Gesundheitsministerium fordert lückenlose Aufklärung über Organ-Skandal
21.07.2012
Der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat eine schnelle Aufklärung über den Organspende-Skandal am Uniklinikum Göttingen gefordert. Der Gesundheitsminister zeigte sich erschrocken über „das Ausmaß der Missstände bei den Organtransplantationen“ in Göttingen. „Sollten sich die Vorwürfe der Schieberei von Organzuteilungen bestätigen, müssen massive Konsequenzen folgen“, zitierte ein Sprecher den Minister in Berlin.
Am Freitag berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ über schwerwiegende Vorgänge in der Abteilung für Transplantationen der Universitätsklinik Göttingen. An der Klinik seien Patienten bevorzugt bei Lebertransplantationen behandelt worden. In Folge dessen hat die Klinikleitung bereits den leitenden Oberarzt der Transplantation-Chirurgie mit sofortiger Wirkung entlassen. Dieser habe anscheinend Patientendaten derart manipuliert, so dass einige Patienten bevorzugt Organspenden erhielten. Inzwischen hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und geht den Vorwürfen nach. Erste Ermittlungsergebnisse liegen noch nicht vor.
Skandal nicht nur gesetzeswidrig sondern auch ethisch verwerflich
„Ein solches Vorgehen ist nicht nur gesetzeswidrig, sondern höchst respektlos und ethisch verwerflich, wenn Organe nicht nach medizinischer Dringlichkeit transplantiert werden“, betonte der Ministeriumssprecher. Der Gesundheitsminister befürchtet, dass die Medienberichte über den Skandal dafür sorgen könnten, dass „die Bereitschaft zur Organspende massiv erschüttern würden“. Bereits Ende Juni wurde das Ministerium über die Vorgänge informiert und stehe seit dem im engen Kontakt mit den zuständigen Behörden und der Klinik.
Nicht nur ein Täter sondern mehrere Mitarbeiter
Im Verlauf einer Pressekonferenz bestätigte der Vorstandsvorsitzende der Göttinger Uniklinik, Martin Siess, dass sehr wahrscheinlich weitere Täter mit involviert waren. Es sei zwar theoretisch möglich, dass der mutmaßliche Haupttäter die Akten allein manipuliert habe, dass sei aber „sehr unwahrscheinlich“. Auf der anderen Seite sei es ebenso „unwahrscheinlich, dass sehr viele Mitarbeiter die Akten manipuliert haben“, so Siess.
Wie Daniel Bahr forderte auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, ein schnelle und vor allem „lückenlose Aufklärung des Falls“. Von Seiten der Ärztekammer und der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) verlangte der Gesundheitspolitiker „dass sie endlich durchgreifen und Abläufe transparent machen.“ Wenn das nicht geschehe, „müsse den Institutionen die Kontrolle entzogen werden“.
Organspende in staatliche Hände
Die Deutsche Hospiz-Stiftung forderte, die Organspende unter staatliche Kontrolle zu stellen, damit sich solche Vorkommnisse nicht wiederholen. „Ansonsten verlieren die Menschen das Vertrauen gegenüber dem Organspende-System“. Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Günter Kirste, hofft jedoch, dass sich die „Menschen nicht von dem Einzelfall im Grundsatz verunsichern lassen“. (sb)
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