Angst vor Krankheiten: Hypochonder befürchten Böses im Körper
11.03.2015
Wenn es im Bauch grummelt, im Ohr piepst oder der Arm sich irgendwie taub anfühlt, denken Menschen mit einer hypochondrischen Störung meist gleich, dass eine schlimme Krankheit dahinter steckt. Sie nehmen Körpersymptome intensiv wahr und vermuten immer das Schlimmste. Mit einer Therapie kann man die Störung in den Griff bekommen.
Hypochonder vermuten immer das Schlimmste
Bei Kopfschmerzen kommt Angst auf, einen Gehirntumor zu haben und das Stechen in der Brust ist sicher ein Herzinfarkt: Menschen, die an einer hypochondrischen Störung leiden, nehmen Körpersymptome sehr intensiv wahr und vermuten immer das Schlimmste dahinter. Ein bisschen Hypochonder steckt wohl in allen Menschen. Denn wer hat noch nie über eine Krankheit gelesen und die beschriebenen Symptome plötzlich an sich selbst festgestellt? Normalerweise geht die Sorge schnell wieder, doch wer tatsächlich an einer hypochondrischen Störung leidet, tut sich schwer, seine Krankheitsängste loszuwerden.
Übertriebene Selbstbeobachtung des eigenen Körpers
Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Iris Hauth, erklärt in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa: „Die Betroffenen haben ausgeprägte Ängste, eine wirklich ernsthafte Krankheit zu haben.“ Eine übertriebene Selbstbeobachtung des eigenen Körpers ist ein wesentlicher Faktor der Störung. „Sie nehmen die Körperfunktionen sehr intensiv wahr“, so Hauth. Das muss nicht zwangsläufig etwas Schlimmes sein. „Eine Beobachtung des eigenen Körpers ist sicherlich sinnvoll“, meint Harald Gündel vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM). Doch Hypochonder vermuten eben gleich das Böse im eigenen Körper.
Betroffene lassen sich nicht beruhigen
Gaby Bleichhardt, die zusammen mit Florian Weck das Buch „Kognitive Verhaltenstherapie bei Hypochondrie und Krankheitsangst“ geschrieben hat, erklärt: „Der Prototyp des Hypochonders hat eine klare Hypothese.“ So hat er eine feste Vermutung, an welcher Krankheit er leidet. „Die meisten Hypochondrie-Patienten haben Angst vor Krebs“, so Bleichhardt. Zudem gehört es zum Kern der hypochondrischen Störung, sich nicht beruhigen zu lassen: Typisch ist demnach, dass der Patient sich nach dem Arztbesuch zunächst besser fühlt, beschreibt Bleichhardt. Doch schon bald kommen die Zweifel zurück und Betroffene fragen sich, ob der Arzt auch gründlich genug untersucht und nicht vielleicht etwas übersehen hat. „Die Gedanken kreisen weiter“, so Gündel.
Ursachen für die Störung sind unklar
Die Störung hat Auswirkungen auf das Privatleben, auf den Beruf, durchzieht den Alltag und beeinträchtigt das Lebensglück. Nicht nur beim Arzt wird versucht, das Sicherheitsbedürfnis – kurzfristig – zu befriedigen. „Fast jeder Hypochonder liest – und liest viel“, erläutert Gündel. Zur Symptom-Suche dient unter anderem das Internet. Auch wenn Arztbesuche typisch sind, meiden manche Betroffene den Arzt aus Angst, dass dieser etwas findet, erklärt Hauth. Es ist unklar, warum manche Menschen diese Störung entwickeln. „Eine ängstliche Charakterstruktur ist sicherlich ein Risikofaktor“, so Gündel. Bleichhardt fügt hinzu, dass Betroffene vielleicht auch bei ängstlichen Eltern aufgewachsen sind. Oft handele es sich um Menschen, die in ihrem Leben bereits Erfahrung mit Krankheit und Tod gemacht haben.
Störung mit einer Therapie in den Griff bekommen
Zur Behandlung hat sich laut Hauth die kognitive Verhaltenstherapie als wirksam erwiesen. Die Patienten sollen mittels Übungen am eigenen Körper beispielsweise merken, wie stark sie sich darauf fokussieren, erläutert Bleichhardt. Man geht mit den Betroffenen ihre schlimmsten Vorstellungen durch, um sich mit der Angst auseinanderzusetzen. Bei Hypochondrie können zudem zusätzlich verschiedene Übungen und Techniken zum Stressabbau wie Yoga, autogenes Training oder progressive Muskelrelaxation hilfreich sein, um die körperliche und seelische Anspannung zu reduzieren. Mithilfe einer psychotherapeutischen Behandlung könnte Bleichhardt zufolge in den meisten Fällen die Angst vor einer ernsten Erkrankung reduziert werden. „Die Überbesorgnis kann man nicht wegtherapieren“, erklärt Hauth. Im besten Falle könne aber erreicht werden, dass die Betroffenen die Signale ihres Körpers zukünftig realistischer einschätzen und das übertriebene Sicherheitsverhalten etwas einschränken könnten. Allerdings könnten die alten Verhaltensmuster unter Stress jederzeit wieder auftreten. (ad)
Bildnachweis: berggeist0016351a2cc0b08c03/p>
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.