es gibt auch Ängste, die bleiben“. Hieraus kann eine chronische Schlafstörung entstehen, die sich auch bei Älteren manifestiert. Wissenschaftler gehen davon aus aus, dass sich 60 Prozent der Schlafprobleme im Kindesalter hartnäckig halten und chronisch werden. Daraus können ernsthafte psychische Störungen entstehen. Viele Erwachsene mit Depressionen hatten schon als Kind Schlafstörungen, sagt die Psychologin.
Die Psychologinnen Karoline Roeser und Barbara Schwerdtle bieten Hilfe für solche Fälle an: Ein Schlaftraining für Kinder und Jugendliche. Das Training wurde an der Universität Tübingen unter der Leitung von Dr. Angelika Schlarb und Prof. Dr. Martin Hautzinger entwickelt. Nun wird es am Lehrstuhl für Psychologie I – Interventionspsychologie in Würzburg durchgeführt. Zu Beginn des Schlaftrainings steht ein ausführliches Anamnese Gespräch mit den Eltern und Kindern. Dabei lassen sich die beiden Kinderpsychologinnen die Schwierigkeiten genau schildern. Besteht der Verdacht auf ein körperliches Problem, werden die jungen Patienten zum Arzt oder ins Schlaflabor geschickt. Für alle anderen beginnt das Training, dass jeweils aus sechs Sitzungen besteht. „Unsere Therapie ist eine Kombination aus Verhaltens- und Hypnotherapie“, erläutert Roeser. Zunächst schauen sich die Expertinnen die Betten der Teilnehmer an und untersuchen die Umgebung und Rituale. „Die Kinder bekommen dann von uns die Hausaufgabe, an ihrer Schlafumgebung das zu verändern, was sie stört“, berichtet Schwerdtle. Kinder sollen ihren Eltern sagen, was ihnen an ihrem Bett gefällt und was nicht. Die Folge sei häufig ein „Familienausflug ins Möbelhaus“, so Roeser.
Entspannungsübungen und Hypnotherapie
Neben der Hypnotherapie lernen Kinder Entspannungsübungen, um vom Alltagsstress abschalten zu können. Die Teilnehmer erlernen im Hypno-Therapeutischen Bereich, einen inneren sicheren Ort zu finden, in dem sie alle Sorgen und Probleme deponieren können. „Das helfe dabei, endlose Grübeleien vor dem Einschlafen“ zu minimieren. Zudem werden Fantasie und Traumreisen unternommen, die „mit einer bestimmten therapeutischen Botschaft“ verbunden sind. „Kinder werden im Laufe des Trainings selbstständiger und unabhängiger. Sie lernen, ihr eigenes Ich zu stärken“, sagt Barbara Schwerdtle. „Und wer auf seine eigenen Kräfte und Fähigkeiten vertraut, der braucht auch nicht mehr die Mama oder den Papa an seiner Seite, wenn es ans Einschlafen geht.“
Erste Erfolge des Trainings
Bereits 30 Kindern konnte mit diesem Training schon geholfen werden. „Bei den Kindern zeigen sich spätestens drei Monate nach Trainingsende keine Schlafstörungen mehr“, sagt Schwerdtle. Bei Jugendlichen ginge es nicht ganz so schnell, doch auch bei ihnen stellt sich zumeist nach drei Monaten eine Linderung des Problems ein. Eltern betroffener Kinder sollten sich an Kinderpsychologen oder an einen niedergelassenen Kinder- und Jugendtherapeuten wenden. Wer bereits früh an den Einschlafproblemen arbeitet, mindert die Gefahr, dass Kinder im späteren Alter an chronischen Schlafstörungen oder Folgeerkrankungen wie Depressionen erkranken. (sb)
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Bild: Gabi Schoenemann / pixelio.de
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