Medikamentenübergebrauch mögliche Ursache für Kopfschmerzen
21.09.2012
Die dauerhafte Einnahmen von Schmerzmitteln kann zu einer deutlichen Verschlechterung bei Kopfschmerzen führen. Dies ist eine der Kernaussagen der neuen Leitlinien des britischen National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) zur Versorgung von Kopfschmerz-Patienten.
Bei Patienten, die rund die Hälfte der Tage im Monat Schmerztabletten einnehmen, sollten die behandelnden Ärzte laut Aussage der Experten dringend an eine mögliche medikamentöse Überdosierung denken. Diese könne ihrerseits Auslöser der Kopfschmerzen sein, statt zu einer Linderung beizutragen, berichtet die Warwick Medical School in einer aktuellen Pressemitteilung zu den neuen NICE-Leitlinien. „Menschen, die regelmäßig Medikamente, wie Aspirin, Paracetamol und Triptane einnehmen, könnten sich selbst mehr Schmerz als Erleichterung“ bescheren, schreiben die Experten der Warwick Medical School..
Überdosierung der Schmerzmittel kann Kopfschmerzen verstärken
Kopfschmerzen sind eine der häufigsten gesundheitlichen Beschwerden, wobei jedoch zwischen den unterschiedlichen Formen der Kopfschmerzen klar differenziert werden sollte. Eine eindeutige Diagnose ist hier besonders wichtig, um eine erfolgreiche (medikamentöse) Behandlung zu ermöglichen. So fällt die Medikation beispielsweise bei Spannungskopfschmerzen, Migräne oder Cluster-Kopfschmerzen jeweils unterschiedlich aus.
In jedem Fall sollten die Betroffenen eine zu häufige Einnahme von Medikamenten vermeiden, da diese unter Umständen die Beschwerden noch deutlich verschlimmern kann. Entsprechende Überdosierungen drohen gemäß den neuen NICE-Leitlinien, sobald die Betroffenen an mehr als 15 Tagen im Monat Schmerzmittel wie beispielsweise Paracetamol einnehmen oder an zehn Tagen im Monat auf sogenannte Triptane zurückgreifen. Etwa einer von 50 Patienten leide aufgrund einer Überdosierung der Medikamente an verstärkten Kopfschmerzen, so die Mitteilung der Warwick Medical School. Frauen seien hier fünfmal häufiger betroffen als Männer.
Teufelskreis für Kopfschmerz-Patienten
Martin Underwood, Professor an der Warwick Medical School, unter dessen Vorsitz die Leitlinie-Entwicklung stand, erklärte, dass für die meisten Kopfschmerz-Typen eine wirksame Behandlung zur Verfügung stehe, die Einnahmen von Schmerzmitteln an mehr als zehn beziehungsweise 15 Tagen im Monat hier jedoch eine kontraproduktive Wirkung entfalten könne. Ein derartiger Medikamentenübergebrauch verursache seinerseits nicht selten erhebliche Kopfschmerzen.
Damit befinden sich die Betroffenen in einem Teufelskreis, den sie ohne ärztliche Unterstützung nur schwer durchbrechen können. „Ihre Kopfschmerzen werden zunehmend schlechter, so dass sie mehr Medikamente nehmen, die ihre Schmerzen noch schlimmer machen“, erläuterte Professor Underwood. Diese Kopfschmerzen seien eine extrem belastende und außerdem vermeidbare Erkrankung. „Wenn Sie wegen einer falschen Medikation an Kopfschmerzen leiden und die Tabletten absetzen, werden ihre Schmerzen drei bis fünf Wochen lang schlimmer sein als zuvor“, erklärte der Experte. Anschließend werde „sich ihre Situation jedoch verbessern und die zugrunde liegende Ursache kann behandelt werden.“
Verbesserung der Kopfschmerz-Diagnose erforderlich
Als betroffener hatte der Cluster-Kopfschmerz-Patient Peter May ebenfalls an der Entwicklung der neuen Leitlinie mitgearbeitet. „Der Schmerz, den ich bei einem Angriff erlebe dauert etwa 45 Minuten bis eine Stunde, und ist unerträglich, als ob in meinem Auge mit einem glühenden Schürhaken gestochert“ wird, beschreibt May den Cluster-Kopfschmerz. Die Schmerzen sind bei dieser speziellen Kopfschmerz-Form derart extrem, dass die Betroffenen nicht selten Suizidgedanken hegen.
Auch Peter May erklärte, er habe zwischenzeitig „ernsthaft darüber nachgedacht“, sich mit der Bohrmaschine in die Schläfe zu bohren, um die Qualen zu lindern. Anfangs hätten ihm die Ärzte mitgeteilt, dass er unter Migräne leide und erst nach zwei Jahren erhielt er eine korrekte Diagnose, so May weiter. Seit zwölf Jahren lebe er nun mit den Beschwerden und die Überdosierung von Medikamenten habe seinen Zustand vermutlich noch verschlechtert, berichtet der Betroffene. Seiner Ansicht nach gibt es „einen echten Bedarf für die Verbesserung der Diagnose, denn in der Regel sei eine wirksame Behandlungen verfügbar, aber sie unterscheide sich je nach Art der Kopfschmerzen.
Unterschiedliche Arten der Kopfschmerzen richtig diagnostizieren
„Obwohl Kopfschmerzen als häufigstes neurologisches Problem bei Hausärzten und Neurologen bekannt sind, erhalten viele Menschen keine richtige oder rechtzeitige Diagnose“, kritisierte Dr. Gillian Leng vom National Institute for Health and Clinical Excellence. Auch würden häufig die wichtigsten Merkmale des Medikamentenübergebrauchs und dessen Symptome, die sich von primären Kopfschmerzen unterscheiden, übersehen. Mit den neuen Leitlinien soll hier nun Abhilfe geschaffen werden. Wir hoffen, dass die Leitlinien „Hausärzten und Beschäftigten in anderen Gesundheitsberufen helfen, die unterschiedlichen Arten von Kopfschmerzen richtig zu diagnostizieren und Patienten, deren Kopfschmerzen durch ihre übermäßige Abhängigkeit von Medikamenten verursacht werden, besser zu erkennen“, so Dr. Leng. Generell sollten seiner Ansicht nach Mediziner bezüglich des Medikamentenübergebrauchs wachsam sein, insbesondere wenn sich die Kopfschmerzen bei Patienten verschlechtern, während sie unter der Wirkung von Medikamenten wie Triptanen, Paracetamol oder Acetylsalicylsäure stehen. (fp)
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Bild: Jetti Kuhlemann / pixelio.de
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