Umfragestudie: Jedes dritte Kind war schon einmal Opfer von Cyber-Mobbing
31.08.2011
Laut einer aktuellen Studie der Techniker Krankenkasse (TK) wurde bereits jeder dritte Jugendliche Opfer von Cybermobbing. Während Kinder zu früheren Zeiten auf dem Pausenhof oder in der Klasse gehänselt wurden, finden Mobbing-Attacken heute vermehrt virtuell im Internet statt. Die Opfer können sich aufgrund der vorherrschenden Anonymität des Internets kaum erwehren. Eltern stehen diesem Phänomen meist machtlos gegenüber. Für die Kinder haben die Verunglimpfungen oftmals psychische und körperliche Folgen.
Katrin S. (14) findet plötzlich im Webinterface von Facebook private Bilder von sich. Darunter sind schwere Beleidigungen und Drohungen geschrieben. Viele ihrer Klassenkameraden drücken den Button „Gefällt mir“. Die Folge: Katrin möchte nicht mehr in die Schule gehen, wirkt in sich zurück gekehrt und fühlt sich in ihrem Selbstwertgefühl schwer verletzt. Ein solcher Vorfall ist längst kein Einzelfall mehr. Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse (TK) wurde bereits jeder dritte Jugendliche in Deutschland Opfer von Mobbing im Internet. Vielmals werden Drohungen, Beleidigungen oder Verunglimpfungen von Seiten der Mitschüler via Internet ausgesprochen. Eine große Mehrheit des Klassenverbandes sieht dies als „normal“ an oder unterstützt sogar aktiv Cybermobbing. „Was früher als Klassenkloppe galt, kommt im 21. Jahrhundert als Cybermobbing daher“, erklärte ein Sprecher der Kasse bei Vorstellung der Studie am Dienstag in Hamburg. Virtuell fallen die Kinder und Jugendlichen im Internet „ganz gezielt übereinander her“, wie die Krankenkasse warnte. Im Verlauf der Studie hatten im Auftrag der Kasse Experten in einer Jahre befragt.
In erster Linie werden beim Mobbing im Internet laut der Studie Drohungen und Beleidigungen gegenüber den Opfern ausgesprochen. 18 Prozent der befragten Jugendlichen gaben dies an. Ein weiteres Feld ist die „üble Nachrede“ in gut 13 Prozent der Fällen. Acht Prozent sagten sogar, dass sich schon einmal jemand ihrer Identität bedient hat und drei Prozent der Kinder gaben an, Mails oder Fotos seien in unberechtigter Weise an Dritte weitergegeben worden.
Die handelnden Schüler sind sich der Tragweite ihrer Tat meist nicht bewusst. Viele Jugendliche geben an, „es sei nur ein Spaß“, wie Gritli Bertram, Sozialarbeiterin aus Hannover berichtet. Dabei ist ein solches Vorgehen strafrechtlich relevant. Laut der Studie hat bereits jeder zehnte Umfrageteilnehmer selbst im Web gemobbt. Jeder Fünfte meinte, er hält es für möglich selbst einmal aktiv zu mobben, wenn er oder sie es für nötig halten.
Für die Betroffenen haben die Beleidigungen und Verunglimpfungen im Netz zum Teil schwerwiegende Folgen. Jedes fünfte Opfer gab an, sich nach einer solchen Mobbing-Attacke „verzweifelt und hilflos“ zu fühlen. Jeder Dritte sagte, er fühle sich emotional verletzt und jeder zweite sei „wütend“ auf die Täter. Die Folgen sind nicht nur psychischer Natur sondern zeigen sich auch körperlich. Sechs Prozent sagten, die leiden aufgrund der Schmähung an Symptome wie Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen. 18 Prozent fällt es seitdem schwer, einzuschlafen oder wachen nachts immer wieder auf. „Kinder leiden vielmals massiv unter den Schmähungen, die sich teilweise auch in der realen Welt fortsetzen“, berichtet die Sozialpädagogin aus der Praxis. „Die Folgen können depressive Episoden bis hin zum Suizid sein“.
Durch die rasante Verbreitung des Internets in deutschen Haushalten hat auch Cyber-Mobbing kontinuierlich zugenommen. Fast 100 Prozent (99) sagten, sie nutzen des Internet durch einen Internetanschluss von Zuhause. 90 Prozent berichteten, sie besuchen regelmäßig soziale Netzwerke wie „Facebook“ oder „Schüler VZ“. 66 Prozent nutzen solche Dienste beinahe täglich. 59 Prozent der Befragten verwenden das Web auch für die Schule und 54 Prozent surfen gemeinsam mit ihren Freunden oder Geschwistern. Fast zwei Drittel der Jugendlichen nutzt das Internet auch per Handy.
Nach Meinung der Studienautoren zeigen die Ergebnisse der Befragung, dass "Täter weitestgehend ungehindert auf das World Wide Web zugreifen können." Denn nur bei 17 Prozent der Kinder und Jugendlichen ist das Internet durch eine Sicherung für bestimmte Seiten gesperrt. Bei jedem zweiten Befragten nehmen Eltern zumindest in Gesprächen oder Erziehung Einfluss auf die zeitliche Nutzung (58 Prozent) oder Inhalte. “Zieht sich ein Kind immer mehr zurück oder meidet die Schule, sollten Eltern das Gespräch suchen und gemeinsam über Lösungsstrategien sprechen“, rät die Pädagogin. Die Befragung wurde im Auftrag der Krankenkasse vom Meinungs- und Forschungsinstitut Forsa durchgeführt. (sb)
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