Fakten sprechen gegen Diäten
05.05.2013
In Deutschland gibt es immer mehr Übergewichtige und Adipöse. Durch Diäten steigt deren Anzahl sogar noch, warnen Kritiker zum 6. Mai, dem Anti-Diät-Tag. Teilweise können die Diäten auch in ernsthafte Erkrankungen münden, warnen Experten.
Mehr als die Hälfte der Deutschen zu dick
67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen in Deutschland wiegen zu viel. Laut Bundesregierung ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung zu dick. Die Zahlen stammen aus einer Studie des Robert-Koch-Instituts des vergangenen Jahres. Im Vergleich zum Ernährungsbericht 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung wird deutlich, dass etwa jeder fünfte Erwachsene sogar adipös, also krankhaft fettleibig, ist. Übergewicht mit Hilfe von Diäten zu lösen, führt jedoch meist nicht zum Erfolg. Die abgemagerten Pfunde sind meist schneller wieder zurück als befürchtet. Viele reagieren darauf mit einer erneuten Diät. Dadurch kann ein sogenannter Jo-Jo-Effekt entstehen, ein Kreislauf aus Hungern, Verlust der Selbstkontrolle, regelrechten Heißhungerattacken mit Essanfällen und einer erneuten Diät mit Hungern. Diäten können sogar zu ernsthaften Essstörungen führen, warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA). Deren Direktorin, Prof. Dr. Elisabeth Pott, erklärt: „Regelmäßige oder unkontrollierte Diäten können in eine ernsthafte Erkrankung wie Bulimie oder Binge Eating münden.“ Binge Eating ist eine Essstörung, bei der unkontrolliert Essen in sich hineingestopft und im Gegensatz zur Bulimie, nicht anschließend erbrochen wird. Essgestörtes Verhalten tritt vor allem bei jungen Menschen auf. Etwa bei jedem dritten Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren gebe es Hinweise darauf. Bei den Jungen sind mit 13,5 Prozent etwas weniger auffällig.
Selbstkasteiung durch Diäten meist sinnlos
Seit 1992 findet jährlich am 6. Mai der Internationale Anti-Diät-Tag statt. Die Autorin Mary Evans Young aus Großbritannien, hatte ihn damals ins Leben gerufen und sich zum Ziel gesetzt, auf die Gefahr aufmerksam zu machen, dass Diäten zu Essstörungen führen können. Mit dem „International No Diet Day“ gibt Frau Young, die selbst an Magersucht litt, aber auch ein Plädoyer dafür ab, keinem mageren Schönheitswahn nachzurennen und den eigenen Körper zu akzeptieren. Anlässlich dieses Datums warnt auch der Freiburger Sportmediziner Dr. Michael Lehmann: „Selbstkasteiung durch Diäten ist meist nicht nur sinnlos, sondern auch riskant." Durch Diäten komme es zu mehr Fettsüchtigen. Außer einer ausgewogenen Ernährung ist vor allem Sport enorm wichtig für einen gewollten Gewichtsverlust. Der Mediziner rät zum Fahrradfahren. „Radfahren regt den Stoffwechsel an", so Lehmann, „und eigne sich gerade für übergewichtige Menschen.“ Beim Radfahren werden die Gelenke entlastet, da das Körpergewicht vom Drahtesel getragen wird. Außerdem gilt grundsätzlich, dass man abnimmt, wenn mehr Kalorien verbrannt als aufgenommen werden. „Wenn diese Energiebilanz stimmt, ist keine Diät notwendig." Sowohl für die regelmäßigen sportlichen Aktivitäten als auch bei der langfristigen Ernährungsumstellung muss man sich aber an seine eigenen aufgestellten Regeln halten, um erfolgreich abzunehmen.
Der Mensch isst, was ihm schmeckt
Professor Dr. med. Andreas F. H. Pfeiffer, Leiter der Abteilung für Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam-Rehbrücke und Leiter der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährung der Charité, erklärt: „Ernährungskonzepte zur langfristigen Gewichtskontrolle wurden in zahlreichen Studien entwickelt, scheitern aber bisher bei der Mehrheit der Menschen in der Praxis.“ Weiter erläutert er: „Menschen essen langfristig das, was ihnen am besten schmeckt und es ist außerordentlich schwierig, Ernährungsmuster zu verändern.“ Das Problem besteht darin, dass für viele Menschen besonders fett- und zuckerhaltige Nahrungsmittel, die sehr energiereich sind, geschmacklich attraktiv seien. Um einer Zunahme von Fettleibigkeit und damit verbundenen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken zu können, müssten gesündere, energieärmere Lebensmittel entwickelt werden, die aber auch sättigen. „Diese wären sowohl für Patienten mit Zuckerstoffwechselstörungen als auch für Gesunde von Vorteil", meint Pfeiffer. Die Entwicklung von Suppen, Nudeln, Backwaren, Brot und Snacks, die einen höheren Anteil an pflanzlichen Eiweißen und unlöslichen, nicht fermentierbaren Ballaststoffen enthalten, seien Beispiele dafür. Eine Ernährung, die eher wenig und pflanzliches Fett, sowie mageres und pflanzliches Eiweiß, viel Gemüse und insgesamt einen niedrigen glykämischen Index aufweist, könne einen dauerhaften Gewichtsverlust am erfolgreichsten unterstützen, so das Ergebnis von mehreren Studien. Nach Ansicht des Vegetarier Bundes Deutschlands (Vebu) kann eine vegetarische Ernährung dabei helfen, überschüssiges Gewicht zu verlieren. (sb)
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Bild: BirgitH / pixelio.de
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