Steigende Wassertemperatur der Ostsee erhöht das Infektionsrisiko
23.07.2012
Der Klimawandel fördert die Ausbreitung von infektiösen Bakterien im Meerwasser. Wie die Forscher um Craig Baker-Austin vom Centre for Environment, Fisheries and Aquaculture Science in Weymouth (UK) herausgefunden haben, bedingt der Temperaturanstieg in der Ostsee eine massive Zunahme bei den bakteriellen Infektionen mit Vibrio vulnificus.
Die Ostsee verzeichnet derzeit eine „beispiellose Geschwindigkeit der Erwärmung“, welche zur Folge hat, dass infektiöse Bakterien sich im Ostseeraum immer stärker ausbreiten können, berichten Craig Baker-Austin und Kollegen in dem Fachmagazin „Nature Climate Change“. Mit jedem Grad Celsius, um das sich die Wassertemperatur erhöht, nehme die Zahl der Infektionen durch Vibrio vulnificus um das 1,93-fache zu. „Während der extrem warme Sommer des Jahres 1994, 2003 und 2006 wurde bereits eine Fülle von Vibrio-assoziierten Wundinfektionen im Zusammenhang mit Freizeit-Exposition“ an der Ostseeküste dokumentiert, so eines der Ergebnisse des internationalen Forscherteams.
Hohe Wassertemperatur und niedriger Salzgehalt begünstigen Bakterienwachstum
Erreger wie die Vibrio vulnificus Bakterien können sich besonders gut bei Wassertemperaturen über 15 Grad Celsius und einem relativ geringen Salzgehalt der Meere ausbreiten. Beides ist in der Ostsee auch aufgrund des Klimawandels in zunehmendem Maße gegeben. Für die Badegäste an der Ostseeküste lauert hier daher insbesondere in warmen Sommern ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Gelangen die Bakterien über Verletzungen oder die Nahrungsaufnahme in den Organismus drohen Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen sowie Wundinfektionen bis hin zu einer Blutvergiftung. Eine Infektion mit Vibrio vulnificus Bakterien über die Haut begleitet außerdem oftmals ein blasen-bildender Juckender Hautausschlag.
Deutliche Zunahmen der Infektionen in warmen Jahren
Die Wissenschaftler um Craig Baker-Austin analysierten im Rahmen ihrer Studie die Infektionen durch die sogenannten wasserlebenden Bakterien (Vibrio vulnificus) im Ostseeraum seit 1982 und überprüften mögliche Zusammenhänge mit der jeweiligen Wassertemperatur. Das Ergebnis war ebenso eindeutig wie besorgniserregend. Die Zahl der Infektionen hat in den extrem warmen Sommern 1994, 2003 und 2006 deutlich zugenommen. Allein im Jahr 2006 wurden 67 Infektionen mit Vibrio vulnificus bei Badegästen an der Ostsee registriert. Einige davon seien an den Folgen der Infektion sogar verstorben, schreiben Craig Baker-Austin und Kollegen. Medien berichteten außerdem von Cholera-Infektion durch das Ostseewasser.
Pro Grad Celsius Erwärmung Verdopplung der bakteriellen Infektionen
Der von den Wissenschaftlern anhand der Klimaprognosen gezeichnete Ausblick bis zum Jahr 2050 zeigt außerdem, wie rasant die Keimbelastung des Ostseewassers in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird. Mit jedem Grad Celsius, das die Wassertemperatur zunimmt, wird sich die Anzahl der Infektionen annähernd verdoppeln. Besonders betroffen sind dabei die stärker besiedelten Küsten der mittleren und südlichen Ostsee, wie beispielsweise an der Küste Ostdeutschlands, so die Aussage der Forscher. Aber auch in Dänemark, Südschweden und Polen werde die Ausbreitung der Vibrio vulnificus Bakterien mit Zunahme der Wassertemperatur eine bedenkliche Tragweite entfalten. Letztendlich belege ihre Studie erstmals, „dass der Klimawandel Vibrio-Krankheitserreger auch in gemäßigte Regionen vordringen lässt“, schreiben Baker-Austin und Kollegen.
Dramatischer Anstieg der bakteriellen Infektionen im Ostseeraum erwartet
Da die Ostsee das sich am schnellsten erwärmende Meeresökosystem weltweit ist, erwarten die Forscher für die Zukunft eine dramatische Zunahme der Infektionen mit Vibrio vulnificus Bakterien im Ostseeraum. Laut Aussage von Craig Baker-Austin und Kollegen ist die Wassertemperaturen in der Ostsee zwischen 1982 und 2007 um rund 1,35 Grad Celsius angestiegen – „siebenmal mehr als im globalen Durchschnitt.“ Für die Zukunft sei eine weitere Beschleunigung der Erwärmung zu erwarten. Daher gehen die Experten davon aus, dass bis zum Jahr 2050 die Anzahl der Vibrio-Infektionen massiv zunehmen wird. Entsprechende Infektionen seien dann auch in gewöhnlichen Sommern zu erwarten. Zudem ist laut Aussage des internationalen Forscherteams mit einer Ausdehnung des Risikogebietes nach Norden zu rechnen, wobei auch die Einwohner von Ballungsräumen wie Stockholm oder St. Petersburg dann von den infektiösen Bakterien gefährdet seien. „Mehr als 30 Millionen Menschen leben“ Craig Baker-Austin und Kollegen zufolge „in weniger als 50 Kilometern von der Ostsee entfernt.“ Sie sind bei einer weiteren Erwärmung der Ostsee durch Infektionen mit Vibrio vulnificus Bakterien gefährdet. (fp)
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Autoren- und Quelleninformationen
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