Erkältungswelle mit besonders vielen und schweren Infektionen
09.03.2012
Derzeit leiden viele Deutsche unter einer besonders hartnäckigen Erkältung. Knapp 300 Viren kommen dabei als mögliche Auslöser der typischen Symptome wie Fieber, Halsschmerzen, Schnupfen, Husten und Heiserkeit in Frage. Die Erreger passen sich kontinuierlich an und verändern ihre Form, was zur Folge haben kann, dass in manchen Jahren besonders viele Menschen an schwereren Erkältungen durch neuartige Viren erkranken.
Dieses Jahr ist laut Aussage von Experten wie Hans-Jörg Baumann, Oberarzt der Abteilung Pneumologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Stern“, eine Erkältungssaison mit besonders vielen schweren Hustenerkrankungen zu verzeichnen. Zahlreiche Patienten leiden derzeit unter einem hartnäckigen Husten, der über Wochen anhält, erläuterte Baumann. Die Medizin ist an dieser Stelle oft recht hilflos und kann lediglich zur Linderung der Symptome beitragen, da effiziente Medikamente gegen die Viren nicht zur Verfügung stehen. Diese verändern sich derart schnell, dass die Entwicklung von effizienten Arzneimitteln aussichtslos erscheint.
Bis zu acht Wochen Husten
Erkältungen sind dieses Jahr „besonders häufig und schwer“, erläuterte der Hamburger Allgemeinmediziner Stephan Hofmeister gegenüber dem „Stern“. Derzeit würden „Montags um die 40 Patienten mit solchen Erkältungen“ seine Praxis aufsuchen – ansonsten seien „es halb so viele“, erklärte Hofmeister. Der Oberarzt der Abteilung Pneumologie am UKE, Hans-Jörg Baumann, bestätigte diese Einschätzung und verwies auf den besonders lang anhaltenden Husten bei zahlreichen Patienten, der „bis zu acht Wochen gehen“ könne. Zwar sei eine entsprechende Erkältung keineswegs so bedrohlich, wie die ebenfalls durch Viren ausgelöste Influenza (Grippe), doch der hartnäckigen Husten mache dieses Jahr vielen Betroffenen besonders zu schaffen.
Erreger passen sich kontinuierlich an
Als Auslöser der Erkältung kommen laut Schätzung der Experten zwischen 200 und 300 verschiedene Viren in Betracht, die sich jedoch fortwährend verändern und daher für das Immunsystem eine echte Herausforderung darstellen. Denn haben sich die körpereigenen Abwehrkräfte erst einmal auf bestimmte Viren eingestellt, so sind meist bereits neue Erreger entstanden, bei denen die angepasste Abwehrstrategie des Immunsystem nicht greift. „Gegen einen Schnupfen wird man daher nicht immun, selbst wenn man ihn einmal durchlitten hat – anders als etwa gegen Masern oder Windpocken“, erklärte Stephan Hofmeister. Die neuentstandenen Erreger können sich mitunter im menschlichen Organismus besonders gut verbreiten und so schwerere Symptome hervorrufen, als dies bei Erkältungen gewöhnlich der Fall ist.
Erkältungsviren dieses Jahr äußerst ansteckend
Offenbar sind einige der momentan im Umlauf befindlichen Viren dieser Kategorie zuzuordnen. Nur so lässt sich der besonders schwere und langwierige Husten bei vielen Patienten erklären. „Es muss im Erbgut dieser Viren etwas geben, das sie leicht an die Schleimhäute des Atemsystems andocken lässt“, so die Spekulation von Stephan Hofmeister. Nach Ansicht des Allgemeinmediziners sind die Erreger zudem vermutlich äußerst ansteckend, da in manchen Betrieben nahezu die gesamte Belegschaft erkranke. Im Rahmen der sogenannten Tröpfcheninfektion werden die Viren über Aerosole (winzige Sekret-Tröpfchen in der Luft) beim Husten oder Niesen von Mensch zu Mensch weitergegeben und setzen sich an Gegenständen wie beispielsweise Türklinken, Tastaturen und Telefonhörern ab.
