Ist der atomare Supergau Fukushima schlimmer als der in Tschernobyl?
12.04.2011
Werden die gesundheitlichen und ökologischen Folgen durch den Reaktorunfall im japanischen Fukushima vergleichbar sein mit denen von Tschernobyl? Darüber diskutierte gestern die Gesellschaft für Strahlenschutz. Der Vorsitzende der Gesellschaft ist kein anderer als Sebastain Pflugbeil. Pflugbeil machte deutlich, dass die radioaktive Kontaminierung sich in Fukushima anders ausbreiten wird, als die in Tschernobyl. Er. Denn in Japan brennt es nicht, weshalb das radioaktive Material zwar einen kleineren Radius von bis zu 500 Kilometern treffen werde, allerdings die Bevölkerungsdichte weitaus höher liegt und deshalb um ein vielfacher mehr Menschen direkt betreffen werde. Die Menschen in Japan können eben nicht über hunderte Kilometer hinweg umgesiedelt werden, wie es im ukrainischen Tschernobyl damals der Fall war. Nach Ansicht des Experten ist die Bevölkerungsdichte um bis 40 mal höher, als in der Ukraine. Daher werden auch viel mehr Menschen vor allem an den Spätfolgen der Nuklearkatastrophe leiden. Die Gesundheitsfolgen für die Bevölkerung werden also weitaus dramatischer ausfallen, als in der damaligen Sowjetunion.
Kategorie der internationalen Störfallskala INES zeigt nun „Supergau“ an
Die Reaktorkatastrophe von Fukushima ist nun auch von den japanischen Behörden offiziell in die höchste Kategorie der internationalen Störfallskala INES eingestuft worden. Die Stufe beträgt nun anstatt 5, 7. Diese Stufe erreichte bislang nur der Atomunfall in Tschernobyl und bedeutet der absolute „Super-GAU“. Ein Supergau ist eine Situation, die von Menschen nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht mehr beherrschbar ist. Die japanische Regierung betonte allerdings, dass die Einstufung zunächst nur "vorübergehend" gilt.
Atomexperten widersprechen der Gesellschaft für Strahlenschutz
Weil die Datenlage insgesamt aber noch sehr dürftig ist, könne man nicht von davon sprechen, dass Fukushima vergleichbar oder gar schlimmer ist, als die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Diese Ansicht vertritt hingegen der Wissenschaftlichen Ausschusses der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung (UNSCEAR). Dessen Vorsitzende Wolfgang Weiss geht eher davon aus, dass die Auswirkungen „zwar gravierend“ aber nicht so stark ausgeprägt seien. Eine abschließende und umfassende Bewertung könne allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgegeben werden. Die Daten, die derzeit zur Verfügung stehen, reichen dafür nicht aus. Der Ausschuss will in den nächsten zwei Jahre die gesundheitlichen Folgen des atomaren Gaus untersuchen und dann eindeutig Stellung beziehen. Bis dahin seien Vergleiche unsachlich.
Atom-Kongress in Berlin
Derzeit findet in Berlin eine kritische Tschernobyl Konferenz statt. Eingeladen sind Mediziner, Wissenschaftler und Atomexperten. Auf dem Treffen werden vor allem die gesundheitlichen und ökologischen Folgen des Reaktorunglücks von Tschernobyl thematisiert. Auch die neuerlichen Auswirkungen und aktuellen Ergebnisse des Supergaus in Fukushima wird die Forscher und Experten drei Tage beschäftigen. (sb)
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Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
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