Zeitnahe Erkennung von EHEC-Infektionen durch neuen Schnelltest
09.06.2011
Obwohl das Genom der aktuell in Deutschland grassierenden EHEC-Erreger bereits entschlüsselt ist und das Forscherteam um den EHEC-Experten Helge Karch am Institut für Hygiene des Universitätsklinikums Münster einen Schnelltest entwickelt hat, mit dem der neue, besonders aggressive EHEC-Erregerstamm nachgewiesen werden kann, ist die Suche nach den Verbreitungswegen der EHEC-Infektionen noch lange nicht abgeschlossen.
Bei EHEC-Epidemien, wie der aktuell in Deutschland zu verzeichnenden Infektionswelle, bleibt die Ursache der Infektionen trotz intensiver Aufklärungsbemühung der Gesundheitsbehörden und Mediziner häufig ungeklärt. So konnte zwar das Genom des aktuelle grassierenden besonders aggressiven EHEC-Erregerstamms O104:H4 bereits vollständig entschlüsselt werden und das Team um den Münsteraner EHEC-Papst Helge Krach hat einen sogenannten Schnelltest entwickelt, um den speziellen EHEC-Bakterienstamm nachzuweisen. Doch bei der Bekämpfung der Infektionen und der Suche nach der Infektionsquelle konnten dadurch bisher kaum Vorteil erzielt werden.
Nicht jedes Zwicken im Bauch ist eine EHEC-Infektion
Im Rahmen der Suche nach den Ursachen der EHEC-Infektionen sind bei den Gesundheitsbehörden und zuständigen Ministerien in den vergangenen wechselweise Gurken, Tomaten, Salat und Sprossen unter Verdacht geraten. Auch wurden allgemeine Warnungen vor dem Verzehr von Rohkost ausgesprochen. Doch trotz der bestehenden Nachweismöglichkeit mit Hilfe des EHEC-Schnelltest, ist der Verbreitungsweg des neuen EHEC-Erregers O104:H4 weiter unklar. In der Bevölkerung herrscht Verunsicherung und viele fragen sich bei leichten Bauchschmerzen oder Durchfall, ob sie eventuell bereits mit den gefährlichen Bakterien infiziert sind. Als eindeutige EHEC-Symptome gelten die wässrig-blutigen Durchfallerkrankungen und schwere Nierenleiden bis hin zu akutem Nierenversagen. Auch neurologische Störungen sind häufig die Folge einer EHEC-Infektion, vor allem bei schwerem Krankheitsverlauf mit hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS). Während bei den genannten EHEC-Symptomen nicht ohne Grund die Alarmglocken schrillen und die Betroffenen sich meist umgehend in medizinische Behandlung begeben, sind viele Menschen jedoch schon bei leichtem Zwicken im Bauch verunsichert. Sie wüssten gerne, ob sie die EHEC-Erreger möglicherweise schon in sich tragen.
Bei Angst vor einer EHEC-Infektion als erstes zum Hausarzt
Angesichts der Tatsache, dass die Krankenhäuser und Kliniken mit der Behandlung der EHEC-Patienten bereits voll ausgelastet sind, sollten Personen, die eine EHEC-Infektion befürchten, bisher jedoch kaum / nicht unter Symptomen leiden, am besten vorerst den Hausarzt aufsuchen, empfiehlt Dr. Masyar Monazahian vom niedersächsischen Landesgesundheitsamts in Hannover. Dieser würde die Patienten bei Anzeichen einer EHEC-Infektion ohnehin umgehend in eine Klinik überweisen, erläuterte der Experte. Hier könne anschließend mit Hilfe des Schnelltest relativ zeitnah ermittelt werden, ob tatsächlich eine Infektion mit den gefährlichen Enterohämorrhagischen Escherichia coli O104:H4 vorliegt. Zwar benötigt auch der Schnelltest mehrere Stunden, bis ein eindeutiges Ergebnis feststeht, doch gegenüber den bisherigen Nachweismethoden mit der sogenannten Realtime-PCR (Polymerase-Kettenreaktion), die teilweise bis zu 36 Stunden benötigte, um erste Resultate zu liefern, ist das neue Nachweisverfahren ein Quantensprung. So können die gefährlichen EHEC-Erreger O104:H4 seither innerhalb relativ kurzer Zeit eindeutig nachgewiesen werden. Aus Kapazitätsgründen ist der EHEC-Schnelltest bisher jedoch den möglichen Risikopersonen vorbehalten. Für Menschen, die aufgrund der aktuellen Epidemie lediglich verunsichert sind und einen EHEC-Test als Absicherung machen möchten, ist die neue Nachweismethode nicht gedacht.
EHEC-Schnelltest für Risikopersonen
Der EHEC-Schnelltest wird nach Aussage der Experten bisher vor allem bei Risikopersonen eingesetzt, die schon unter typischen EHEC-Symptomen wie blutigem Durchfall oder Nierenversagen leiden. Des weiteren unterliegen dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge einige Menschen einer erhöhten Ansteckungsgefahr, so dass bei diesem Personenkreis auch Durchfallerkrankungen ohne Blut im Stuhl Anlass für einen EHEC-Schnelltest seien sollten. Zu den betroffenen Risikopersonen zählen laut Robert-Koch-Institut zum Beispiel Patienten die unmittelbar mit dem „Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln befasst (sind) oder in Küchen von Gaststätten oder sonstigen Einrichtungen mit/zur Gemeinschaftsverpflegung“ arbeiten. Außerdem sind Personen, die direkten Kontakt mit HUS-Patienten haben, der Risikogruppe zuzuordnen und sollten daher auch bei leichten EHEC-Symptomen einem Schnelltest unterzogen werden. Gleiches gilt dem RKI zufolge für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr, die wegen einer Durchfallerkrankung ins Krankenhaus eingewiesen wurden.
EHEC-Schnelltest ermöglicht frühzeitige Diagnose
Insgesamt bietet der EHEC-Schnelltest eine gute Option, um die Ausbreitung der Seuche zu verfolgen und möglichst zeitnah eine Diagnose zu stellen. Damit einher gehen mehrere Vorteil bei der Bekämpfung der aktuellen EHEC-Epidemie. Einerseits lässt sich die Verbreitung des gefährlichen Errgerstammes O104:H4 erfassen, anderseits können die gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen durch eine frühzeitige Diagnose deutlich reduziert werden. Durch die frühe Feststellung der EHEC-Infektion lässt sich außerdem die Ansteckungsgefahr für die Mitmenschen deutlich senken, erklärte der Experte des niedersächsischen Landesgesundheitsamts. Darüber hinaus können möglicherweise kontaminierte Lebensmittel künftig sehr viel einfacher auf eine mögliche EHEC-Belastung mit O104:H4 überprüft werden. Ob der Schnelltest jedoch einen Beitrag bei der Suche nach den Ursachen der aktuellen EHEC-Infektionswelle leisten kann bleibt fraglich. Denn wie die besonders gefährlichen Erreger entstanden und wodurch sie in Umlauf geraten sind, lässt sich vermutlich nur mit Hilfe des Zufalls aufklären. Bei zahlreichen EHEC-Epidemien in der Vergangenheit konnte die direkte Quelle der gefährlichen Infektionen nie gefunden werden. (fp)
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Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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