Verschiedene Ursachen für die Vielzahl an Erkältungen
Die Erkältungsviren haben dieses Jahr offenbar eine Möglichkeit gefunden sich bei Kontakt mit den Schleimhäuten besonders gut zu vermehren, „denn viele Menschen erkranken heftig“, erklärte Stephan Hofmeister. Zwar seien die Abwehrreaktionen des Immunsystem wie Fieber, Halsschmerzen, eine laufende Nase und Heiserkeit im Rahmen der typischen Erkältungssymptome, doch der schmerzhafte Husten ist bei vielen Patienten derzeit besonders hartnäckig und fällt damit deutlich aus dem Rahmen. Begleitet werde die Erkältung außerdem häufig von Kopfschmerzen und Gliederschmerzen, sowie einem Gefühl der Erschöpfung, erläuterten die Experten. Die Erklärung für die in diesem Jahr spürbar erhöhte Aktivität der Erkältungsviren sieht der Allgemeinarzt Stephan Hofmeister in dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Einerseits könne dies bereits durch „eine kleine Veränderung am Virus“ bedingt werden, anderseits habe „auch die lange, trockene Kälte“ einen Anteil, so Hofmeister. „Einen einzigen Grund dafür gibt es nicht, hier kommt sicher einiges zusammen“, erläuterte der Mediziner. Zum Beispiel begünstige auch die trockene Heizungsluft die Ansiedlung der Erkältungsviren auf den Schleimhäuten.
Erkältungswelle kein Grund zur Panik
Obwohl dieses Jahr deutlich mehr Menschen an einer schweren Erkältung erkranken als gewöhnlich, ist dies nach Ansicht der Experten lange kein Grund zur Panik. „Es geht hier nicht um irgendwelche Super-Erkältungsviren. Das liegt im Rahmen dessen, was alle Jahre mal wieder auftritt“, betonte Stephan Hofmeister und auch der Lungenfacharzt Hans-Jörg Baumann vom UKE erklärte, dass dies „normale Schwankungen“ seien. Dem Oberarzt der Abteilung Pneumologie am UKE zufolge kann, „so wie allergische Probleme auch mal heftiger auftreten, wenn mehr Pollen fliegen, auch eine Erkältung in einem Jahr hartnäckiger sein, wenn andere Virenstämme kursieren.“
Behandlung von Erkältungen bislang nicht möglich
Da eine medikamentöse Behandlung der Erkältungsursachen bislang ausgeschlossen ist, setzen die meisten Ärzte auf Maßnahmen zur Linderung der Symptome. Ausreichend Flüssigkeitszufuhr idealerweise mit Kräutertee (z.B. Salbei), viel Ruhe und Schlaf sowie eine vitaminreiche Ernährung sind demnach allen Patienten zu empfehlen. Auch können Medikamente zum Einsatz kommen, um die typischen Erkältungssymptome zu lindern. Verschiedene Hausmittel wie beispielsweise Heiße Zitrone, heiße Milch mit Honig, Nasenduschen oder das Inhalieren mit bestimmten Wirkstoffen bieten ebenfalls eine Möglichkeit gegen die Beschwerden vorzugehen. Ansonsten helfe nur Geduld, denn „der Husten wird mit Sicherheit wieder weggehen“, betonte Stephan Hofmeister. Allerdings sollte bei sehr lange anhaltendem Husten geklärt werden, ob nicht eventuell eine andere Erkrankung dahinter steckt, so die Aussage der Mediziners.
Bei starken Erkältungswellen weniger Influenza-Erkrankungen
Hans-Jörg Baumann vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erläuterte, dass die Patienten sich dringend die Zeit zum auskurieren nehmen sollten. „Gerade wer im Beruf steht, meint häufig, dass er keine Zeit zum Kranksein hat“, wodurch die Erkältung „schlimmstenfalls verschleppt“ werde und sich „eine Lungenentzündung entwickelt“, so die Aussage des Lungenfacharztes. Die Experten verwiesen jedoch auch auf einen Vorteil, den die aktuell besonders schwere Erkältungswelle mit sich bringt: Je häufiger die Erkältungen, desto seltener die echte Influenza, erklärten Baumann und Hofmeister. Eine wissenschaftliche Erklärung für dieses Phänomen liege jedoch bislang nicht vor. (fp)
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