Schwere Cholera-Epidemie in West- und Zentralafrika
17.09.2012
Tausende Menschenleben sind derzeit durch die Ausbreitung der Cholera in Zentral- und Westafrika bedroht. In mehreren west- und zentralafrikanischen Staaten wurden Ausbrüche der Cholera gemeldet. Zehntausende Afrikaner sind bereits erkrankt. Als maßgebliche Ursache benennen die Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die unzureichenden Hygienestandards sowie die mangelnde Trennung von Abwasser- und Trinkwassersystemen vor Ort. So werde das Bakterium Vibrio cholerae über Trinkwasser und Lebensmittel verbreitet.
In Europa zählt Cholera zu den längst vergessenen Erkrankungen. Ihren Schrecken entfaltet die Infektionskrankheit hier vor allem im 19. Jahrhundert. Mit dem Ausbau der Abwassersysteme, der verbesserten Hygienestandards und dem medizinischen Fortschritt wurde die Cholera in Europa jedoch vollständig eliminiert. In Afrika bedroht die bakterielle Erkrankung allerdings weiterhin tausende Menschenleben. Angesicht der aktuell massiven Verbreitung in mehreren afrikanischen Ländern haben die Experten der WHO gefordert, den Notstand auszurufen.
Cholera: Eine tödliche Infektionskrankheit
Vor allem in armen Staaten, mit schlechter Trinkwasserversorgung, unzureichendem Abwassersystem und niedrigen Hygienestandards ist Cholera auch heute noch eine ernsthafte Bedrohung. Die Infektion mit dem Bakterium Vibrio cholerae verursacht nach wenigen Tagen Inkubationszeit zunächst starken Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. Die Betroffenen verlieren extrem viel Flüssigkeit, was zu einem akuten Flüssigkeitsmangel (Exsikkose) führt. Wird der Flüssigkeitsverlust nicht ausgeglichen, kann dies bereits nach kurzer Zeit (24 bis 48 Stunden) tödliche Folgen haben. Darüber hinaus drohen bei schwerem Verlauf Komplikationen wie Lungenentzündungen, Blutvergiftungen (Sepsis) und Benommenheit bis hin zum Koma. In West- und Zentralafrika haben ungewöhnlich starke Regenfälle dazu geführt, dass die Cholera-Erreger vermehrt im Trinkwasser nachzuweisen sind und sich entsprechend viele Menschen infizieren. Insbesondere in den dicht besiedelten Gebieten mit schlechten hygienischen Zustände sind zahlreiche Cholera-Infektionen zu verzeichnen. Von hier aus gelangen die Erreger nach den ersten Ausbrüchen jedoch auch verstärkt in die ländlichen Regionen.
Mehr als 50.000 Afrikaner an Cholera erkrankt
Anfang September berichtete die WHO von „insgesamt 16.360 Cholera-Fällen, darunter 255 Todesfälle“ in Sierra Leone. Die Mehrheit der Erkrankungen konzentriere sich auf den westlichen Teil des Landes, wo die Hauptstadt Freetown liegt. Die Letalität betrug 1,6 Prozent, so die Mitteilung der WHO. Insgesamt seien in 15 westafrikanischen Staaten derzeit Ausbrüche der Cholera zu verzeichnen, darunter Guinea, Liberia, der Kongo, Niger und Nigeria. Mehr als 55.000 Menschen seien dieses Jahr bereits erkrankt, was einem Anstieg um 34 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Rund 1.100 Infizierte verstarben seit Jahresanfang in West- und Zentralafrika an den Folgen der Cholera. Der Höhepunkt der Erkrankungen steht den betroffenen Regionen wahrscheinlich jedoch noch bevor. Der Präsident von Sierra Leone hat die Cholera-Epidemie als „humanitär Krise“ eingestuft, die einer engen Zusammenarbeit von Regierungen und Hilfsorganisationen bedarf.
Gute Behandlungsmöglichkeiten bei einer Cholera-Infektion
Bei angemessener medizinischer Versorgung, kann Cholera heute gut behandelt werden, so dass die meisten Infizierten die Erkrankung überleben. Durch den Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes mit Elektrolytlösungen – schlimmstenfalls per Infusion – lassen sich akute Bedrohungen aufgrund einer Austrocknung des Organismus vermeiden. Ergänzend kommt bei schweren Krankheitsverläufen die Anwendung eines Antibiotikums in Betracht. In den derzeit betroffenen afrikanischen Staaten stehen jedoch meist nicht die erforderlichen medizinischen Ressourcen zur Verfügung, so dass die Krankheit hier eine hohes Risiko für die Bevölkerung darstellt.
Weiterer Anstieg der Cholera-Infektionen zu erwarten?
Durch die Bakterienbelastung des Trinkwassers droht die Anzahl der Cholera-Infektionen weiter in die Höhe zu schnellen. Hier sei vor allem die Versorgung mir unbelastetem Trinkwasser erforderlich, um einer Ausbreitung der Cholera vorzubeugen, erklärten die Experten der WHO. Schnelles Handeln der Regierungen und Hilfsorganisationen bleibe derzeit die einzige Option. Umgehend sollten die „Regierungen den Notstand ausrufen“, forderte der Afrikadirektor der Weltgesundheitsorganisation, Luis Sambo und ergänzte, dass auch eine Zusammenarbeit der Gesundheitsbehörden der verschiedenen Staaten erforderlich sei, um die Cholera-Epidemie zu beenden. Manuel Fontaine vom Kinderhilfswerk UNICEF betonte ebenfalls die Bedeutung der Versorgung mit sauberem Trinkwasser, denn es könne „nicht sein, dass eine Mutter sich jedes Mal, wenn sie ihrem Kind etwas zu trinken gibt, fragen muss, ob das Getränk tödlich ist.“
Zusammenarbeit der Regierungen und Hilfsorganisationen im Kampf gegen Cholera
In Sierra Leone arbeitet die Regierung derzeit bereits mit den internationalen Partnern und Hilfsorganisationen, wie UNICEF, Oxfam, dem British Red Cross, Save the Children, Care und der WHO zusammen. Die Weltgesundheitsorganisation hat in der Hauptstadt Freetown ein „Cholera Control und Command Center“ eingerichtet. Um eine schnelle Labordiagnostik zu ermöglichen, wurden die Labore auf nationaler Ebene mit geeigneten Materialien und Reagenzien zum Transportieren und Analysieren der Laborproben versorgt. Dies ist von besonderer Bedeutung, um die Ausbreitung der Cholera zeitnah festzustellen. Allerdings lässt sich die Epidemie allein durch die Laboranalyse nicht eindämmen. Hier bedarf es tatsächlich in erster Linie der Versorgung mit sauberem Trinkwasser und der umgehenden medizinischen Versorgung der Betroffenen. (fp)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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