Kassen wollen Versicherten Beiträge zurückzahlen
22.09.2012
Die ersten Krankenkassen haben damit begonnen, ihre Milliardenüberschüsse an die Versicherten auszuzahlen. Allen voran die Techniker Krankenkasse plant zum Jahreswechsel mindestens 100 Euro an die Beitragzahler auszuschütten. Laut einer kleinen Umfrage des Nachrichtenmagazins „Focus“ denkt jede dritte Kassen über eine Prämie nach. Andere setzen auf ein breiteres Angebotsspektrum bei den Gesundheitsleistungen.
Neben der Hanseatischen und der Techniker Krankenkasse planen nun weitere gesetzliche Krankenversicherungen einen Teil der erwirtschafteten Überschüsse an die Versicherten auszuzahlen. Weil der Beitragssatz Anfang 2011 auf 15,5 Prozent stieg, die Ausgaben vor allem im Arzneimittelsektor im Verhältnis zu den Einnahmen sank und die Erwerbsquote stieg, konnten die Krankenkassen einen Überschuss von mindestens 20 Milliarden Euro anhäufen. Seitens der Politik wurden die Kassen immer wieder aufgefordert, die Mehreinnahmen auch für Beitragsrückzahlungen zu verwenden. Das Magazin befragte nach eigenen Angaben 81 der 146 auf dem Markt existierenden Kassen. Von den Befragten gab jede Dritte zu Protokoll, „Spielräume für Beitragsrückzahlungen“ zu sehen. Neunzehn Krankenkassen gaben sogar an, bereits an konkreten Modellen zu arbeiten, die eine Erstattung möglich machen könnte. Die Mehrheit der „willigen Kassen“ waren laut der Umfrage Betriebskrankenkassen (BKK).
Prämien zwischen 50 und 100 Euro pro Jahr und Beitragszahler
Nach Angaben des Magazins wollen 74 Prozent eine Ausschüttung für das Jahr 2012 zwischen 50 bis maximal 100 Euro bewerkstelligen. Die Auszahlungen würden im kommenden Jahr getätigt. 10 Prozent gaben an, die niedrige Auszahlung zu realisieren, 16 Prozent sehen Chancen für eine Prämie jenseits der 100 Euro Grenze. Mitversicherte und Kinder bekämen keine Prämie, sondern nur Versicherte, die selbst einen Krankenversicherungsbeitrag entrichten.
Kassen setzen eher auf zusätzliche Angebote
Eine Beitragsauszahlung sehen allerdings die meisten Krankenkassen eher kritisch. Vielmehr wollen sie auf mehr Gesundheitsleistungen setzen. Demnach sagten 84 Prozent der Umfrageteilnehmer, sie wollen mehr Mitgliederleistungen konzipieren. Darunter sollen auch Naturheilkunde, Osteopathie, Zahnreinigungen, Sportkurse, Gesundheitspräventionen und spezielle Kurse fallen. Für solche Angebote wollen die Kassen die Gebühren mindestens für das kommende Jahr finanzieren.
38 Prozent der befragten Kassen drängt darauf, den gesetzlich bindenden Einheitssatz von 15,5 Prozent wieder freizugeben. Vor der Gesundheitsreform von Ulla Schmidt konnten die Kassen noch den Beitragssatz selbst bestimmen und so in die direkte Konkurrenz mit den Mitbewerbern gehen. Andere Kassenvertreter meinen, der Satz solle entsprechend den Einnahmen „wenigstens wieder abgesenkt werden“.
Betriebskrankenkassen zahlen im Schnitt 30 Euro
Das Magazin „Wirtschaftswoche“ berichtet, dass neben der TK und der Hanseatischen die Betriebskassen „G+V BKK“ sowie die BKK Wirtschaft und Finanzen einen Obolus auszahlen wollen. Der genaue Betrag stehe allerdings noch nicht fest. Die BKK „A.T.U.“ teilte mit, sie zahle „jedem Kassenmitglied 30 Euro zum Jahresbeginn 2012 aus“. Die Zeitung hatte die zehn größten Krankenkassen befragt mit einem Mitgliedsvolumen von etwa 35 Millionen Versicherten.
Keine Abschaffung der Praxisgebühr
Obwohl die Praxisgebühren einen erheblichen verwaltungstechnischen Aufwand vor allem für die Arztpraxen bedeutet und seinen eigentlichen Zweck der Minimierung der „unnötigen Arztbesuche“ nicht erfüllt, hält die Mehrheit der Kassen an den Quartalsgebühren für Arztkonsultationen fest. Nur jede fünfte Kasse wäre bereit, die Praxisgebühr wieder abzuschaffen. Immerhin nimmt die gesetzliche Krankenversicherung allein durch die Extragebühr jedes Jahr rund zwei Milliarden Euro ein.
Der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) hatte sich zuletzt vehement gegen eine Rückerstattung der Beiträge ausgesprochen. „Schon im nächsten Jahr könne der Gesundheitsfonds wieder in die roten Zahlen abrutschen“, wie es hieß. Aufgrund der „Unberechenbarkeit des Gesundheitsfonds“ gebe es keinen Spielraum für Extrazahlungen. Eher könne das Geld für einen erweitertes Leistungsspektrum verwandt werden. (sb)
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