Viele Lehrer leiden unter dem Mobbing durch ihre Kollegen. Das Lehrer oftmals einem erheblichen psychischen Druck ausgesetzt sind, da sie fortwährend Konfrontationen mit ihren Schülern und deren Eltern durchstehen müssen, ist hinreichend bekannt. Doch eine aktuelle Untersuchung der Universität Koblenz-Landau zeigt, dass auch unter Lehrern Anfeindungen, verbale Attacken, das Ausschließen aus dem Kollegium und sogar körperliche Aggression durchaus verbreitet sind.
19.11.2012
Studien belegen, dass Lehrer aufgrund der Belastungen in ihrem Beruf deutlich häufiger mit psychischen Beschwerden wie beispielsweise dem Burnout-Syndrom zu kämpfen haben, als der Durchschnitt der Bevölkerung. Nicht nur aufmüpfige Schüler, sondern auch die wiederholten Konflikte mit den Eltern machen den Lehrkräfte oftmals erheblich zu schaffen. Hinzu kommt bei vielen offenbar jedoch auch das Mobbing innerhalb des Kollegiums. So fühlt sich fast ein Fünftel der Lehrkräfte durch Kollegen belästigt und schikaniert. „Lehrerinnen und Lehrer werden von Schülerinnen und Schülern, von Eltern und von Kolleginnen und Kollegen gemobbt“, erläuterte die Universität Koblenz-Landau Mitte des Jahres zum Auftakt der aktuellen Umfrage.
Mobbing in Form verbaler Attacken und körperlicher Aggression
Die Wissenschaftler um Professor Dr. Reinhold Jäger vom Zentrum für empirische pädagogische Forschung (ZEPF) der Universität Koblenz-Landau haben im Rahmen ihrer Untersuchung mehr als 1.800 Lehrer zum Thema Mobbing befragt. Dabei zeigte sich, dass die Täter nicht immer in den Klassenräumen, sondern oftmals auch im Lehrerzimmer sitzen. Zudem werde das Mobbing häufig nach Schulschuss im Internet fortgesetzt. Insgesamt fühlten sich den Angaben der Forscher zufolge 17,4 Prozent der Lehrer gemobbt. Insbesondere verbale Attacken, ein Ausschließen aus dem Kollegium und körperliche Aggression machten den betroffenen Lehrkräften zu schaffen.
Je größer die Schule, umso höher das Mobbing-Risiko
Die Online-Umfrage unter den Lehrkräften offenbarte auch erhebliche Unterschiede beim Mobbing, je nach Schulform und Größer der Schulen. Tendenziell steigt demnach das Mobbing-Risiko mit der Größe der Schule und in der in der Primarstufe ist direktes Mobbing um 28 Prozent häufiger als in der Sekundarstufe I und II. Zudem fühlen sich Lehrkräfte die seit Jahren den Beruf ausüben deutlich öfter gemobbt, als junge Lehrer. Für die Betroffenen ist das Mobbing eine erhebliche psychische Belastung und ihnen gelingt es nicht immer die Nerven zu behalten. Mögliche in der Online-Umfrage beschriebene Reaktionen sind zum Beispiel weinen, schreien, Beschimpfungen, Beleidigungen, die Androhung von Schlägen und körperliche Aggressivität. Viele sind angesichts des Mobbings durch ihre Kollegen jedoch schlichtweg fassungslos und wissen nicht, was sie tun sollen.
Mobbing im Lehramtsstudium thematisieren
Das Problem des Mobbings müsste nach Auffassung des Projektleiters Prof. Dr. Reinhold Jäger bereits im Rahmen des Lehramtsstudiums beziehungsweise der Ausbildung der Lehrkräfte thematisiert werden, um die werdenden Lehrerinnen und Lehrer auf die besonderen Herausforderungen ihre Berufes vorzubereiten. Denn „nur gesunde und gut ausgebildete Lehrkräfte werden ihren Schülerinnen und Schülern das vermitteln können, was fachlich, sozial, methodisch und für die Persönlichkeitsentwicklung bedeutsam ist“, erläuterte Prof. Jäger zum Auftakt der Studie im Juni 2012.
Mobbing an den Schulen vermeiden
Allerdings sind viele Lehrkräfte beim internen Mobbing im Kollegium selbst Täter und nicht Opfer. Hier sind nach Auffassung der Experten "gezielte Schulungen und Seminare ein möglicher Ansatz, um dem Mobbing entgegenzuwirken und den Opfern den Rücken zu stärken". Eine besondere Verantwortung trägt dabei die Schulleitung, welche auch für einen angemessenen Umgang unter den Lehrkräften sorgen sollte. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erklärt bezügliche des Nährbodens auf dem Mobbing entsteht: „Dort, wo der Personalentwicklung wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, wo die Arbeit schlecht organisiert ist, wo das Betriebs- und Arbeitsklima schlecht ist, kann Mobbing gut gedeihen.“ Die Ansatzpunkte zur Vermeidung des Mobbings unter den Lehrkräfte sind demnach klar, auch wenn die Lehrer damit nicht vor den Angriffen und Anfeindungen der Schüler und Eltern geschützt werden können. Hier scheint generell mehr Respekt in der Gesellschaft vor dem Lehrerberuf erforderlich. Schließlich übernehmen die Lehrerinnen und Lehrer einen Großteil der Ausbildung unserer Kinder und sollen ihnen einen möglichst positiven Start in die Zukunft ermöglichen. (fp)
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