Die Hälfte aller Frauen verfügt über eine Art Prostata
08.08.2011
Forscher der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Wien kommen in einer aktuellen Studie zu dem Schluss, dass auch Frauen über eine Art Prostata verfügen. Rund 50 Prozent der Frauen hätten im Rahmen ihrer Untersuchungen entsprechendes Gewebe aufgewiesen, berichten Wolf Dietrich von der Universitätsklinik und Kollegen.
Während beim Mann die Funktion der Prostata weitgehend erforscht ist, bleibt die Funktion des Prostata ähnlichen Gewebes im weiblichen Körper bisher ungeklärt, schreiben die Wiener Forscher in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Sexual Medicine“. Derzeit werde „die Zusammensetzung von Drüsen rund um die weiblichen Harnleiter – speziell, was das Maß ihrer Entsprechung zur männlichen Prostata angeht“ noch heiß diskutiert, berichten Wolf Dietrich und Kollegen. Fest stehe allerdings, dass bei Frauen – wenn auch sehr selten – aus dem entsprechenden Gewebe Karzinome entstehen können, die von den Wissenschaftlern als „weibliche Prostatakarzinome“ bezeichnet wurden.
50 Prozent der Frauen verfügen über Prostata-Drüsengewebe
Die Wiener Forscher haben im Rahmen ihrer Studie die Harnleiter sowie das umgebenden Gewebe von 25 Patientinnen untersucht und dabei in 14 Gewebeproben die typischen Gewebecharakteristika der männlichen Vorsteherdrüse (Prostata) nachgewiesen. Im Zuge der Laboruntersuchungen konnten die Wiener Forscher Prostata-spezifische Antigene (PSA), Prostata-spezifische alkalische Phosphatase (ein Enzym) und Androgen-Rezeptoren in dem Gewebe der Patientinnen nachweisen. Die PSA-Untersuchung des Blutes dient bei Männern auch der Diagnose möglicher Prostatakarzinome, ist jedoch relativ ungenau. Bei Frauen lagen „bisher nur einzelne Hinweise auf Prostata-spezifisches Antigen“ vor und die Ergebnisse waren „nicht reproduzierbar“, berichtet Wolf Dietrich. Nun sei es den Wiener Forscher im Rahmen ihrer Studie jedoch gelungen, bei 50 Prozent der Probandinnen entsprechenden Gewebecharakteristika nachzuweisen. Bösartige Tumorbildungen aus diesem Gewebe heraus sind laut Dietrich daher als „weibliche Prostatakarzinome“ zu verstehen.
Karzinome im Prostata-Drüsengewebe bei Frauen eher selten
Insgesamt seien die Karzinome in dem Prostata ähnlichen Drüsengewebe um den Harnleiter bei Frauen zwar extrem selten, doch grundsätzlich scheint angesichts der aktuellen Studienergebnisse auch für sie das Risiko einer entsprechenden Krebserkrankung gegeben. Nach Einschätzung der Forscher verfügen Frauen wahrscheinlich zu Beginn der Embryonalentwicklung über die gleichen Anlagen zur Drüsenentwicklung wie Männer und die unterschiedliche Ausprägung geht erst mit der späteren Entwicklung einher. Beim Mann ist eine entsprechend umfassendere Entwicklung der Prostata erforderlich, da diese die Produktion eines Sekrets übernimmt, welches bei der Ejakulation ausgestoßen wird und die Überlebenschancen der Spermien in der Vagina erhöht, berichten die Forscher. Bei der Frau sei hingegen bisher keine Funktion des Prostata ähnlichen Drüsengewebes rund um den Harnleiter bekannt. Diese könne jedoch lediglich von untergeordneter Bedeutung sein, da lediglich die Hälfte der Frauen über entsprechendes Gewebe verfüge, erklärten Dietrich und Kollegen.
Vorsorgeuntersuchungen reduzieren das Risiko tödlicher Krebserkrankungen
Während Frauen eher selten unter Karzinomen des Prostata-Drüsengewebes leiden, zählt Prostatakrebs den Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge in Deutschland zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Männern. Rund zehn Prozent der krebsbedingten Todesfälle unter Männern pro Jahr gehen laut RKI in Deutschland auf Prostatakarzinome zurück, womit diese hinter Lungen- und Darmkrebs die dritthäufigste tödliche Krebserkrankung bei Männern bilden. Den Zahlen des RKI zufolge betreffen rund 22 Prozent der jährlich deutschlandweit bei Männern diagnostizierten Krebsneuerkrankungen die Prostata, wobei mit zunehmendem Alter das Erkrankungsrisiko deutlich steigt. Da durchaus gute Chancen auf eine Heilung bestehen, wenn die Prostatakarzinome vor dem Stadium der Metastasenbildung entdeckt werden, kommt einer frühzeitigen Diagnose eine entsprechend hohe Bedeutung zu. Durch Vorsorgeuntersuchungen lässt sich das Risiko eines tödliche Krankheitsverlaufs maßgeblich reduzieren. Da im Rahmen der aktuellen Studie auch bei Frauen entsprechendes Gewebe entdeckt wurde und die Bildung von „weiblichen Prostatakarzinomen“ nicht auszuschließen ist, wären ähnliche Vorsorgeuntersuchungen möglicherweise auch bei Frauen in Zukunft durchaus eine Option zur Reduzierung des Gesundheitsrisikos. (fp)
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Bild: Martin Gapa / pixelio.de
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