Die Schädigungen des Gehirns durch Nikotin sind lange anhaltend
25.12.2012
Wer einen Rauchstopp eingelegt hat, kann stolz auf sich sein. Doch wie Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“ anhand einer Studie berichten, haben ehemalige Raucher noch lange mit den kognitiven und körperlichen Folgen zu kämpfen. Schuld daran sind offenbar neurologische Veränderungen, die durch den jahrelangen Zigarettenkonsum verursacht wurden. Das Glutamat-System zeigt im Verlauf einer aktuellen Studie eine signifikante Unterversorgung.
Schädigungen durch Nikotin
Nikotin hat auf das menschliche Gehirn eine nachhaltigere Wirkungsweise, als die Medizinforschung bislang annahm. Die Auswirkungen sind länger anhaltend und stärker ausgeprägt, schreiben die Schweizer Forscher in "PNAS".
Das Forscherteam um Gregor Hasler untersuchte das Glutamat-System von Nichtrauchern, aktiven Rauchern und Ex-Rauchern. Dabei wurde der Glutamat-Haushalt im zentralen Nervensystem mit allen drei Probanden-Gruppen verglichen.
Glutamat-Menge im Gehirn durchschnittlich um 20 Prozent reduziert
Dabei stellte sich heraus, dass ein spezielles Protein „mGluR5“ bei Zigarettenkonsumenten weitaus geringer vorhanden war, als bei Nichtrauchern. So war die Glutamat-Menge im Gehirn durchschnittlich um 20 Prozent und in einigen Gehirnarealen sogar um 30 Prozent gemindert. „Neue Nichtraucher“, also Studienteilnehmer, die vor rund 25 Wochen das Rauchen aufgaben, zeigten eine Verringerung des Proteins „mGluR5“ um 10 bis 20 Prozent. „Die Veränderung des Glutamat-Systems bei rauchenden Menschen ist im Ausmaß weitaus größer, als bisher angenommen“, berichtet Hasler.
Die geminderten GluR5-Werte bei Ex-Rauchern zeigen, dass sich die Rezeptoren noch nicht regeneriert haben. Wahrscheinlich dauere die Wiederherstellung des Glutamat-Systems sehr lange. "Es ist daher wahrscheinlich, dass die nur langsame Normalisierung des Spiegels zu einer hohen Rückfallquote beiträgt", schreiben die Wissenschaftler in dem Studienbericht.
Mehr Hunger und Ängste
Die Wissenschaftler vermuten nunmehr, dass die Veränderungen des Glutamat-Systems auch für ein vermehrtes Auftreten von Angsterkrankungen bei Rauchern verantwortlich sind. Bei ehemaligen Rauchern könnten die Verschiebungen zu einem erhöhten Übergewichtsrisiko führen. „Das ist noch unklar“, betonen die Studienautoren. Hier müsse weiter geforscht werden.
Hinsichtlich der Entwicklung von Arzneien, die auf das Protein einwirken könnten, sei zu bedenken, dass sich die Wirkung bei Rauchern und Ex-Rauchern deutlich von der Wirkung bei Nichtrauchern unterscheiden könne", erklärt der leitende Mediziner aus Bern. "Aber Medikamente, die direkt in das Glutamat-System eingreifen, könnten die Raucher bei ihrer Entwöhnung unterstützen", so Gregor Hasler und Kollegen weiter.
Weil Nikotin über eine anregende aber auch beruhigende Wirkungsweise verfügt, leiden viele Raucher auch Wochen nach dem ersten Entzug unter körperlichen Symptomen. Es treten Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Einschlafprobleme, Schwindel, Aggressionen, Konzentrationsschwäche und ein gesteigertes Hungergefühl auf. Eben jene Beschwerdebilder lassen viele Menschen das Rauchen wieder anfangen. Dennoch lohnt sich der Rauchstopp, da sich das Erkrankungsrisiko von Lungenkrebs und Herzinfarkt deutlich reduzieren lässt. (sb)
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