Keime verantwortlich für Millionen Krebserkrankungen
09.05.2012
Millionen Krebserkrankungen werden pro Jahr durch Infektionen mit Viren oder Bakterien bedingt. Diese Krebsfälle wären vermeidbar, wenn weltweit ein ausreichender Infektionsschutz beziehungsweise eine angemessene medikamentöse Behandlung vorgesehen würde. Den Zahlen einer aktuellen Studie der International Agency for Research on Cancer in Lyon zufolge waren rund 16 Prozent der 12,7 Millionen Krebsneuerkrankungen im Jahr 2008 auf Infektionen zurückzuführen. Mit anderen Worten: Rund zwei Millionen Krebserkrankungen hätten vermieden werden können, wenn mit Impfungen und Medikamenten gegen die Infektionen vorgegangen worden wäre, schreiben Catherine de Martel und Martyn Plummer in dem Fachmagazin „Lancet Oncology“.
Jede sechste Krebserkrankung durch Viren oder Bakterien bedingt
Das Team um Catherine de Martel und Martyn Plummer von der International Agency for Research on Cancer – einer Institution der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – hatte die weltweiten Krebserkrankungen aus dem Jahr 2008 ausgewertet. Dabei stellten sie fest, dass etwa ein Sechstel der Krebsneuerkrankungen auf bakterielle oder virale Infektionen zurückzuführen war. „Von den 12,7 Millionen neuen Krebsfällen, die im Jahr 2008 aufgetreten sind, war ein Anteil von 16,1 Prozent auf Krankheitserreger zurückzuführen, was bedeutet, dass rund 2 Millionen neue Krebsfälle“ durch Infektionen bedingt wurden, schreiben Catherine de Martel und Kollegen. Dabei sind die Infektion in den weniger entwickelten Ländern deutlich häufiger Ursache einer Krebserkrankung als in den hoch entwickelten Staaten. So lag der Anteil der infektionsbedingten Krebsneuerkrankungen in den Entwicklungsländern bei durchschnittlich 22,9 Prozent, während in den Industrieländern Infektionen lediglich für 7,4 Prozent der Krebsneuerkrankungen verantwortlich waren.
Den niedrigsten Anteil ermittelten die Forscher mit 3,3 Prozent in Australien und Neuseeland, den höchsten mit 32,7 Prozent in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara. Die Forscher hatten im Rahmen ihrer Studie die Krebsstatistiken aus 184 Ländern ausgewertet und dabei 27 unterschiedliche Krebsarten berücksichtigt.
1,5 Millionen Krebstodesfälle pro Jahr vermeidbar
In Bezug auf die rund 7,5 Millionen Krebstodesfälle im Jahr 2008 stellten die Forscher fest, dass rund 1,5 Millionen dieser weltweiten Todesfälle auf Tumore zurückgingen, die durch eine Infektion hervorgerufen wurden. Demnach könnten mehr als eine Millionen Krebstodesfälle pro Jahr verhindert werden, wenn ein entsprechender Impfschutz beziehungsweise eine angemessene medikamentöse Behandlung erfolgen würde. „Infektionen mit bestimmten Viren, Bakterien und Parasiten sind eine der größten und vermeidbaren Ursachen von Krebs weltweit“, so die Aussage der Forscher.
Als wesentlichste vermeidbare Auslöser der Infektionen, die zur Bildung von Tumoren führen können, nannten die Experten Bakterien aus der Gattung der Helicobacter pylori, Hepatitis B- und C-Viren sowie humane Papillomviren. Insgesamt seien diese Erreger für 1,9 Millionen Krebsfälle – vor allem Magen-, Leber- und Gebärmutterhalskrebs – verantwortlich. Rund die Hälfte der infektionsbedingten Krebserkrankungen entfalle bei Frauen auf Gebärmutterhalskrebs, während bei Männern 80 Prozent dem Leber-und Magenkrebs zuzurechnen seien, schreiben Catherine de Martel und Martyn Plummer. Etwa 30 Prozent der infektionsbedingten Krebserkrankungen betreffen laut Aussage der Forscher Menschen im Alter unter 50 Jahren.
Vorbeugende Impfungen und antibakterielle Medikamente
Von den Krebserkrankungen, die durch Infektionen mit Viren oder Bakterien hervorgerufen werden, entfallen rund 80 Prozent auf ärmere weniger entwickelte Ländern, was nach Ansicht der Wissenschaftler den Handlungsbedarf vor Ort verdeutlicht. Hier könnte mit vorbeugenden Impfungen und antibakteriellen Medikamenten ein deutlicher Erfolg im Kampf gegen Krebs erzielt werden, betonten die Krebsforscher in dem Artikel „Die globale Bürde von Krebserkrankungen durch Infektionen im Jahr 2008“. Denn Infektionen durch Humane Papillomviren, Hepatitis B- und C-Viren und Bakterien wie Helicobacter pylori seien vermeidbar beziehungsweise im Fall der Bakterien gut behandelbar. Goodarz Danaei von der Harvard-Universität in Boston (USA) erklärte in einem Begleitkommentar zu den vorgestellten Studienergebnissen, dass zum Beispiel gegen Humane Papillomviren und Hepatitis-B-Viren „effektive und vergleichsweise günstige Impfstoffe“ verfügbar seien und daher „eine breitere Anwendung Priorität für die Gesundheitssysteme in besonders belasteten Ländern“ haben sollte. (fp)
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