EHEC auch in Zukunft ein Gesundheitsrisiko
14.05.2012
Die Gefahr durch EHEC ist nicht gebannt. Wie Experten auf dem EHEC-Weltkongress vergangene Woche betonten, sind nach dem Ende der EHEC-Epidemie in Deutschland durch die ursächlichen EHEC-Erreger O104:H4 keine weiteren Neuinfektionen aufgetreten. Doch es gibt unzählige Varianten der Darmbakterien aus der Gattung Enterohämorrhagische Escherichia coli, so dass auch in Zukunft ein gewisses Gesundheitsrisiko aus dieser Richtung besteht.
Der deutsche EHEC-Experte Prof. Dr. Helge Karch vom Institut für Hygiene des Universitätsklinikums Münster (UKM) war mit 15 Beiträgen am EHEC-Weltkongress VTEC 2012 beteiligt. Am Freitag erklärte Krach, die gute Nachricht sei, dass „der damalige Ausbruchsstamm in diesem Jahr noch keine Erkrankungen verursacht hat. Die schlechte Nachricht ist, dass es andere Stämme gibt, die Erkrankungen auslösen können.“ So ist die EHEC-Gefahr keineswegs gebannt, sondern tritt derzeit lediglich nicht in Erscheinung.
Anzahl der EHEC-Infektionen in Deutschland überschaubar
Ursache der EHEC-Epidemie war der EHEC-Erreger O104:H4, der nicht nur die gewöhnlichen EHEC-Symptome wie Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auslöste, sondern besonders häufig schwere Komplikationen – das sogenannte hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) – zur Folge hatte. Schlimmstenfalls erlitten die Patienten hierbei ein tödliches Nierenversagen. Insgesamt 50 Todesopfer waren im Rahmen der EHEC-Epidemie im vergangenen Jahr zu verzeichnen. Nachdem die Quelle der Keime identifiziert wurde, ging die Anzahl der Infektionen zügig zurück und seither sind keine weiteren Neuinfektionen mit dem besonders aggressiven Erregerstamm aufgetreten. Dennoch ist Gefahr durch EHEC nicht endgültig gebannt. Jedes Jahr erkranken deutschlandweit rund 1.000 Patienten an einer EHEC-Infektion, womit Deutschland laut Pressemitteilung des UKM vom Freitag „am untersten Ende der Skala der großen Industrienationen“ rangiert.
Globale Zusammenarbeit im Kampf gegen EHEC gefordert
In den meisten Fällen ist eine EHEC-Infektion mit heftigen Magen-Darm-Beschwerden verbunden, stellt jedoch für die Patienten normalerweise kein lebensbedrohliches Risiko dar. Allerdings sind 42 EHEC-Typen bekannt, die Nierenversagen zur Folge haben könnten, erläuterte Prof. Dr. Karch. So ist der Erregerstamm aus dem vergangenen Jahr heute zwar nicht mehr virulent, doch andere EHEC-Stämme könnten seinen Platz einnehmen, warnen die Experten. „Wenn ein neuer Ausbruch erfolgen sollte, wird er durch eine andere Variante hervorgerufen werden“, betonte Karch. Laut Aussage des Münsteraner EHEC-Experten, ist „die Schwierigkeit, eine Voraussage zu treffen, um welchen dieser Stämme es sich handeln wird.“ Um vergleichbare Ausbrüche wie im vergangenen Jahr zu vermeiden, seien die Wissenschaftler europaweit bereits vernetzt, „ich denke aber, dass wir das weltweit machen müssen“, so Karch weiter. Denn aufgrund der Globalisierung der internationalen Warenströmen, können sich auch die Erreger weltweit ausbreiten. So wurden die Auslöser der EHEC-Epidemie im vergangenen Jahr vermutlich mit Bockshornkleesamen aus Ägypten importiert.
Patienten leiden bis heute unter den Folgen der EHEC-Infektion
Bis heute leiden laut Aussage der Experten zahlreiche Menschen in Deutschland an den Folgen der EHEC-Epidemie. Eine zweistellige Zahl von Betroffenen kämpfe noch immer mit den Konsequenzen, wie beispielsweise Nierenschäden, und rund fünf Prozent der Patienten, die an dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) erkrankt waren, sind nach Einschätzung von Professor Hermann-Joseph Pavenstädt von Universitätsklinikum Münster auch heute noch in Behandlung., was in etwa einer Anzahl von 40 Patienten entspreche. Am UKM liefen die Behandlungen der EHEC-Patienten im vergangenen Jahr durchaus erfolgreich ab und beinahe alle Patienten haben sich vollständig von ihrer Erkrankung erholt, berichtet das Klinikum in seiner Pressemitteilung vom Freitag. „Nach den zum Teil sehr schweren Krankheitsverläufen ist das ein großer Erfolg“, betonte Prof. Pavenstädt und ergänzte: „Wir hoffen, dass dieser positive Verlauf auch in den kommenden Monaten und Jahren anhält.“ Zur Kontrolle werde der Gesundheitszustand der Patienten „auch in Kooperation mit niedergelassenen Ärzten regelmäßig überprüft.“ Laut Prof. Dr. Norbert Roeder, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKM, hat „der EHEC-Ausbruch deutlich gemacht, wie wichtig eine gut funktionierende Zusammenarbeit von Krankenversorgung und Forschung ist.“ Prof. Dr. Roeder freute sich besonders, „dass der Gesundheitszustand unserer Patienten dank der ausgezeichneten Versorgung heute so positiv zu bewerten ist.“
Verbesserte Therapie von EHEC-Infektionen?
In Bezug auf die Behandlung von Infektionen mit aggressiven Varianten der Enterohämorrhagische Escherichia coli erklärte Prof. Dr. Karch: „Man ist auf dem Weg dahin, eigene Therapien für EHEC-Patienten zu finden", es werde „aber noch einige Jahre dauern, bis sie verfügbar sind.“ Auch vorbeugende Maßnahmen wie beispielsweise die Impfung von Rindern – als einem Hautreservoir der EHEC-Erreger – werden laut Aussage des Experten derzeit untersucht. (fp)
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