Therapien zeigen bei übergewichtigen Kindern wenig Wirkung
05.10.2012
Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen lässt sich mit Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, wie Ernährungstherapien, Abnehm- und Bewegungsprogrammen, zwar kurzfristig reduzieren, langfristig zeigen die therapeutischen Ansätze jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Langzeitstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Während die meisten Therapien gegen Übergewicht anfangs durchaus eine vielversprechende Wirkung zeigen, sind die langfristigen Erfolge äußerst begrenzt. „Eine nachhaltige Gewichtsstabilisierung sowie Verbesserungen des Gesundheitsverhaltens“ ist laut Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit den bestehenden Therapien offenbar „nur schwer umzusetzen.“ Nach ein bis zwei Jahre haben sich die anfänglichen Erfolge bei den meisten Heranwachsenden wieder relativiert. Vor diesem Hintergrund ist der wachsende Anteil übergewichtiger Kinder besonders kritisch zu bewerten. Denn wer einmal übergewichtig ist, droht es auch zu bleiben.
Geringer langfristiger Erfolg der Therapien bei übergewichtigen Kindern
Die gestern veröffentlichte Langzeitstudie der BZgA deckt erhebliche Defizite bei den Therapiemaßnahmen für übergewichtige Kinder auf. Im Rahmen der Untersuchung hatten die BZgA-Experten die Daten von 1.916 übergewichtigen Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen acht und 16 Jahren erfasst, die entweder rund ein Jahr lang ambulant oder circa sechs Wochen stationär behandelt wurden. 48 Einrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet, in denen Therapiemaßnahmen gegen Übergewicht angeboten werden, waren Bestandteil der Untersuchung. Den ausgewerteten Daten zufolge erzielten die Maßnahmen zur Gewichtsabnahme bei rund 56 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Therapiezeitraum einen deutlichen Erfolg. Doch „ein beziehungsweise zwei Jahre nach dem Ende der Programme zeigte sich eine Gewichtsabnahme nur noch bei etwa 14 Prozent der Heranwachsenden“, berichtet die BZgA. Auch begleitende Therapieziele wie mehr Bewegung im Alltag, eine gesündere Ernährung, weniger Zeit vor dem Fernsehen oder PC und eine Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität seien „langfristig nur bei zehn bis 18 Prozent der Kinder und Jugendlichen erreicht“ worden.
Instabile Versorgungssituation bei den Therapieangeboten
Neben dem eingeschränkten Erfolg der Maßnahmen zur Gewichtsreduktion sei im Rahmen der Untersuchung auch deutlich geworden, „dass die Versorgungssituation im Bereich der Übergewichtsreduktion sehr instabil ist“, so die Mitteilung der BZgA. Die BZgA-Experten beobachteten hier eine besonders hohe Personal-Fluktuation sowohl in den kleinen Beratungspraxen als auch in große Kliniken und Kureinrichtungen. Vereinzelt seien Einrichtung während des Untersuchungszeitraum auch geschlossen worden. Hier wäre mehr Konstanz im Sinne der Patienten wünschenswert.
Verbesserung der Präventionsmaßnahmen erforderlich
Nach Ansicht der BZgA-Direktorin, Prof. Dr. Elisabeth Pott, zeigen „die Defizite in der Versorgung übergewichtiger Kinder und Jugendlicher in Deutschland, dass es bislang nicht gelungen ist, für diese jungen Patienten effektive und konstante Programme und Beratungsangebote zu schaffen.“ Daher sei es „umso wichtiger, Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention zu stärken, so dass Übergewicht im Kindesalter gar nicht erst entsteht.“ Um zum Beispiel Eltern direkt vor Ort für eine gesunde Ernährung und gesundes Bewegungsverhalten der Kinder zu sensibilisieren, müssten der BZgA-Direktorin zufolge insbesondere auf kommunaler Ebene entsprechende Präventionsmaßnahmen etabliert und dauerhaft verankert werden. Die aktuellen Studienergebnissen verdeutlichen, dass derzeit noch bei allen Angeboten Optimierungsbedarf besteht, wobei eine bessere Verzahnung zwischen stationären und ambulanten Angeboten herzustellen ist, um Nachhaltigkeit zu erreichen, so die Mitteilung der BZgA. Neben Maßnahmen zur Übergewichtsreduktion seien verstärkt Programme zur Gesundheitsförderung erforderlich, die Kompetenzen im Umgang mit Ernährung, Bewegung und Stress vermitteln. Vorgestellt wurden die Ergebnisse der Langzeitstudie und deren Schlussfolgerungen am Donnerstag (04. Oktober) auf einem Symposium im Rahmen des Kongresses der Deutschen Adipositas-Gesellschaft in Stuttgart. (fp)
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