Spur der mutierten EHEC-Bakterien führt nach Ägypten
30.06.2011
Die Suche nach dem Ursprung der EHEC-Epidemie führt laut Aussage der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach Ägypten. Mit Bockshornkleesamen soll der neue, besonders aggressive EHEC-Bakterienstamm nach Deutschland und Frankreich gelangt sein. Auch der mittlerweile geschlossene Biohof in Bienenbüttel, soll die belasteten Samen zur Sprossenzucht eingesetzt haben.
Der für die aktuelle EHEC-Infektionswelle in Deutschland verantwortliche Erregerstamm O104:H4 wurde möglicherweise über belastete Bockshornkleesamen aus Ägypten eingeschleppt. Die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) teilte mit, dass die Verbindung zwischen der EHEC-Epidemie in Deutschland und den vermehrten EHEC-Infektionen im französischen Bordeaux wahrscheinlich über die aus Ägypten stammenden Bockshornkleesamen herzustellen sei.
EHE-Erreger mit Bockshornkleesamen aus Ägypten importiert?
Gemeinsam mit den Experten des Europäischen Zentrums zur Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in Stockholm hat die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma eine umfassende Untersuchung zu den Ursachen der derzeitigen EHEC-Epidemie eingeleitet. Da Sprossen in Deutschland eindeutig als Überträger der neuen besonders gefährlichen EHEC-Erreger identifiziert wurden, konzentrierten sich die Europäischen Behörden bei ihrer Suche nach möglichen Zusammenhängen zwischen den Erkrankungen in Deutschland und Frankreich auf die Verbreitungswege der entsprechenden Produkte. Sowohl die nationalen als auch die internationalen Vertriebswege wurden überprüft, wobei Bockshornkleesamen aus Ägypten als „wahrscheinlichste Verbindung zwischen den Fällen in Frankreich und dem vorherigen Ausbruch in Deutschland“ identifiziert werden konnten, erklärte die EFSA. So liegt der Verdacht nahe, dass die neuen Erreger des EHEC-Stammes O104:H4, welche besonders häufig schwerwiegende EHEC-Symptome und das sogenannte hämolytisch-urämische Syndrom auslösen, aus Nordafrika importiert wurden.
Taskforce zur Untersuchung der EHEC-Epidemie
Zwar bestehen den Angaben der europäischen Behörden zufolge weiterhin Unsicherheiten bezüglich der ägyptischen Bockshornkleesamen. Doch einiges weise darauf hin, dass „insbesondere die Charge aus dem Jahr 2009 mit dem Ausbruch in Frankreich in Verbindung“ steht und die Charge von 2010 für den Ausbruch in Deutschland verantwortlich sein könnte, so die Mitteilung der ESFA. Allerdings sind nach Einschätzung der Experten der europäischen Behörden weitere Untersuchungen der Vertriebswege notwendig, um einen eindeutigen Zusammenhang herzustellen. Zu diesem Zweck hat die EFSA hat eine spezielle Taskforce is Leben gerufen, die neben den Experten des des Europäischen Zentrums zur Prävention und Kontrolle von Krankheiten durch Sachverständige aus Frankreich, Deutschland, Italien und Großbritannien unterstützt wird. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist an der Taskforce beteiligt, die nun einen Zusammenhang zwischen der EHEC-Epidemie und den potenziell belasteten ägyptischen Bocksklesamen hergestellt hat.
Weitere EHEC-Infektionen zu erwarten
Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass die neuen, besonders aggressiven Darmkeime mit Bockskleesamen von Ägypten aus nach Europa gelangten, wäre mit weiteren EHEC-Infektionen innerhalb aber auch außerhalb der Europäischen Union zu rechnen, erklärte die ESFA. Da die Samen außerdem häufig als Mischungen für die Sprossenzucht verkauft würden, können die EHEC-Erreger bei Verpackungsprozessen von den Bockskleesamen auch auf andere Produkte übertragen werden, warnen die Behörden. Daher „sollte sich jede Empfehlung an die Verbraucher derzeit auf alle Samen und rohen Sprossen beziehen“, erklärte die ESFA. Generell raten die Experten Sprossen derzeit „nicht für den Eigenkonsum“ zu ziehen und vor dem Verzehr immer ausreichend zu kochen.
Fast 4.000 EHEC-Infektionen in Deutschland
Während die europäischen Behörden weitere Erfolge bei der Suche nach den Ursachen der aktuellen EHEC-Epidemie verzeichnen, geht die Anzahl der Neuinfektionen hierzulande seit Tagen zurück. Die nationalen Gesundheitsbehörden gehen daher davon aus, dass der Höhepunkt der Infektionswelle überstanden ist. Seit dem Ausbruch der Epidemie im Mai sind hierzulande knapp 4.000 Menschen an einer EHEC-Infektion oder dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) erkrankt, 47 Personen seien bisher in Folge der Infektion verstorben, berichtet das Robert Koch-Institut (RKI). Der Ausbruch in Frankreich konzentrierte sich indes im wesentlichen auf den Raum Bordeaux, wo zwischen dem 24. und dem 28. Juni fünfzehn Menschen mit schweren EHEC-Symptomen wie blutigem Durchfall oder HUS medizinisch versorgt werden mussten. Bei drei französischen Patienten wurde bisher eindeutig der neue besonders aggressive Erregerstamm O104:H4 nachgewiesen, der auch in Deutschland für die aktuelle EHEC-Epidemie verantwortlich gemacht wird. (fp)
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