Stress im Beruf: Immer mehr Arbeitnehmer fehlen aufgrund psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz
30.04.2012
Im Jahr 2010 fehlten die Bundesdeutschen aufgrund psychischer Erkrankungen insgesamt 53,5 Millionen Tage am Arbeitsplatz. Laut einer kleinen Anfrage der Fraktion „Die Linke“ an die Bundesregierung, ist die Zahl der Fehltage aufgrund seelischer Krankheiten in den letzten Jahren massiv gestiegen. Die schwarz-gelbe Koalition sieht dennoch keinen Handlungsbedarf, um Gesetze gegen Stress im Beruf zu initiieren.
Über 53,5 Millionen Arbeitsplatzausfälle haben Krankschreibungen aufgrund von psychischen Leiden und Verhaltensstörungen im letzten Jahr 2011 verursacht. Nach Angaben der Bundesregierung, die auf eine Anfrage der Linkspartei reagierten, seien die Gründe hierfür unterschiedlich. Laut einer Studie des Bundesarbeitsministerium fehlten die Deutschen im Jahre 2001 noch 33,6 Millionen Tage im Jahr. Im Jahre 2010 stieg die Zahl der psychisch bedingten Krankmeldungen auf 53,5 Millionen Fehltage. Die Anteil der seelischen Leiden am Gesamtvolumen der Krankschreibungen stieg laut dem Langzeitvergleich von 6,6 auf 13,1 Prozent. „Innerhalb der Krankheitsartenstatistiken bilden sie die dritt- bzw. viertwichtigste Krankheitsgruppe. Die Verbreitung psychischer Störungen differiert stark nach Wirtschaftsgruppen und beruflicher Tätigkeit.“ wie es in einer Auswertung der Studie heißt.
Unsichere Arbeitsverhältnisse und Stress
Ursächlich für diese Entwicklung sind hauptsächlich erhöhte Anforderungen am Arbeitsplatz. Arbeitnehmer müssten „mehr Flexibilität“ bei immer unsicheren Arbeitsverhältnissen zeigen. Vielfach bestehen keine kontinuierlichen Beschäftigungsverhältnisse mehr. Ganz besonders seien von dieser Entwicklung Menschen aus der Zeitarbeitsbranche betroffen. „Viele Leiharbeiter müssen unter Rahmenbedingungen arbeiten, die die Gesundheit negativ beeinflussen können“, wie es in der Studie heißt. Neben Arbeitnehmern leiden verstärkt auch Arbeitslose unter psychischen Krankheiten. So ist hierzu in der Studie zu lesen: „Das Risiko psychisch zu erkranken, ist bei Arbeitslosen höher als bei Erwerbstätigen. Psychische Störungen stellen bei Arbeitslosen die vorrangige Krankheitsart dar.“
Frauen häufiger betroffen
Im Geschlechtervergleich sind Frauen übermäßig häufig betroffen. Allein im Jahre 2010 mussten 39.000 Arbeitnehmerinnen aufgrund einer psychischer Krankheit wie Depressionen oder Burnout in die Erwerbsminderungsrente gehen. Zehn Jahre zuvor waren es noch 19.500 Betroffene, das entspricht im Vergleich eine Verdoppelung der Fälle. „Im Vergleich zu Männern werden bei Frauen häufiger psychische Erkrankungen diagnostiziert. Bei Frauen steht diese Krankheitsgruppe zumeist an 3. Stelle, bei Männern an 4. Stelle der Krankheitsursachen.“ Unter den einzelnen Diagnosen stellten die „depressiven Episoden“ den Hauptanteil der Langzeiterkrankungen. Die Dauer der Krankschreibungen lag hier im Schnitt bei 54,1 Tagen.
Laut eines Zeitungsberichts sieht die Bundesregierung trotz des messbaren Anstiegs keinen Bedarf, neue Gesetze gegen Stress im Beruf zu installieren. Zunächst gelte, „den Wissens- und Kenntnisstand zu verbreitern“. Erst danach sollte „entschieden werden, ob konkrete Schutzmaßnahmen getroffen werden“, wie es in der Antwort der Bundesregierung hieß. Im Gegensatz dazu fordert die Bundestagsabgeordnete der Linken, Jutta Krellmann, ein schnelles Eingreifen des Gesetzgebers. Als Maßnahmen schlägt die Politikerin vor, die Leiharbeit einzudämmen, die Vergabe von befristeten Arbeitsverträgen zu reglementieren und eine Anti-Stress-Verordnung auf den Weg zu bringen. (sb)
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