Experten fordern Screening für Hepatitis B und C
24.08.2013
Menschen, die sich mit Hepatitis B- oder C-Viren infiziert haben, bemerken dies häufig nicht. Leberkrebs und Leberzirrhose sind oft auf Infektionen mit Hepatitis B- oder C-Viren zurückzuführen. Leberexperten fordern daher Routinetests, um die verborgenen Ansteckungen aufzuspüren.
Bis zu einer Million mit Hepatitis
Bundesweit leiden nach Expertenschätzungen bis zu einer Million Menschen an einer Infektion mit dem Hepatitis B oder C Virus. „Hepatitis B und C sind zwar für Labor und Arzt meldepflichtig. Aber man kann eine Infektion nur melden, wenn sie auch erkannt wird", so Heiner Wedemeyer von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die Infektion bleibe besonders bei Migranten oft unentdeckt. Einige typische Symptome zu Beginn der Erkrankung, wie Fieber, Gliederschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit werden oft als vermeintlicher grippaler Infekt wahrgenommen. Aber selbst solche Warnzeichen treten manchmal jahrelang nicht auf. Es würden zwar manchmal bei Routineuntersuchungen erhöhte Leberwerte festgestellt, „was jedoch oft ignoriert wird", so die Deutsche Leberhilfe.
Leberzirrhose und Leberkrebs
Bleiben die Infektionen unentdeckt, könnten sie zu Leberzirrhose und -krebs führen. Gerade bei einer Zirrhose ist eine frühzeitige Diagnose besonders wichtig, da bereits eingetretene Schäden nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. So könne ein Internist zwar die Zerstörung der Leber aufhalten, eine Leberzirrhose sei aber laut den meisten Medizinern nicht heilbar. Für Betroffene sei eine ausgewogene und vitaminreiche Ernährung sowie der Verzicht auf Alkohol wichtig. Außerdem sei eine Förderung des Stuhlgangs empfohlen, um den Körper von Giftstoffen zu befreien.
Deutschland hat Nachholbedarf
„Was die Forschung zu Hepatitis anbelangt, ist Deutschland spitze. Doch was die Versorgung und das Erkennen von Infektionen betrifft, haben wir im Vergleich zu anderen Ländern Nachholbedarf. In Frankreich zum Beispiel werden seit Jahren bei jedem Patienten, der zum Arzt kommt, die Leberwerte und das Vorhandensein von Hepatitis-Viren kontrolliert", so Wedemeyer. Die Leberwerte seine zwar nicht bei allen Betroffenen erhöht, auf diese Weise könne jedoch zumindest ein Teil der Infektionen entdeckt werden. Deshalb sollten laut Wedemeyer die Leberkontrollen bei ohnehin erforderlichen Untersuchungen integriert werden: „Bei Patienten, die zu bestimmen Risikogruppen gehören, sollte zusätzlich ein spezieller Virustest erfolgen."
Verschiedene Risikogruppen
Menschen, die zu diesen Risikogruppen zählen sind etwa spritzende Drogenkonsumenten, bei denen nicht nur die Nadeln, sondern auch anderes Zubehör die Viren übertragen könnten. Außerdem seien Migranten gefährdet. Patienten, die bis 1999 eine Bluttransfusion erhielten, gehören ebenfalls zum Kreis der Gefährdeten, da erst seitdem eine Untersuchung der Blutspende auf das Hepatitis-C-Virus verpflichtend für die Blutspendedienste eingeführt wurde. Beim Hepatitis-C-Virus ist das Risiko einer sexuellen Ansteckung minimal, beim Hepatitis-B-Virus hingegen höher. Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Leberstiftung, Professor Stefan Zeuzem, bedauert die Unwissenheit der meisten Infizierten. „Über Ansteckungswege und Heilungsaussichten herrscht eine weitverbreitete Unkenntnis.“
Routinemäßige Untersuchung gefordert
Die Deutsche Leberhilfe und das Aktionsbündnis Hepatitis und Drogengebrauch fordern in einem Aktionsplan ein besseres Screening, um Infektionen frühzeitig zu erkennen. Unabhängige Leberexperten wie Reinhart Zachoval von der Universität München oder der Präsident des Bundesverbandes der Internisten, Wolfgang Wesiack, sprechen sich ebenfalls für das Screening aus. „Im Moment werden mit dem Hepatitis-B- oder -C-Virus infizierte Menschen eher zufällig entdeckt. Nur durch die routinemäßige Untersuchung der Leberwerte und gegebenenfalls durch zusätzliche Virustests sind Betroffene auffindbar", so Zachoval. Weltweit sei Leberkrebs mittlerweile die fünfthäufigste Krebserkrankung und auch in Deutschland steigt die Zahl der Erkrankten. Wesiack zur Screening-Idee: „Aufwand und Ertrag müssen allerdings in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Die Leberwerte sollten möglichst routinemäßig untersucht werden, was relativ günstig ist. Einen teuren Virustest würde ich nur dann vornehmen, wenn das Gespräch mit dem Patienten entsprechende Hinweise liefert."
Task-Force für Aktionsplan
Wedemeyer erläutert: „Bisher ist die Bestimmung der Leberwerte nicht einmal Teil des Check-up 35, obgleich dies pro Patient nur sehr wenig kostet. Dabei wäre die Bestimmung der Leberwerte auch im Zusammenhang mit der Fettleber und dem metabolischen Syndrom sehr wichtig.“ Es gebe Medikamente, die das Hepatitis-B-Virus in Schach halten und so Leberzellkrebs und eine Leberzirrhose ganz verhindern könnten. Der Leberexperte hofft, dass sich auch bei Hepatitis C die Therapie in den nächsten Jahren verbessern werde. Bei bestimmten Hepatitis-C-Infektionen soll bereits 2014 eine Therapie ohne den häufig Nebenwirkungen hervorrufenden Wirkstoff Interferon Alpha möglich sein. Es reiche jedoch nicht, nur die Wirksamkeit der Medikamente zu verbessern. „Wir brauchen eine Task-Force", meint Wedemeyer, „die unseren Aktionsplan konsequent umsetzt." (ad)
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