Entspannung und Bewegung gegen Ischiasbeschwerden
08.10.2014
Der Ischiasnerv wird als der mächtigste Nerv im Körper beschrieben. Mächtig sind auch die Qualen, die durch Ischiasschmerzen verursacht werden. Im Akutfall können dann nicht nur Medikamente helfen, sondern auch Wärme, Entspannungsübungen und Bewegung.
Eine unglückliche Bewegung kann ausreichen
Oft reicht eine unglückliche Bewegung, schweres Heben oder falsches Bücken, um den starken stechenden Schmerz im Rücken auszulösen, der bis ins Bein zieht. Der Ischiasschmerz kommt nicht nur plötzlich und macht alltäglichste Bewegungen zur Qual, sondern gibt auch nachts keine Ruhe. Meist entstehen die Schmerzen dadurch dass der Ischiasnerv eingeklemmt ist und dies wiederum meist infolge von einem Bandscheibenvorfall. Betroffenen sind die genauen Auslöser im Akutfall oft nicht vordergründig wichtig, sie wollen nur die Pein möglichst schnell loswerden.
Größter und dickster Nerv des Menschen
Der Nervus ischiadicus ist der längste, nicht im Körperinneren verlaufende und zugleich der größte und dickste Nerv des menschlichen Körpers. Die Fasern des Nervs steuern die Bewegung der Muskeln und die Sensibilität vom Rückenmark bis ins Bein und werden aus mehreren Wurzeln im untersten Teil der Wirbelsäule gebildet. Genau dort sitzt normalerweise die Ursache allen Übels. „Wenn eine dieser Nervenwurzeln durch Kompression, meist durch einen Bandscheibenvorfall, geschädigt wird, verursacht das Schmerzen, die vom Bereich der Lendenwirbelsäule über das Gesäß an der Außenseite des Beines entlang strahlen und manchmal bis in den Fuß reichen können“, erklärte Professor Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Mechanismus schnellstmöglich durchbrechen
Die "Nervenwurzel zwischen dem fünften Lendenwirbel und dem ersten Kreuzbeinwirbel sei dabei sehr häufig betroffen". Ursachen für Schäden an einer dieser Nervenwurzeln können zudem verdickte Wirbelgelenke durch Abnutzung, Bewegungsmangel oder eine untrainierte Muskulatur sein. Doch die Vorgänge rund um den Nerv sind unabhängig von der Ursache oder dem konkreten Auslöser der Schmerzes vergleichbar. So wird auf das Nervengewebe Druck ausgeübt, es wird gereizt und schwillt an. Dies engt den Nerv noch mehr ein, verstärkt also den Druck und erhöht die Reizung. Es gilt, "diesen Mechanismus" möglichst schnell zu durchbrechen. „Wichtig ist, rasch den Druck vom Nerv zu nehmen, so dass sich die Schwellung zurückbildet“, so Bernd Kladny von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Dauert die Reizung des Nervs zu lange, wird dadurch nicht nur der Schmerz verlängert, sondern dann nimmt auch der Nerv Schaden, es stirbt Gewebe ab. „Dann müssen neue Fasern wachsen. Das dauert lange – pro Tag wächst etwa ein Millimeter.“
Medikamente mit zweifacher Wirkung
Im Akutfall können Medikamente kombiniert mit Entspannung helfen. „Wenn man keine Gefühlsstörungen oder Lähmungserscheinungen hat, normal Wasser lassen kann und Stuhlgang hat, dann kann man in der Akutphase die Schmerzen zunächst symptomatisch mit Schmerztabletten behandeln“, so Kladny. Doch die Schmerzstiller bringen nicht nur Linderung, sondern können auch dafür sorgen, dass der Patient nicht in eine Krampfhaltung gerät und dadurch den Druck auf den Nerv verstärkt oder anderswo im Körper schmerzhafte Verspannungen aufbaut. Die kurzfristige Lösung ist, sich hinzulegen, idealerweise in der Stufenbettlagerung. Knie und Hüftgelenk bilden dabei jeweils einen rechten Winkel. So wird die Wirbelsäule entlastet.
Wärme hilft ganz gut
Professor Joachim Nadstawek, Vorsitzender des Berufsverbandes der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland ergänzte dazu: „Im Akutfall hilft Wärme ganz gut.“ Er empfiehlt: „Legen Sie sich auf ein Heizkissen oder auf ein Kirschkernkissen.“ Diener fügte hinzu, dass diejenigen, die nur Schmerzen und keine neurologischen Ausfallerscheinungen haben, die Entwicklung ein paar Tag beobachten können, bevor sie zum Arzt gehen. Allerdings sind neurologische Ausfälle häufig typische Begleiter des Ischiasschmerzes.
Viele Patienten erhalten Physiotherapie
Dazu erläuterte Diener: „Die Betroffenen haben ein taubes Gefühl im Bein, können nicht auf den Zehenspitzen stehen, oder der Achillesfersenreflex ist beeinträchtigt.“ In solchen Fällen wird ein Arzt Körperhaltung und Reflexe untersuchen, um so gezielt entzündungshemmende und schmerzlindernde Mittel verschreiben zu können oder diese unter Umständen gleich zu spritzen. Den meisten Patienten würde eine Physiotherapie verordnet, um so schnell wie möglich wieder voll beweglich zu sein. Diener erläuterte: „In der Rückenschule wird ergonomisch günstige Körperhaltung und richtiges Heben von Lasten vermittelt. Dazu kommen Beweglichkeitsübungen für die Wirbelsäule und Training für die Rückenmuskulatur.“
Bewegungs- und Entspannungsübungen
Häufig wird die Krankengymnastik mit Wärme kombiniert, beispielsweise mit einer Wärmelampe oder Fangopackungen. Eine ähnliche Wirkung, wie Wärme, die vor allem dazu beiträgt, verkrampfte Muskeln zu entspannen und zu lockern, können auch Entspannungsübungen haben. „Sehr bewährt ist etwa Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen“, so Diener. Aquajogging, also die Bewegung im Wasser, sei jedoch fast die beste Art der Muskelentspannung. Die Bewegungs- und Entspannungsübungen werden am besten weiter praktiziert wenn der Schmerz nachlässt.
Bestmögliches Vorbeugekonzept
Auch wenn dies viel Selbstdisziplin kostet, ist es doch das bestmögliche Vorbeugekonzept. Denn wenn das Muskelkorsett den Rücken stabil stützt und wenn bestimmte Bereiche nicht dauerhaft durch Fehlhaltungen einseitig belastet werden, dann hilft dies zu vermeiden, dass eine Ischiasnervenwurzel überhaupt unter Druck gerät und Schmerzen verursacht. Anderen Experten zufolge haben sich auch klassische Naturheilverfahren, wie nach Sebastian Kneipp oder Hildegard von Bingen, oder manuelle Therapieformen wie das Fasziendistorsionsmodell (FDM), Rolfing oder Osteopathie als hilfreiche Anwendungen bei Ischiasschmerzen bewährt. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.